Colombian Powder
er wie eine zweite Haut an ihrem Körper. »Was machen wir denn jetzt bloß?«
»Wir müssen die Dinger ausschütteln, damit sie wieder locker fallen«, murmelte Beate und zog Nina diskret aus der Warteschlange heraus. Sie hielten auf die Toiletten zu, als ihnen plötzlich ein bewaffneter Soldat in den Weg trat.
»Senorita Graf, Senorita Kaiser?« Die Frage war höflich gestellt, passte jedoch überhaupt nicht zu der Geste, mit der seine Hand auf dem Maschinengewehr lag, das an seiner Hüfte baumelte. Beim Anblick der Waffe stieß Nina hörbar die Luft aus. Auch Beate wich alle Farbe aus dem Gesicht.
»Folgen Sie mir bitte!«, sagte er in überraschend klarem Deutsch und einem freundlichen Tonfall, der jedoch keinen Zweifel an der Befehlsgewohntheit seiner Stimme zuließ.
Er führte die beiden Frauen einen Gang entlang, der an einer Stahltür endete.
»Benutzen Sie bitte den Diplomatenausgang. Sie werden bei der Ausreise keinerlei Probleme haben«, erklärte der Soldat und tippte sich zum Abschied an sein Barett. Ungehindert gelangten Beate und Nina auf die Pier und ließen die Wartenden an der Passkontrolle hinter sich.
»Du meine Güte!« Mit einem tiefen Seufzer schloss Nina die Kabinentür hinter sich und lehnte sich erschöpft dagegen. »Hast du dem seine Bleispritze gesehen?«
»Krass! Fehlte nur noch der gekreuzte Patronengurt.« Beate setzte sich vorsichtig auf das Sofa und streifte sich die Sandalen von ihren geschwollenen Füßen.
»Warum hast du mir nicht früher gesagt, dass man uns am Zoll durchwinken würde?«
»Das wusste ich doch selbst nicht! Ramon hat mir nichts davon gesagt.«
»Das ist ja unglaublich.« Nina ließ sich neben Beate nieder. »Die Zöllner wissen also über den Schmuggel Bescheid?«
Beate zuckte die Schultern. »Das Kartell hat eben überall seine Leute.« Vorsichtig hievte sie sich wieder vom Sofa und knöpfte ihre Bluse auf. »Ich muss unbedingt diesen Gurt loswerden. Der hat mich ganz wund gescheuert.«
Darunter kam ein ledernes Schulterhalfter zum Vorschein, an dem an der Vorder- und Rückseite je eine lange, mit Kokain gefüllte Plastikbahn befestigt war. Mit mehreren Schnallen hatten die beiden Frauen sich die Beutel eng an den Körper gebunden, sodass unter der Kleidung kaum mehr Konturen sichtbar waren. Vorsichtig löste Beate die Schnallen und streifte den Gurt ab. Auch Nina legte aufatmend das Halfter ab. Beide hatten hässliche rote Striemen an den Stellen, an denen das Lederband verlaufen war.
»Ich frage mich, warum James Bond nie solche Druckstellen hat, wenn er sein Bondgirl vernascht«, stöhnte Beate.
Die jungen Frauen warteten ab, bis der Dampfer Cartagena wieder verlassen hatte und in ruhiges Fahrwasser geriet. Dann holte Beate ihre Werkzeugtasche hervor, während Nina eine Plastikfolie auf dem Boden ausbreitete. Sie erweckten den zweiten Koffer aus seinem Dornröschenschlaf und klappten ihn auf dem Boden zwischen ihren Betten auf.
Beate schob sich die Ärmel ihres Sweatshirts zurück und dehnte die Finger, wie es für gewöhnlich Schläger machten, bevor sie zur Tat schritten.
»Schraubenzieher, Dr. Stevens«, kommandierte sie und hielt die Hand auf, in die Nina das winzige Werkzeug legte.
Vorsichtig drehte Beate damit eine verborgene Schraube heraus, die an der Seite des Kofferdeckels eingelassen war. Dann steckte sie in diese Öffnung einen weißen Plastiktrichter mit einem langen Schlauch. »So! Der Patient ist intubiert, die OP kann beginnen.«
Nina reichte ihr den ersten Beutel voller Pulver. Mit ihrer Nagelschere schnitt Beate eine Ecke davon ab und hielt ihre Nase über die Öffnung.
»Fantastisch!«, seufzte sie und schloss genießerisch die Augen.
»Was meinst du?«
»Dieser ätherische Duft! So riecht nur reines Kokain. Gestreckt stinkt es wie Nagellackentferner.« Vorsichtig tauchte Beate ihren Finger in das Pulver. »Sie dir das an! Die Kristalle schmelzen nur durch die Körperwärme auf meiner Haut. Das ist erste Sahne«, geriet sie ins Schwärmen.
Fasziniert beobachtete Nina, wie die zarten Körnchen auf Beates Fingerkuppe wie Schnee schmolzen und einen öligen Film zurückließen.
»Du musst den Trichter senkrecht halten, damit nichts daneben geht«, ordnete Beate an.
Vorsichtig hob sie den Plastiksack an, bis das wertvolle Pulver geräuschlos in dem versteckten Hohlraum des Kofferdeckels verschwunden war. Auf dieselbe Weise folgte auch der zweite Beutel. Dann setzte Beate die Schraube wieder ein und drehte den Koffer mit
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