Colombian Powder
Wald aufhielt, denn dieser traditionsschweren Zeit schenkte er lange keine Beachtung.
Dann kam der Tag, an dem Corinna die Seniorpartnerschaft in einer Anwaltskanzlei annahm. Winter erinnerte sich noch genau an den Novemberabend, als sie zusammen diesen brillanten Karrieresprung feierten. Natürlich hatte er sich für sie gefreut, wusste er doch, wie lange sie auf eine solche Chance hatte warten müssen. Und doch konnte er nicht restlos glücklich sein darüber. Das Bild, das seine Verlobte von ihrer gemeinsamen Zukunft zeichnete, passte plötzlich nicht mehr zu seinen eigenen Vorstellungen.
Sollte es in ihrer Beziehung immer nur um Karriere gehen? Würde die Putzfrau auch in zehn Jahren noch mehr Zeit in der gemeinsamen Wohnung verbringen als sie beide selbst? Würden sie dann immer noch die Kleidung in die Reinigung tragen und Curry Chicken vom Chinesen bestellen, ohne jemals selbst zu waschen und zu kochen?
Sogar die Vorstellung, ein ganzes Leben in der schicken Penthousewohnung in Zehlendorf zu verbringen, behagte ihm auf einmal nicht mehr. Im Geiste sah er sich bereits einen Treppenlift installieren, um auch mit morschen Knochen noch die steile Wendeltreppe zum Schlafzimmer zu bewältigen.
Auch wenn man es Winter auf den ersten Blick nicht ansah, tief in sich hegte er den Wunsch nach einer eigenen Familie. Richtig bewusst wurde er sich dessen aber erst, als Corinna an jenem Abend jede weitere Familienplanung kategorisch ausschloss. Die kommenden Jahre würden für sie ausschließlich im Zeichen ihrer neuen Aufgaben stehen.
Aus einem spontanen Gedanken heraus schlug er ihr noch in derselben Stunde vor, das bevorstehende Weihnachtsfest zu Hause zu feiern. Er sprach davon, am Heiligen Abend gemeinsam über einen Weihnachtsmarkt zu bummeln, Glühwein zu trinken und anschließend in ihrer selten benutzten Designerküche ein üppiges Festmahl zu kochen. Und natürlich hätte er ihr den schönsten Tannenbaum von ganz Berlin besorgt.
Corinna wollte von seinen Vorschlägen nichts wissen. Noch in der gleichen Woche schleppte sie ihn ins Reisebüro und war nicht eher versöhnlich gestimmt, als sie die Tickets für zwei Wochen Urlaub auf den Malediven in Händen hielt.
Die Landschaft vor dem Autofenster weckte Winters Aufmerksamkeit. Sie hatten das Stadtgebiet verlassen und waren einer lang gezogenen Lagune bis an die Küste hinaus gefolgt. Nun tat sich vor ihnen ein kilometerlanger Sandstrand auf, der mit umfangreichen Steinwällen gegen die Wellen des Meeres geschützt wurde. Es gab weder Palmen noch sonstiges Grün, was die Gegend trist wirken ließ.
Das Gefühl, dass in seiner Beziehung zu Corinna etwas nicht mehr stimmte, hatte ihn schon längere Zeit beschlichen. Warum sonst regten sich in ihm ungewohnt negative Gefühle, wenn Corinna über ihre Einstellung zur Mutterschaft sprach? Ein Kind kostet eine Frau Körper, Karriere und Kapital, pflegte sie auf jede vorsichtige Anspielung von außen zu antworten, sodass die Fragen nach Heirat und Familienplanung mit der Zeit immer weniger wurden. Bei ihren Freunden galten sie als erfolgreiches Yuppie-Paar, und niemand wäre wohl auf den Gedanken gekommen, dass Winter dieses Leben nicht in vollen Zügen genoss.
Er hätte seine Wünsche deutlicher machen müssen. Corinnas Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit hatten ihn jedoch regelrecht eingeschüchtert. Schließlich war die Gewissheit immer bohrender geworden, dass Corinna nicht die Frau war, mit der er sein restliches Leben verbringen wollte.
Winter seufzte unwillkürlich auf, was ihm einen Seitenblick seines Kollegen einbrachte.
Eine Welle von Unverständnis schlug ihm aus allen Richtungen entgegen, als er nach dem Urlaub die Beziehung beendete. Das Letzte, das er von Corinna vernahm, war ein deftiges Schimpfwort und das Klirren einer zerbrechenden Vase an der Wand, als er nur mit einem Koffer voll Kleidung das Weite suchte. Zu guter Letzt landete er als Single in einer einfachen Mietswohnung, weiter entfernt von seinen Vorstellungen als je zuvor.
Nun verbrachte er Weihnachten schon wieder unter Palmen, und diesmal auch noch alleine. In dieser Hinsicht war ihm die Reise gerade recht gekommen. Zwar hätte er ohne Kümmlers Auftrag die freie Wahl gehabt, wo er die Feiertage verbringen wollte, und auch an Einladungen hatte es nicht gemangelt. Aber überall wäre er bei Familien zu Gast gewesen. Obwohl er in dem vergangenen Jahr als Junggeselle nicht wirklich etwas vermisst hatte, zur Weihnachtszeit beschäftigten
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