Collector
sie an. Ein Gardeur schickte ihn zum Händewaschen, danach marschierten sie weiter. Die Ablenkung hatte den Vorteil, dass Kris nicht ständig an den Anblick der Leichen im Labor denken musste.
Nachdem sie ihn durch ein Vorzimmer mit einer äußerst hübschen Sekretärin in einem dunkelblau-goldenen Sari und einem klobig-indisch gestylten Wachdroiden eskortiert hatten, schritt Kris in das Büro des neuen Leiters - der eine Frau war. Das Namensschild auf ihrem Glastisch verriet: Prof. Dr. Tamara Huntington-Singh.
BaIn ist... locker, was das Outfit angeht. Niemals, niemals, niemals hätte Kris angenommen, dass sie die Leiterin der Station war. Die Sekretärin, nein, sogar der Wachdroid wirkten seriöser: Die kurzen, schwarzen Haare der Frau standen als kleine Stacheln vom Kopf weg, die Spitzen hatte sie gelb gefärbt. »Mein Beileid«, sagte er und nahm Platz, nachdem Huntington-Singh auf den Stuhl gezeigt hatte.
»Ich mochte ihn nicht«, gab sie mit einem kalten Lächeln zurück. Sie trug einen unindisch eng geschnittenen Hosenanzug in Dunkelweiß, dazu einen dunkelblauen Schlips mit dem Firmenlogo darauf. »Und verwandt war ich auch nicht mit ihm.« Huntington-Singh drückte auf den Touchpads auf dem Tisch herum, und aus der Mitte fuhr ein Holo-Kubus mit einer Kantenlänge von vierzig Zentimetern, in dem die Station zu sehen war. »Mein Vorgänger hatte den CEO von BaIn kontaktiert, um zu erfahren, was mit Ihnen zu tun ist, Mister Schmidt-Kneen. Hat er Ihnen von der Belohnung berichtet, die Gauss auf Sie ausgesetzt hat?«
Kein Wort über den Vorfall, über den ausgetickten Beta-Humanoiden, über das verwüstete Labor und die Leichen. Konzernleute haben kein Herz. Kris nickte erstaunt. »Kann ich den Beitrag sehen?«
»Sicher.« Huntington-Singh aktivierte die Wiedergabe.
Kris musste mit ansehen, wie wenige Sätze aus dem dünnlippigen Mund eines rasierten, gut gestylten Gauss Senior Vice Presidents sein Leben plötzlich sehr, sehr schwierig machten: Persona non grata auf allen FEC- und Gauss-Planeten. »Sie können ausschalten.«
Sie hatte ihn nicht aus den Augen gelassen, die durch das Glas einer grünen Brille blickten. »Diese Schwierigkeiten bedauern wir sehr, da Sie unserem Unternehmen wertvolle Dienste erwiesen haben. Dass Ihnen auch noch die zehntausend Terracoins durch Gauss entzogen wurden, ist schäbig«, sagte sie geschäftsmäßig.
Super. Dann kann ich mir das Zurückgeben ja sparen. Kris' Laune sank tiefer und tiefer. »Tja.« Was hätte er sonst sagen können? »Fandaram meinte, ich müsste hierbleiben. Wegen der Geheimhaltung.«
Huntington-Singh lachte. »Nein, das müssen Sie nicht, auch wenn Sie heute unbefugterweise Zeuge eines sehr wichtigen Experiments geworden sind.«
»Das ganz schön fehlgeschlagen ist«, fügte er hinzu und hoffte, dass er sie damit locken konnte, ihm mehr davon zu erzählen.
»Das ganz schön fehlgeschlagen ist«, wiederholte sie säuerlich. »Danke für die Erinnerung. Doch aus einem Misserfolg können Lehren gezogen werden. Gerade in der Forschung. Kommen wir lieber zu Ihnen. Sie haben die Auswahl aus mehreren Optionen, die ich Ihnen anbieten kann.« Wieder strich Huntington-Singh über das Pad. Zu seinem Erstaunen erschien die Akte seiner Agentur im Kubus. »Sie heißen erst seit zehn Jahren Schmidt, früher lautete Ihr Name Arginto. Der Mädchenname Ihrer Mutter. Ihr Vater ist Anatol Lyssander, ein verschollener Pilotenveteran, der am Interim-Syndrom litt und sich als Human-Ahuman-Dolmetscher bezahlen ließ«, ratterte sie die Fakten herunter. »Seine Akte ist gespickt mit kriminellen Zwischenfällen und gesetzeswidrigen Ausflügen.«
Kris wunderte sich nicht über ihr Wissen. Kons besaßen sehr viele Möglichkeiten, um an Informationen zu kommen, und die Zentrale hatte sie bestens mit Fakten versorgt. »Stimmt. Was hat das mit den Optionen ...«
»Sie haben mit Eintreten der Volljährigkeit eine Pilotenausbildung beim Söldnerhaufen StarMerch absolviert, schieden jedoch auf eigenen Wunsch aus und heirateten, obwohl Sie sich als bester Kadett in der Geschichte der Söldnereinheit hervorgetan haben. Abschüsse ohne Ende.« Huntington-Singh musterte ihn. »Meine Güte. Was war los, Mister Schmidt-Kneen? Warum haben Sie aufgehört?«
»Zu jung. Ich dachte lange, es sei cool, Sachen gegen Bezahlung zu stehlen oder Menschen für Geld zu entführen oder sie umzubringen«, antwortete er und versuchte, nicht an die Toten im Labor zu denken. »Hab mich getäuscht, es
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