Collector’s Pack
mal einen Beruf gehabt. Ein Leben.
»Wo ist Ihre Frau eigentlich?«
»An einem sicheren Ort«, erwiderte Laurenz knapp.
»Und woher wussten Sie von der Existenz dieses Ordens?«
»Gar nicht. Man wird sorgfältig ausgewählt.«
»Wie groß ist der Orden?«
Laurenz lächelte jetzt dünn. »Vielleicht sind Sie ja doch Peter Adam, so wie Sie fragen. Aber lassen Sie uns dieses Interview woanders fortsetzen.«
Laurenz führte Peter und Maria durch einen Kreuzgang in einen Nebentrakt des Klosters, wo die Bibliothek der Abtei lag.
»Der Orden vom Heiligen Schwert wurde gegründet, um all jene Kräfte zu bekämpfen, die an der Erweckung des Bösen arbeiteten«, fuhr Laurenz unterwegs fort.
»Aber zuletzt sind Sie doch gescheitert.«
»Ja«, sagte Laurenz ernst. »Wir konnten die Apokalypse nicht aufhalten. Die ›Träger des Lichts‹ sind dabei, die Tore zur Hölle zu öffnen. Aber vielleicht und mit Gottes Hilfe ist noch nicht alles verloren.«
Er öffnete eine Seitentür, die von dem nüchternen Lesesaal der Bibliothek in einen alten Kellergang führte. Zielstrebig eilte Laurenz weiter die Treppen hinab bis zu einer Stahltür, die mit einem Scangerät für Fingerabdrücke gesichert war. Er presste seinen Daumen auf die kleine Scanfläche, und eine freundliche weibliche Stimme hauchte: »Security-level one. Access to all areas.« Und dann auf Deutsch. »Willkommen, Meister.«
Die Stahltür glitt zischend zur Seite weg. Fahles, gedämpftes Licht sickerte aus dem Raum in den Keller dahinter. Peter folgte Laurenz und Maria in eine Art Labor, an dem etwa ein Dutzend Personen alte Handschriften digitalisierten. Sie trugen weiße Kittel, Baumwollhandschuhe und OP-Masken vor dem Mund, schauten konzentriert auf Computermonitore oder bedienten Geräte, deren Funktion Peter völlig unbekannt war. Die Luft roch metallisch. Auf einem großen Tisch in der Mitte des Raumes stand Laurenz’ geöffneter Koffer. Peter sah, wie eine Frau mit Baumwollhandschuhen die Mayahandschrift herausholte und behutsam auf den Tisch neben eine in Leder eingeschlagene lose Sammlung von Pergamenten und Papyri legte.
»Yoko!«, rief Maria überrascht, als sie die Frau erkannte. Die Japanerin wandte sich um und nahm ihren Mundschutz ab. Jetzt erkannte Peter sie ebenfalls. Dr. Yoko Tanaka, die Leiterin von Nakashimas Forschungsabteilung. Gleichzeitig bemerkte er auch, dass die Hälfte der Personen an den Bildschirmen und Apparaturen Japaner waren. Die anderen trugen Mönchshabit unter ihren Kitteln.
Maria und Yoko umarmten sich herzlich, wie alte Freundinnen, die sich nach langer Zeit wiedersehen.
»Ich bin froh, dass ihr es geschafft habt!«, hörte er Dr. Tanaka sagen und vermutete, dass dies für ihre Verhältnisse einem Gefühlsausbruch gleichkam.
»Warum hast du nichts gesagt?«, fragte Maria.
»Ich musste es deinem Vater versprechen. Er wollte dich nicht gefährden.«
Dr. Tanaka löste sich aus Marias Umarmung und trat auf Peter zu.
»Dr. Tanaka kennen Sie ja bereits«, sagte Laurenz.
Peter nickte. Dr. Tanakas Blick richtete sich sofort auf Peters bandagierte Hand.
»Was haben Sie mit unserer Hand gemacht?«
»Ups. Unterwegs verloren. Ich wusste nicht, dass sie nur geliehen war.«
Yoko Tanaka sah ihn missbilligend an und wandte sich dann fragend an Laurenz.
»Wir wissen noch nicht, wie das passiert ist«, erklärte Laurenz. »Aber offenbar ist der Mann vor Ihnen immer noch Peter Adam. Allerdings im Körper seines Zwillingsbruders.«
»Das ist unmöglich«, sagte Dr. Tanaka. »Ich will ihn nicht hier haben.«
»Yoko, bitte!«, schaltete sich Maria ein. »Vertrau mir.«
Die beiden Frauen sahen sich einen Moment an. Dann wandte sich die Japanerin an Laurenz.
»Hat er wenigstens die Tätowierung?«
»Ja. Wie weit sind Sie mit den Scans des Buches?«
»Fast fertig. Sobald wir die ersten Parameter haben, können wir mit der Dechiffrierung beginnen.«
Laurenz wandte sich nun wieder an Peter. »Wie Sie bemerkt haben, wird dieses Labor in Kooperation mit Nakashima Industries betrieben. Wir haben heute Nacht die gefährlichste Bibliothek der Welt verloren. Zum Glück konnten wir das Herzstück der Sammlung retten. Das Buch Dzyan. Wir haben dank Ihnen die fehlende Mayahandschrift. Das erfüllt mich mit Hoffnung.«
Peter trat näher an den Tisch heran und betrachtete die Pergamente und Papyri, die die Mönche behutsam auf dem Tisch ausbreiteten. Es handelte sich um keinen einheitlichen Text. Peter erkannte lateinische Minuskeln,
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