Colombian Powder
geblieben. Winter schwitzte, seine Kehle war trocken und rau wie Sandpapier. Seit ihrer Ankunft hielten ihn Beate und Nina auf Trab. Schon setzten sie sich wieder in Bewegung, und er hatte Mühe, sie in dem Gewimmel entlang der schmalen, verwinkelten Gassen im Auge zu behalten. Sie steuerten geradewegs auf den Parkplatz vor der Altstadt zu und stiegen in eines der wartenden Taxis ein. Die Ermittler mussten den Abstand immer mehr vergrößern, da sich Beate ständig misstrauisch umsah. Aus dem Schutz der Stadtmauer konnten sie nur tatenlos zusehen, wie das Taxi mit den beiden Frauen darin an ihnen vorbeifuhr.
Flink zückte der Kolumbianer das Funkgerät und bellte eine Anweisung hinein. Sekunden später hielt ein Streifenwagen neben ihnen. Nicht gerade das, was sich Winter unter einer verdeckten Ermittlung vorstellte. Trotzdem besser als gar nichts befand er und überließ dem Polizisten am Steuer das Kunststück, sich auf der dicht befahrenen Hauptstraße dem Taxi auf Sichtweite zu nähern.
»Was für Weisungen hast du bekommen?«, fragte Nina, während sich ihr Fahrer schimpfend in den fließenden Verkehr einreihte.
Statt einer Antwort klopfte Beate nur auf ihre Handtasche.
»Jetzt erklär mir mal, wo du die ganze Zeit gesteckt hast. Ich habe dich gesucht wie ein Spürhund!«
»Ich dachte, wenn ich nicht mehr in dem Restaurant auftauche, liefere ich dir damit einen Vorwand, dich von Jens loszueisen«, erklärte Beate ihre Absichten. »Darum habe ich mich gegenüber dem Internet-Laden in der Markthalle verschanzt und auf dich gewartet. Ich musste ja sichergehen, dass Jens dich nicht begleitet. Sonst hätten wir ihn womöglich nicht mehr abschütteln können.«
»Aber ich war ja dort! Warum hast du mich nicht gesehen?«
Beate seufzte genervt auf. »Weil ich abgelenkt wurde. Ich habe mich gleich hinter dem Eingang auf die Lauer gelegt, um dich nur ja nicht zu verpassen. Auf einmal hat mich unser reizender Reisegefährte Eggerth angesprochen.«
»Eggerth? Was wollte der denn?«
»Er hat mir von seinen Krokant-Nüssen angeboten, die er dort drin gekauft hat. Der ist sagenhaft einfallslos. Und dann wollte er wissen, wo du bist. Also habe ich die Geschichte umgedreht und erzählt, dass ich dich in dem Gedränge der Halle verloren habe.«
»Hätte ja echt passieren können.«
Beate schnaubte. »Stimmt schon. Eggerth hat mir daraufhin den Tipp gegeben, in unserer Bodega nachzusehen, wo du mit einem Kerl vom Schiff beim Mittagessen sitzen würdest.«
»Na toll«, murmelte Nina.
»Er ist beinahe geplatzt vor Triumph.«
»Der Typ muss ein fürchterlich langweiliges Leben führen, wenn er sich so für andere Menschen interessiert. So dämlich er ist, lästig ist der Kerl wie eine Klette.«
Beate nickte bestätigend. »Jedenfalls hat mich das Gespräch so abgelenkt, dass ich dich erst entdeckt habe, als du wieder kehrt gemacht hast.«
Nina sah aus dem Autofenster. Die Gebäude entlang der Straße waren moderner als in der Altstadt, und zwischen den Bauten konnte sie immer wieder ein Stück Sandstrand erkennen.
»Wo fahren wir eigentlich hin?«
»Nach Boca Grande, dem Villenviertel der Stadt.«
Knapp zehn Minuten später hielt das Taxi vor einem Hotelkomplex.
»In diesem Hotel befindet sich ein Wellness-Center. Wir werden uns an der Rezeption eine Stunde Massage kaufen«, erklärte Beate, nachdem sie ausgestiegen waren und auf den noblen Eingang zusteuerten. »Im Umkleideraum der Damen ist in einem der Spinde die Ware gebunkert. Ramon hat mir den Code für das Zahlenschloss gemailt.«
Erleichtert atmete Nina auf. Ramon hatte zwar angedeutet, dass die Übergabe auf einem solchen Weg verlaufen könnte, ein Rest Unsicherheit war dennoch geblieben. Ihre schlimmste Vorstellung war ein Treffen mit einem pockennarbigen Mafioso in irgendeiner dunklen Ecke gewesen.
Sie betraten das hyperelegante Foyer und lösten an der Rezeption die Tickets für die Massage. Ein Angestellter wies ihnen den Weg. Auf dicken Teppichen gelangten sie zu einem weiteren Empfangstresen, hinter dem sie eine bildhübsche Kolumbianerin erwartete. Sie stellte sich als Stella vor und geleitete die beiden in den Umkleideraum der Damen. Dort überreichte sie ihnen je einen Bademantel und Frotteepantoffeln.
Beate schloss die Tür des Raumes hinter sich und schritt eilig die Reihe der Spinde ab.
»Hier ist es.« Sie deutete auf den verschlossenen Spind mit der Nummer 13.
»Aber darum kümmern wir uns später.«
Die Massage wäre bestimmt
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