Collins, Suzanne
können sie hier garantiert
brauchen. Weißt du noch, als wir bei deinem Vater Mädchen und Jungen aus Teig
machen durften?«
»Es hat gebrannt«, sagt Peeta unvermittelt.
»Ja«, flüstert sie.
»12 ist abgebrannt, oder? Und sie ist schuld«, sagt er wütend.
»Katniss ist schuld!« Er reißt an seinen Fesseln.
»Oh nein, Peeta. Sie konnte nichts dafür«, sagt Delly.
»Hat sie dir das gesagt?«, zischt er sie an.
»Holt sie da raus«, sagt Plutarch. Sofort wird die Tür
geöffnet und Delly geht langsam rückwärts.
»Das brauchte sie gar nicht. Ich hab ...«, setzt Delly an.
»Weil sie lügt! Sie ist eine Lügnerin! Glaub ihr kein
Wort! Sie ist eine Mutation, die das Kapitol erschaffen hat und jetzt gegen uns
einsetzt!«, ruft Peeta.
»Nein, Peeta. Das ist sie nicht ...«, versucht Delly es
erneut.
»Trau ihr nicht über den Weg, Delly«, sagt Peeta außer
sich. »Ich hab ihr vertraut, und sie hat versucht, mich umzubringen. Sie hat
meine Freunde umgebracht. Meine Familie. Geh nicht in ihre Nähe! Sie ist eine
Mutation!«
Eine Hand schiebt sich durch die Tür, Delly wird hinausgezogen,
dann geht die Tür zu. Peeta schreit immer weiter. »Eine Mutation! Sie ist eine
widerliche Mutation!«
Nicht nur, dass er mich hasst und umbringen will, er
glaubt gar nicht mehr, dass ich ein Mensch bin. Das ist noch schmerzhafter,
als gewürgt zu werden.
Die Mitglieder des Genesungsteams um mich herum kritzeln
wie verrückt, sie halten jedes Wort fest. Haymitch und Plutarch fassen mich an
den Armen und schieben mich aus dem Raum. Sie lehnen mich an eine Wand im Flur,
wo nichts zu hören ist. Aber ich weiß, dass Peeta hinter der Tür und dem Glas
immer noch schreit.
Prim hat sich geirrt. Peeta kann nicht geheilt werden.
»Ich kann hier nicht mehr bleiben«, sage ich wie betäubt. »Wenn ihr wollt, dass
ich der Spotttölpel bin, müsst ihr mich wegschicken.«
»Wo willst du hin?«, fragt Haymitch.
»Ins Kapitol.« Das ist der einzige Ort, an dem ich etwas
ausrichten könnte.
»Ausgeschlossen«, sagt Plutarch. »Nicht, bevor alle
Distrikte sicher sind. Die gute Nachricht ist, dass die Kämpfe fast überall
vorüber sind, außer in Distrikt 2. Aber der ist eine harte Nuss.«
Genau. Erst die Distrikte. Dann das Kapitol. Und dann
bringe ich Snow zur Strecke.
»Gut«, sage ich. »Dann schickt mich nach 2.«
14
Distrikt 2 ist erwartungsgemäß groß, er besteht aus
mehreren verstreuten Bergdörfern. Ursprünglich gehörte jedes Dorf zu einem
Bergwerk oder Steinbruch, doch in diesen Zeiten haben sich viele darauf verlegt,
Friedenswächter zu beherbergen und auszubilden. Da die Rebellen
Luftunterstützung aus Distrikt 13 haben, stellen die Dörfer kein Problem dar.
Eine Herausforderung gibt es aber doch: Im Zentrum des Distrikts befindet sich
ein nahezu undurchdringlicher Berg, in dem das militärische Herz des Kapitals
schlägt.
Seit ich Plutarchs Spruch von der »harten Nuss«, die wir
knacken müssen, an die müden und entmutigten Rebellenführer weitergegeben
habe, nennen wir den Berg nur noch »die Nuss«. Er wurde gleich nach den Dunklen
Tagen errichtet, als das Kapital Distrikt 13 verloren hatte und dringend einen
neuen unterirdischen Stützpunkt brauchte. Ein Teil der Streitkräfte war zwar
in den Randgebieten des Kapitals stationiert - Atomraketen, Flugzeuge,
Kampftruppen -, aber ein beachtlicher Teil befand sich jetzt in der Hand des
Feindes. Distrikt 13 zu kopieren, stand nicht zur Debatte, denn der Aufbau war
die Arbeit von Jahrhunderten gewesen. Da boten sich die alten Bergwerke des
nahe gelegenen Distrikts 2 förmlich an. Aus der Luft sah die Nuss aus wie ein
gewöhnlicher Berg mit mehreren Zugängen. Doch im Innern fanden sich riesige
Höhlen, aus denen der Stein in Platten gebrochen, zutage gefördert und über
schmale, rutschige Wege fortgeschafft worden war, um irgendwo weit entfernt
Gebäude daraus zu erbauen. Es gab sogar eine unterirdische Bahnstrecke, auf der
die Bergarbeiter von der Nuss bis in den Hauptort des Distrikts gebracht
wurden. Sie führte direkt zu dem Platz mit dem Justizgebäude, auf dessen
breiter Marmortreppe Peeta und ich damals während der Tour der Sieger gestanden
und es vermieden hatten, allzu genau zu den trauernden Familien von Cato und
Clove zu sehen, die versammelt vor uns standen.
Das Gelände war nicht gerade ideal, immer wieder wurde es
von Erdrutschen, Überschwemmungen und Steinlawinen heimgesucht. Doch die
Vorteile überwogen. Die Arbeiter hatten sich tief
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