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‚llāh.« Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und ich bezeuge, dass Mohammed der Gesandte Gottes ist.
»Es gibt keinen Gott«, flüsterte das Wesen vor ihm. »Es gibt nur das Licht.«
»Allah, was passiert mit mir?«, presste der Scheich mühsam hervor.
»Du gehst ins Licht.«
»Wo bin ich?«
»In der Hölle. Aber keine Sorge, du wirst auferstehen.«
Damit beugte sich der Papst, oder wer auch immer dieses durchscheinende, grauenhafte Wesen wirklich war, tiefer zu ihm herab – und küsste ihn. Scheich al Husseini spürte kalte Lippen auf seinem Mund wie von einer Leiche. Doch die Leiche atmete, und ihr Atem floss in seinen Mund, strömte in seine Lungen, durch seinen ganzen Körper hindurch, und dann wieder heraus. Hin und her. Wie der Sog unerbittlicher Gezeiten. Der Scheich fühlte keinen Schmerz, nur Verzweiflung, Kälte und Schwere. Voller Grauen, unfähig zu irgendeiner Bewegung musste er ertragen, wie dieses Wesen in der Kutte ihn mit brennender Helligkeit anfüllte und gleichzeitig alles aussaugte, was er einmal gewesen war: ein Mensch. Das Wesen fraß sein Leben und ertränkte ihn im Licht. Und Scheich Abdullah ibn Abd al Husseini verstand, dass Franz Laurenz die ganze Zeit Recht gehabt hatte mit seinen Warnungen und Vorbereitungen, die nun vergeblich waren. Er verstand, wer dieses Wesen vor ihm war. Iblīs . Aš-Šaiṭān , der Weitentfernte.
XLI
10. Juli 2011, Rom
E ine knappe Stunde nachdem Scheich al Husseini den Kuss des Lichts empfangen hatte, fing NakaStar 3, ein kleiner Telekommunikationssatellit in einer geostationären Umlaufbahn dreiundzwanzigtausend Kilometer über Südeuropa, ein Telefonat auf, das in Englisch geführt wurde. Der kleine Satellit fing eine Menge Telefonate auf, Millionen von Gesprächen, Abermillionen von SMS, denn genau darin bestand seine Aufgabe. Mit seiner empfindlichen, hochentwickelten Technik fischte NakaStar 3 jedes einzelne Telefonat ab, das über ein unverschlüsseltes Mobilfunknetz abgewickelt wurde. Terminabsprachen, Geburtstagsgrüße, Liebesschwüre, vertrauliche Regierungsgespräche, militärische Befehle, Klatsch, Lügen, Werbung, Spam, Zusagen, Absagen, automatische Ansagen, Kinderstimmen, Schreie, Schluchzen, letzte Worte. Alles. Jedes Telefonat, jede SMS wurde nach einem bestimmten Algorithmus gefiltert, automatisch analysiert und gegebenenfalls an das Rechenzentrum in Kobe weitergeleitet, wo die Nachricht von Spezialisten erneut untersucht wurde. Dieser Fall trat nur selten ein, denn die Personenkreise, für die sich NakaStar 3 interessierte, benutzten für gewöhnlich keine unverschlüsselten Mobilfunknetze. Aber manchmal, vor allem, wenn sich die Ereignisse überschlugen, wurden auch sie unvorsichtig oder hatten einfach keine andere Wahl.
»… mein Gott, wie konnte das passieren?«
»Fragen Sie mich was Leichteres, Laurenz. Er war eben ein sturer Hund. Er hat uns nicht getraut. Ihnen nicht und mir schon gar nicht. Dabei war er … aber egal, das spielt nun keine Rolle mehr.«
»Ich frage mich nur, warum auch Sie in Rom sind.«
»Deuten Sie das bitte nicht als Misstrauen.«
»Sondern?«
»Was wollen Sie von mir hören, Laurenz? Dass ich neugierig war, ob Ihr Nachfolger etwas Besseres anzubieten hat als Sie? … Wie auch immer, ich bin froh, dass mich der junge Padre erreicht hat, sonst wäre es mir vermutlich genauso ergangen wie dem Scheich. … Wenn es Ihnen wichtig ist, dann entschuldige ich mich hiermit, okay? Es tut mir leid, soll nicht wieder vorkommen. … Laurenz?«
»Wo sind Sie jetzt?«
»Auf dem Weg zum Flughafen.«
»Warten Sie noch. Ich bitte Sie. Ich kann in einer Stunde bei Ihnen sein.«
»Nein, Laurenz. Rom ist mir zu gefährlich. Außerdem werde ich in Jerusalem erwartet. … Irgendwelche Neuigkeiten wegen Ihrer Tochter?«
»Nein. Immer noch nicht. Wir haben den Wagen gefunden, allerdings leer. Auch von Nikolas fehlt jede Spur.«
»Das wundert mich, ehrlich gesagt. Was sagt Ihr allwissender Freund Nakashima eigentlich dazu?«
»Seine Leute tun, was sie können.«
»Auch eine Art, von Totalversagen zu sprechen. Hören Sie, Laurenz, ich weiß, Sie verlassen sich gerne auf Ihr ›Bauchgefühl‹, aber wenn Sie trotzdem meinen Rat hören wollen: Werden Sie Nakashima los. Diese Sache im Casa Spagna stinkt zum Himmel. Das Hotel gehört schließlich zu Nakashimas Konzern! Und es war nicht der erste Vorfall in Suite 306.«
»Was schlagen Sie vor?«
»Wir müssen diese … Sache alleine klären. Wir
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