Collection Baccara Band 336
verschwinden, rufe ich die Polizei“, rief sie der Gestalt ärgerlich zu.
Der Mann legte den Kopf zurück und schaute nach oben.
Gina schnappte nach Luft. „Case?“
„Bleib genau da, wo du bist!“ Er bückte sich, um das Papier vom Boden aufzuheben.
„Was machst du da?“, fragte sie fassungslos.
„Ich schicke dir eine Luftpost.“ Er holte aus und schleuderte das weiße Objekt in die Höhe.
Als Gina sah, dass der Papierflieger es bis zu ihr hinauf schaffen würde, beugte sie sich vor, um ihn zu fassen zu bekommen. Sie erwischte ihn an einem Flügel, nahm ihn herein und las die Botschaft, die darauf stand.
Bereits eine ganze Woche. Keine Anrufe. Krötenfans brauchen auch Zuwendung.
Sie musste lachen und lehnte sich wieder aus dem Fenster. „Du bist verrückt.“
„Nein, das bin ich nicht. Nur einsam. Kann ich nicht raufkommen? Es ist ziemlich frisch hier draußen.“
Sie zögerte, eigentlich wollte sie Case Fortune ja vergessen. „Es ist schon spät“, erwiderte sie ausweichend.
„Du schläfst doch noch nicht“, wandte er ein. „Ach komm, Gina. Gib mir wenigstens die Gelegenheit, mich aufzuwärmen.“
Es war tatsächlich recht kalt, musste sie zugeben. „Also gut. Aber nur für eine Minute.“
Sie schloss das Fenster und bückte sich nach den zerknüllten Skizzenblättern, um sie in den Papierkorb zu werfen. Sie wollte nicht, dass ihre kreative Blockade für Case allzu offensichtlich war.
Als sie das gedämpfte Rumpeln des Aufzugs hörte, strich sie sich mit den Fingern durch die ziemlich strähnige Frisur und eilte zur Tür.
Kaum hatte sie geöffnet, da trat Case auch schon aus dem Lift. Er war lässig gekleidet. Jeans, Stiefel und ein schwarzer Pullover unter einer Lederjacke. Sein dunkles Haar war zerzaust. Vermutlich von der Baseballkappe, die er gerade abgenommen hatte und in die Jackentasche steckte. Seine Wangen waren von der Kälte gerötet. Falls das überhaupt möglich war, sah er noch besser aus als in Anzug, Hemd und Krawatte.
Gina dachte an ihren schlabbrigen Jogginganzug und die fusseligen giftgrünen Socken an ihren Füßen und unterdrückte ein Stöhnen. Nichtsdestotrotz lächelte Case sie strahlend an.
„Hallo, schöne Frau.“
Verlegen strich sie sich eine Haarsträhne zurück. „Ich sehe furchtbar aus.“
„Für mich bist du wunderhübsch.“
Noch bevor sie ihm vorwerfen konnte, was für ein elender Lügner er war, legte er ihr die Hände auf die Schultern und schob sie sanft in die Wohnung.
„Sieben Tage, drei Stunden und zweiunddreißig Minuten“, sagte er, während er die Tür hinter sich schloss.
Sie blinzelte ihn verwirrt an. „Wie bitte?“
„So lange wollte ich das schon tun.“
Ehe sie seine Absicht erkannte, spürte sie seine warmen Lippen auf ihren. Dabei hatte sie sich vorgenommen, ihn nicht mehr zu küssen.
Oder doch?
Das mochte vielleicht tatsächlich einmal ihre Entscheidung gewesen sein, jedenfalls hatte ihr Verstand das beschlossen, aber ihr Körper hatte diese Botschaft offenbar nie erhalten. Ohne weiter darüber nachzudenken, schmiegte sie sich an Case und hob ihm das Gesicht entgegen. Sie spürte, wie seine Hände über ihren Rücken glitten, und legte ihm die Arme um den Nacken.
Ungeduldig. Besitzergreifend. Fordernd. Sein Kuss entsprach genau seinem Charakter. Oder zumindest dem, was sie für seinen Charakter hielt, dennoch fand sie ihn überhaupt nicht abstoßend. Im Gegenteil, was Case mit seiner Zunge tat, war atemberaubend und aufregend.
Anschließend umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen und küsste sie auf die Stirn, wobei er zufrieden seufzte. „Ich konnte die ganze Woche an nichts anderes denken.“
Seine Stimme klang heiser. Sie hatte auch daran gedacht, ihn zu küssen, aber sie hätte es nicht zugeben können, selbst wenn ihr Leben davon abhinge.
„Warum hast du nicht angerufen?“, wollte er wissen.
„Ich … ich hatte viel zu tun. Die Zeichnungen müssen fertig werden.“
Er warf einen Blick auf ihren Zeichentisch. „Hast du gerade gearbeitet?“
Sie nickte.
„Und ich habe dich gestört“, sagte er in reuevollem Ton.
„Das ist nicht so schlimm. Ich bin sowieso nicht besonders gut vorangekommen.“
Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich könnte mir vorstellen, dass es etwas mit mir zu tun hat.“
Gina verzog den Mund. „Bilde dir bloß nichts ein.“
Er schob seine Hände unter den Bund ihres Sweatshirts und zog sie an sich. „Ich jedenfalls habe immer nur an dich gedacht. Ich konnte kaum
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