Colombian Powder
radikale Typveränderung in Form einer neuen Haarfarbe und Frisur.
»Warst du denn schon in München?«, stellte Marco die Gegenfrage. »Das ist nämlich meine Heimatstadt.«
Nina schüttelte den Kopf. Zwar hatte sie schon einige deutsche Städte besucht, war aber noch nie auch nur in die Nähe der Bayernmetropole gekommen.
»München ist eine wunderbare Stadt. Nicht so riesig wie Berlin, und überschaubarer strukturiert. Und nah an den Alpen.« Er nippte an seinem Glas. »Die Berge bedeuten mir ziemlich viel. So oft ich kann, fahre ich zum Wandern und Skifahren dorthin.«
Nina nickte anerkennend und stellte sich ihn im Skidress vor. Bestimmt machte er auch auf der Piste eine gute Figur.
Als der Wind allmählich stärker wurde, tranken sie ihre Gläser aus und kletterten wieder die steile Treppe auf das Pool-Deck hinunter. Vor dem Eingang zum Lift blieb Marco stehen. »Der Abend war lange genug für mich. Ich denke, ich sollte jetzt nach meinem Vater sehen.«
»Es war schön, mit dir zu plaudern.«
Marco lächelte ihr zum Abschied zu und trat in den Lift, ohne jedoch die Lichtschranke freizugeben. Sein Blick suchte die Verletzung an ihrem Hals.
»Tut der Schnitt noch weh?«
Bevor Nina antworten konnte, spürte sie seine Finger, wie sie sachte über die verletzte Stelle strichen. Augenblicklich überlief sie ein heißer Schauer. Die Berührung war so köstlich, dass sie unvermittelt die Augen schloss.
Nina wartete, bis sich die Lifttüren hinter ihm geschlossen hatten, dann ließ sie sich tief atmend auf den nächstbesten Liegestuhl sinken. Am liebsten hätte sie die Hände in einen Eimer Eiswasser getaucht, um ihr Gemüt wieder auf Normaltemperatur zu bringen.
Was war nur los mit ihr? Sie kannte diesen Mann doch erst seit ein paar Tagen und benahm sich schon wie ein verliebtes Huhn. Ein Urlaubsflirt kam auf dieser Kreuzfahrt überhaupt nicht infrage, beschwor sie sich selbst. Schließlich befand sie sich nicht auf einer Vergnügungsreise, auch wenn sie diesen Eindruck vermitteln sollte. Sie musste sich einzig und allein auf ihren Auftrag konzentrieren, und dabei konnte sie keine Zaungäste gebrauchen.
Auf der Showbühne traten gerade die letzten beiden Kandidaten im Seilspringen gegeneinander an. Nina musste zugeben, dass Marco mit seinen Befürchtungen über die Aufgaben gar nicht so falsch gelegen hatte. Sie zwängte sich zu dem Tisch durch, an dem Beate und Jens noch immer wie ein altes Ehepaar nebeneinandersaßen.
Beate sah sie mit prüfendem Blick an. »Wo warst du so lange? Und wo ist Marco geblieben?«
»Hast du etwa Fischfutter aus ihm gemacht?«, feixte Jens und prostete ihr zu. Er schien bester Laune zu sein.
Nina nahm einen tiefen Schluck aus Beates Cocktailglas und wehrte Jens´ auffordernde Geste ab, sich zu ihnen zu setzen.
»Lasst euch von mir nicht weiter stören. Ich gehe schlafen.«
Offensichtlich hatte Beate die Lage gut unter Kontrolle, und Nina verspürte keine Lust, wie in einem Verhör, weitere Fragen zu beantworten.
Trügerisch
Bislang war das Wetter auf der Reise angenehm. Keine Stürme und kein Seegang, die den Verdauungsprozess in den Retourgang zwangen. Auch dieser Tag zog wolkenlos herauf, während die Diamond Dolphin ruhige Fahrt machte. Der Wind trug ein wenig Gischt bis zu den Passagieren auf der Frühstücksterrasse hinauf.
Nina legte den Kopf zurück und spürte zufrieden das Prickeln des kühlen Meerwassers auf der Haut. Sie saß mit Beate an einem Tisch draußen und genoss bei Café Latte und Zimttoast den strahlenden Morgen. Die Sorgen und Ängste schliefen.
»Ich werde nachher noch einmal zum Schiffsarzt gehen«, meinte Beate und beugte sich vor, um ihren verletzten Fuß zu massieren, den sie auf einem Stuhl hochgelagert hatte.
»Hast du noch immer Schmerzen?«
Beate quittierte die Frage mit einer schmerzverzerrten Grimasse.
»Bist du sicher, dass du morgen von Bord gehen kannst?« Mit einigem Unbehagen wurde Nina bewusst, dass der morgige Tag ein ganz entscheidender war: Sie sollten in Cartagena das Kokain übernehmen.
»Morgen? Irrtum, meine Liebe. Wir werden uns doch nicht den Ausflug heute entgehen lassen.«
»Bist du verrückt?«
»Selbstverständlich«, grinste Beate. »Trotzdem gehen wir in Costa Rica an Land, wir werden nämlich einen Chauffeur haben. Jens hat uns eingeladen.«
»Und wohin?« Nina bemühte sich, ihre Stimme nicht gelangweilt klingen zu lassen.
»Wohin wir wollen. Er hat vor der Reise für diesen Tag einen Leihwagen
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