Colombian Powder
ja Reto!« Beate winkte zurück. »Gehen wir hin?«
Reto, Beates Tauchbekanntschaft, war groß und mager, mit fransigen schwarzen Haaren und einem Pferdegesicht. Beate machte ihn mit Nina bekannt, die ihn mit seinem originellen Schweizer Dialekt sofort sympathisch fand. Es wurde ein vergnüglicher Abend, an dem Retos Humor und sein Schweizerdeutsch bei den beiden Frauen immer wieder für Lachsalven sorgten. Bis zu jenem Moment, als Jens um die Ecke bog und sich zu ihnen gesellte. Er machte kein Hehl daraus, dass ihn Retos Gesellschaft störte, und da Jens oberste Priorität besaß, verabschiedeten sich Beate und Nina von dem Schweizer und ließen sich von Jens zu einem kleinen Nischentisch führen.
Es folgte belangloses Geplänkel, in der Jens sich von Nina jede Einzelheit des Wasserfalls von Bajo Tigre schildern ließ. Offenbar ärgerte es ihn, dass er nicht selbst auf die Idee gekommen war, dorthin zu fahren.
Nachdem alle drei ein Getränk vor sich stehen hatten, lehnte er sich verschwörerisch über den Tisch. »Ich habe einen Vorschlag für morgen Abend«, raunte er. »Was haltet ihr von einer netten kleinen Privatparty?«
»Hört sich spannend an. Wo soll die denn stattfinden?« säuselte Beate im gleichen Tonfall zurück.
»Nun, meine Kabine ist groß genug. Sie hat sogar einen Whirlpool im Bad!«
Nina schauderte bei dem Gedanken, was Jens für den kommenden Abend wohl geplant hatte.
»Dann sag dem Zimmerservice, er soll ihn schon mal mit Champagner füllen«, bemerkte Beate in ihrer gewohnt flapsigen Art, was Jens Grinsen nur noch verbreiterte.
»Nicht nur das. Für die richtige Stimmung werde ich uns morgen ein wenig Nasenzauber beschaffen.«
Er machte ein wichtiges Gesicht.
»Was meinst du damit?« Nina wusste jedoch genau, wovon Jens sprach, und es verursachte ihr eine Gänsehaut.
»Koks, Kokain«, flüsterte er. »Wir können morgen Abend ganz stilvoll eine Line ziehen.«
»Sehen wir so aus, als würde uns das reizen?«
»Ach kommt schon, erzählt mir nicht, dass ihr noch nie was aufgezogen habt!« Er lehnte sich wieder zurück, und in seine Augen trat ein eigenartiges Funkeln.
»Da muss ich dich enttäuschen«, erklärte Beate und zündete sich gelassen eine Zigarette an. »Und wir haben auch nicht vor, das zu ändern. Nicht wahr, Nina?«
Ihr Blick glich einem Befehl, und Nina beeilte sich, bekräftigend den Kopf zu schütteln. Worauf lief diese Unterhaltung hinaus?Jens sah abwartend von einer zur anderen, doch weder Beate noch Nina zeigten das geringste Interesse. Schließlich zuckte er mit den Schultern, und die angespannte Situation löste sich ein wenig. Nina schluckte trocken und hoffte inständig, dass es sich um den letzten Akt des Stücks gehandelt hatte. Beate schien es ebenso zu gehen, denn sie lehnte sein Angebot auf eine weitere Runde Drinks ab. Die Stimmung war merklich abgekühlt, und Nina hatte den Eindruck, als würde Jens sie argwöhnisch mustern.
Beate stieß die Kabinentür auf und warf sich elegant wie ein gefällter Baum auf ihr Bett. Nina trat an das Bullauge. Draußen war es stockdunkel. Nichts zu erkennen, worauf sie sich hätte konzentrieren können, um das unheimliche Gefühl loszuwerden, das ihr im Nacken saß. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sich Beate wieder regte.
»Wir müssen unseren Plan ändern«, sagte sie in die Stille hinein. »Jens wird nicht unser Kurier sein.«
»Nur wegen dieses einen Gesprächs? Du spinnst!« Obwohl auch Nina erschrocken war, dass Jens sie so deutlich auf Drogen angesprochen hatte, konnten sie nicht einfach ihren ausgeklügelten Plan über den Haufen werfen! Nina wollte sich Ramons Reaktion darauf nicht ausmalen.
»Hör mir zu.« Mit einem Ruck setzte sich Beate auf, und Nina erschrak über den Ausdruck in ihren Augen. »Er hat heute schon einmal eine solche Bemerkung fallen gelassen, als wir im Auto unterwegs waren. Er erzählte, dass die Küsten von Mittelamerika die größten Drogenumschlagplätze der Welt wären, und fragte mich, was ich darüber denke.«
»Was hast du geantwortet?«
»Was glaubst du denn? Dass ich das nicht wusste und es mich auch nicht interessiert, basta!«
Trotz der Ernsthaftigkeit der Situation musste sich Nina bei dieser Antwort ein Grinsen verkneifen.
»Mit seinem Vorschlag heute Abend ist er eindeutig zu weit gegangen.« Beate rieb sich mit den Händen über das Gesicht. »Keine Ahnung, was mit dem Typen los ist, aber mein Gefühl sagt mir deutlich, dass wir die Finger von ihm lassen
Weitere Kostenlose Bücher