Collector’s Pack
dem leuchtenden Knäuel selbst! Lhakpa Gyaltsen sah, dass es sich bewegte, langsam, aber regelmäßig. Was auch immer es war – es atmete! Panik ergriff den jungen Mönch, als er sah, dass sich im Zentrum des Knäuels etwas regte. Ein Schatten nur, eine Art Gestalt, menschlich und doch nicht menschlich. Sie schien fest mit dem faserigen Ballen, der sie wie ein Kokon umgab, verwachsen zu sein und bewegte sich darin wie ein Embryo. Lhakpa Gyaltsen verstand nicht, was er da sah. Er verstand nur, dass dieses Ding in dem faserigen Kokon dabei war, sich zu verpuppen. Und zwar in einen Albtraum. In dMu , den König der Dämonen.
Halb verrückt vor Angst presste der junge Mönch die Faust um die drei blauen Münzen in seiner Hand.
Und dann hörte er sie kommen.
XXII
10. Juli 2011, Monte Mario, Rom
D u sollst nicht töten.
Du sollst dich aber auch nicht töten lassen.
Peter rannte über das kleine nordwestliche Plateau des Monte Mario, die Waffe immer noch in der rechten Hand, und versuchte, den Gedanken an den Mann zu verdrängen, auf den er geschossen hatte. Er hatte nur noch gesehen, dass der Mann mit einem erstickten Schrei zusammengebrochen war. Ob tödlich getroffen oder nur angeschossen, wusste Peter nicht, denn er hatte sich nach dem Schuss sofort ins Dickicht am Straßenrand geschlagen. Geduckt hetzte er im Zickzack durch die Dunkelheit und hoffte, Maria und Laurenz irgendwie noch einzuholen. Die beiden waren im Augenblick seine einzige Chance, diese Flucht zu überleben.
Das Gelände war nur spärlich bewachsen und bot zu wenig Schutz. Immer wieder musste Peter weite Strecken ohne Deckung zurücklegen. Von Maria und Laurenz keine Spur. Immerhin sah er sein Ziel deutlich vor sich: der gewaltige, zehnstöckige Gebäudekomplex der Gemelli-Klinik wies mit seinen Lichtern den Weg. Doch davor musste er noch die Schnellstraße überqueren. Das Streulicht der Klinik und der Stadt würde völlig ausreichen, um ihn mit Nachtsichtgeräten ins Visier zu nehmen. Außerdem hörte er bereits die Hunde, die sie ihm hinterhergehetzt hatten. Und dann die Schüsse.
Peter unterdrückte den Impuls, sich zu Boden zu werfen, denn dann würde er nur ein noch besseres Ziel abgeben. Er rannte weiter im Zickzack auf die Klinik zu und wurde von hinten zu Boden gerissen. Der Hund kam wie aus dem Nichts. Ein großer Hund, ein monströser, wütender Schatten, der sofort nach seinem Hals schnappte. Peter versuchte, ihn mit einer Hand abzuwehren, schlug mit der Pistole in der anderen nach ihm.
Du sollst nicht töten.
Der Hund verbiss sich in seinen Arm und ließ sich nicht abschütteln. Und während er sich mit dem Hund auf dem Boden wälzte, schossen sie weiter auf ihn.
Du sollst dich aber auch nicht töten lassen.
Peter blieb keine andere Wahl. Er hielt dem Hund die Waffe an den Kopf und schoss. Sofort erlosch die Raserei. Das Blut des Hundes im Gesicht, stieß Peter den leblosen Tierkörper von sich. Den Schmerz in seinem linken Arm bemerkte er nicht. Noch nicht.
»Peter!«
Marias Stimme, ganz nah. Er wandte sich nach rechts und sah ihren Schatten hinter einem Gebüsch kauern und winken. Schusssalven brandeten über ihm, erfüllten die Nacht mit ihrem tödlichen, trockenen Bellen. Und noch ein Geräusch zerschnitt die Nacht.
Ein Hubschrauber!
Schon wieder. Peter suchte verzweifelt Deckung.
»Peter, komm her!«
Er sah, wie der Helikopter ohne Positionslichter dröhnend zur Landung ansetzte.
»Peter, verdammt, beweg dich!«
Maria winkte ihn immer noch heftig zu sich. So schnell er konnte, robbte Peter jetzt zu ihr, erwartete jeden Moment den Schlag, wenn das Projektil seinen Körper traf oder den Angriff des nächsten Hundes.
Neben Maria kauerte Laurenz am Boden, gab Kommandos in ein Funkgerät. Als Peter die beiden erreichte, setzte der Hubschrauber wenige Meter neben ihnen auf. Ein amerikanisches Militärmodell. Sofort sprangen zwei bewaffnete Männer in schwarzen Kampfanzügen heraus und feuerten in die Nacht. Peter hörte einen Hund aufjaulen. Schreie.
»Los!«, schrie Laurenz. Maria rannte los. Auch Peter zögerte nicht mehr und spurtete geduckt auf den Hubschrauber zu. Zwei Männer zogen ihn in die Kabine.
»Kopf runter!«
Dicht hinter ihm folgte Laurenz, der immer noch den Koffer mit den Handschriften bei sich trug. Draußen ebbten die Schüsse ab. Offenbar zogen sich die Angreifer zurück. Die beiden Männer in den Kampfanzügen kletterten zurück in den Hubschrauber, der augenblicklich abhob und mit einer
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