Collection Baccara Band 335 (German Edition)
habe.“
Er erstarrte. „Wie lange hast du nicht gemalt?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Sehr lange.“
„Ungefähr zwanzig Monate, acht Tage, siebzehn Stunden und neunundzwanzig Minuten?“
Sie öffnete die Augen und nickte. „Genau.“
Schweigend nahm er sie in die Arme und hielt sie fest. Sein Aftershave und seine kräftigen Muskeln raubten ihr die Sinne. Sie konnte nicht erklären, warum sie so auf ihn reagierte – jedes Mal. Sie konnte es nur akzeptieren und sich freuen, dass ihre Kreativität langsam wieder zurückkehrte. Und das hatte sie dem Mann zu verdanken, der sie gerade in den Armen hielt.
„Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um dir etwas zu beichten“, murmelte er.
„Du kannst auch nicht malen?“
Er lächelte und wurde gleich wieder ernst. „Nein. Aber ich komme nicht mehr mit meinen Erfindungen weiter. Seit genau zwanzig Monaten, acht Tagen …“
„… siebzehn Stunden und neunundzwanzig Minuten?“
„Mittlerweile einunddreißig“, korrigierte er. „Möglicherweise geht es schon seit zwei Jahren, zwei Monaten und dreizehn Tagen so. Wenn du möchtest, kann ich es dir noch genauer sagen.“
„Das ist nicht notwendig. Was ist denn vor zwei Jahren …?“ Sie schnappte nach Luft. „Oh Justice! Liegt es an deinem Unfall?“
„Ja. Damals habe ich begriffen, dass ich außer Pretorius niemanden mehr habe. Jedenfalls niemanden, der mich vermissen würde, wenn mir etwas zustößt.“
„Sehnst du dich nach jemandem?“
Lächelnd strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Ja.“
„Das bedeutet, dass wir uns gegenseitig helfen können.“ Sie versuchte, in seinen Augen zu erkennen, was in ihm vorging. „Ist es so?“
„Nur wenn wir es möchten. Wir wissen ja nicht, ob unsere Beziehung funktionieren wird. Ich finde, es wird Zeit für eine gemeinsame Vereinbarung.“
„Und wie soll die lauten?“
„Erste gemeinsame Vereinbarung: Du hast die Erlaubnis, die Wände zu bemalen. Aber nur bestimmte.“
Sie strahlte. „Wirklich?
„Du sollst dich in diesem Haus wohlfühlen. Und wenn dadurch deine Schaffenskraft zurückkehrt, bin ich gern bereit, ein paar Wände zu opfern.“
Lächelnd schlang sie die Arme um seinen Nacken. „Danke. Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst.“
Er presste Daisy eng an sich. „Vergiss nicht, dass die Räume unten tabu sind. Weiter als bis zur untersten Treppenstufe ist dir das Malen nicht erlaubt. Verstanden?“
„Ja.“ Sie lächelte. „Aber wahrscheinlich wird es dir so gut gefallen, dass du mich sogar darum bittest, deine Laborwände zu bemalen.“
„Wir sind doch keine Kinder mehr. Früher fand ich das vielleicht noch witzig, wenn du meine Grenzen überschritten hast.“
Schon damals hatte sie sich nicht aus seinem Leben ausschließen lassen. Und daran hatte sich nichts geändert – was er früh genug herausfinden würde. „Danke für dein Verständnis.“
„Keine Ursache.“ Er küsste sie zärtlich. „Worauf wartest du? Die Wände bepinseln sich nicht von selbst.“
„Ich lege sofort los.“ Daisy nahm Noelle auf den Arm, verließ das Büro und schloss die Tür hinter sich. Sie wusste genau, dass Justice in diesem Moment auf die Wand schaute, die gerade noch von der Tür verdeckt gewesen war. Hier hatte Daisy ein Bild von Emo X-14 mit schief sitzendem Helm und blitzenden Augen gemalt.
„Verflucht …!“
Piep!
Daisy lächelte zufrieden. Ob es Justice gefiel oder nicht – er hatte jetzt jemanden, dem etwas an ihm lag. Vielleicht würde es auch ihm helfen, seine Kreativitätsblockade zu überwinden. Und mit etwas Glück würden sie bald als Familie zusammenleben.
9. KAPITEL
Vielleicht lag es daran, dass Justice ihr erlaubt hatte, die Wände zu bemalen. Vielleicht aber auch daran, dass sie jetzt von seinen Problemen wusste. Jedenfalls wachte Daisy am nächsten Morgen mit einem unheimlich starken Drang auf, zu malen.
Plötzlich sprudelte sie vor Ideen. Sie kam nicht einmal dazu, sie alle umzusetzen. Stück für Stück wurden die Wände des Hauses bunt. Exotische Kreaturen schauten aus allen Ecken hervor. Selbst die Decken schillerten in allen Farben.
Am meisten Spaß bereitete ihr das Bemalen der Kellertreppe. Hier zeichnete sie Noelle, wie sie mit einem verschmitzten Lächeln einen Zeh auf den Kellerboden und somit auf verbotenes Territorium setzte.
Daisy wusste es sofort, als er das Bild entdeckte. Sein lautes Lachen war im ganzen Haus zu hören. Alle stiegen die Stufen hinunter, um zu
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