Collector’s Pack
Yeshua.
»Du bist eingesperrt in einem dunklen Gefängnis, weil das Licht dir höllische Schmerzen bereitet. Du träumst vom Tod, weil du dir von ihm endlich Erlösung erhoffst. Aber siehe, der Schmerz vergeht, Hegemon. Erkenne Gottes Gnade, tritt ein ins Licht, und dir wird vergeben werden.«
Sein Centurio stand immer noch bereit, sah aus, als würde es ihn zerreißen, wenn er nicht in den nächsten Sekunden ein Zeichen von Pilatus bekam, den Mann zu töten. Aber Pilatus spürte nun, wie der letzte Rest Schmerz aus seinem Kopf glitt und von ihm abfiel. Die Luft, die er atmete, war plötzlich kühl und leicht, und eine unbestimmte und längst vergessene Heiterkeit und Zuversicht breitete sich mit jedem Atemzug in ihm aus. Pilatus lächelte.
»Hegemon?« Sein Centurio sah ihn verwundert an.
»Bringt mir Wasser. Und bindet ihn los. Gebt auch ihm zu trinken!«, befahl er. Und als der Centurio zögerte, herrschte er ihn an. »Mach schon!«
Der Centurio kam dem Befehl umgehend nach. Bar Rabban ergriff sofort den Kelch, den man ihm reichte, und leerte ihn in gierigen Zügen. Danach schickte der Präfekt seinen Centurio, die Legionäre und den Schreiber hinaus.
»Bist du ein Arzt?«, fragte der Präfekt, als er mit Yeshua allein war. »Man erzählt, dass du Wunder wirken kannst.«
»Oh, nein, Hegemon. Das sind nur Gerüchte. Ich bin weder Arzt noch habe ich je Wunder getan oder Derartiges behauptet. Das wäre doch sehr dumm und anmaßend.«
Yeshua sah ihn ruhig an. Und Pilatus hielt seinem Blick stand. Er wusste nicht, wie lange sie sich so ansahen, bis er endlich sagte: »Ich kann dich nicht mehr freilassen, Bar Rabban. Nach dem vorliegenden Bericht habe ich keine andere Wahl als dich auf die qualvollste Art töten zu lassen.«
Yeshua richtete seinen Blick zu Boden. »Eine Amnestie«, sagte er. »Du könntest eine Amnestie erlassen, Hegemon, zu Ehren des Pessach.«
Pilatus winkte ab und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Das gab es noch nie. Der Priesterrat würde es nur als Schwäche auslegen. Und Schwäche, Yeshua, kann ich mir nicht leisten.«
»Nein, Hegemon, man würde dir diesen Großmut als Ausdruck des Respekts gegenüber unseren Traditionen hoch anrechnen. Ein Zeichen des Friedens. Lass Bar Rabban frei, schenk einem einfachen Lehrer, der Rom nicht gefährlich ist, das Leben.«
Pilatus konzentrierte sich ganz auf das Gesicht des seltsamen Rabbiners.
»Und was wirst du tun, sollte ich dich freilassen?«
Pilatus sah, wie ein Funke in den Augen des Beschuldigten aufflammte.
»Ich werde dir etwas schenken, Hegemon.«
Nachdem die Wachen den Gefangenen wieder fortgeschafft hatten, blieb der Präfekt noch eine Weile auf seinem Stuhl sitzen und dachte nach. Schließlich ließ er den Schreiber rufen und diktierte ihm das Urteil. Der Präfekt Pilatus fühlte sich so frisch und ausgeruht wie lange nicht mehr. Jünger. Kräftiger. Mächtiger. Nach Monaten dumpfen Brütens hatte er zum ersten Mal wieder Lust, mit einer Frau zu schlafen. Er erwog bereits, eine junge syrische Sklavin, noch keine vierzehn Jahre alt, aus seinem Palast an der Westseite der Stadt herbeischaffen zu lassen.
Zuvor jedoch hatte er noch einiges zu regeln. Denn seinen Plan, der verhassten Stadt zu Pessach ein blutiges Schauspiel zu liefern, wollte er nicht aufgeben. Im Gegenteil hatte ihn der Gefangene darauf gebracht, wie man die Wirkung des geplanten Exempels noch erhöhen konnte.
Um die sechste Stunde herum brachten Malleolus und zwei seiner Legionäre den Spitzel Judas aus Karioth in den Audienzsaal, durch dessen unverhüllte Fenster sich jetzt wieder das Tageslicht ungehindert ergoss. Der rothaarige Mann mit dem Gesicht eines Raubtieres zitterte vor Todesangst und warf sich vor dem Präfekt zu Boden.
»Wir haben ihn vor dem Löwentor aufgegriffen, als er gerade die Stadt verlassen wollte«, erklärte der Centurio. »Das hatte er bei sich.«
Malleolus reichte dem Präfekten ein blaues Amulett an einer Kette aus ebenso blauen und ebenmäßigen Perlen. Der Präfekt wog das Amulett in der Hand und wunderte sich, aus welchem Stein es wohl geschaffen worden sei. Auf der Oberfläche des Medaillons war ein Zeichen eingeritzt, das dem Präfekten unbekannt war. Aber sobald er das rätselhafte Amulett in der Hand hielt, spürte er es. Das Amulett vibrierte in der Hand und raunte ihm dabei Worte in einer fremden Sprache zu. Als stecke Leben in diesem Amulett, dessen Kraft sich augenblicklich auf den Präfekten übertrug. Yeshua hatte nicht
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