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Colombian Powder

Colombian Powder

Titel: Colombian Powder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone A. Siegler
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Nein, das war keine gute Idee.
    Zum hundertsten Mal verfluchte Nina Ramons Bedingung, nur über E-Mail in Kontakt zu bleiben. Falls irgendetwas schief ging, hatte sie keine Möglichkeit, ihn oder Beate auf der Stelle zu informieren. Immerhin hatte sie Beate das Versprechen abgerungen, in täglichem Kontakt mit ihr zu bleiben, und zwar von den Anschlüssen auf dem Schiff. Auf keinen Fall wollte Nina riskieren, noch einmal auf der Suche nach einem Internet-Lokal an Land überfallen zu werden. Zudem war sie froh darüber, nicht direkt mit Ramon kommunizieren zu müssen, der in ihrem Kopf immer bedrohlicher wurde.
    Nina starrte weiterhin auf den leeren Posteingang und versuchte das beklemmende Gefühl zu ignorieren, das sich in ihrer Brust breitmachte. Beate war sich der ganzen Sache einfach viel zu sicher und hatte es offensichtlich nicht eilig, Nina Bescheid zu geben. Ihr blieb nichts anderes übrig, als tatenlos auf ein Lebenszeichen von ihr zu warten. Möglicherweise hatte sie in Ferdinands Kneipe Station gemacht und war dort wie so oft hängen geblieben, versuchte Nina sich zu beruhigen. Oder sie schlief gerade ihren Jetlag aus. Es gab Dutzende Gründe, warum sich Beates Nachricht verzögerte. Und doch. Es sah ihr nicht ähnlich, eine Vereinbarung nicht einzuhalten.
    Ninas Schritte waren noch wackliger, als sie zu ihrer Kabine zurückging. Dies war definitiv nicht ihr Abend gewesen.

    Als Erstes fiel ihr die Jahrmarktsmusik auf. Erstaunt stellte Nina fest, dass sie sich auf einem Kinderkarussell inmitten eines Volksfestes befand. An ihr vorbei flanierten Familien, Clowns und Artisten. Gerne würde sie sich genauer umsehen, doch das Karussell drehte sich viel zu schnell. Es besaß viele kleine Wagen, aus denen sie überall vertraute Gesichter angrinsten.
    Nina sah Vater, Mutter, Gustav, sogar Ferdinand. Auch sie selbst saß in so einem Waggon, neben ihr niemand geringerer als Marco. Er grinste nicht. Dafür hatte er den Arm um ihre Schultern gelegt und zog sie mit jeder Runde näher an seinen Körper. Nina konnte die festen Muskeln unter seiner Kleidung spüren. Sie klammerte sich an ihn und wartete kühn auf ein zärtliches Wort, einen erlösenden Kuss. Doch anstatt sich zu ihr hinunterzubeugen, stieß er sie plötzlich heftig von sich. Schweigend stand er auf und suchte sich einen anderen Platz. Er wandte den Kopf ab und hielt scheinbar gelangweilt Ausschau nach etwas Interessanterem als ihr.
    Hinter ihm tauchte eine schwarze Gestalt auf. Zu Ninas Entsetzen war es Ramon, der seine protzigen Goldzähne entblößte. Mit einer schnellen Bewegung setzte er Marco einen Revolver an den Kopf und starrte Nina herausfordernd an. Seine freie Hand gestikulierte zu einem Punkt vor Ninas Füßen. Sie sah an sich herunter und erblickte den schwarzen Koffer.
    Nina wollte sich bücken, um ihn aufzuheben, doch sie konnte sich nicht rühren. Verzweifelt riss sie an ihren Armen, die hinter ihrem Rücken verschränkt waren. Erst jetzt bemerkte sie den Strick, der ihr quer über die Brust verlief und sie an das Karussell fesselte.
    Ramons Augen wurden zu Schlitzen, und sein Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze. Ein verzweifelter Schrei kroch Nina die Kehle hinauf, doch in ihrem Mund steckte plötzlich ein dicker Knebel. Entsetzt musste Nina mit ansehen, wie Ramon bedächtig die andere Hand zur Waffe führte und sie durchlud. Mit aufreizender Langsamkeit setzte er sie wieder an Marcos Kopf, der immer noch vor sich hinstarrte und von all dem nichts zu bemerken schien. Nina kniff die Augen zu und wartete auf den Schuss.

    Es knallte. Nina spürte einen dumpfen Schmerz in der Schulter und schrie auf, verblüfft darüber, dass der Knebel in ihrem Mund verschwunden war. Vorsichtig öffnete sie die zusammengekniffenen Augen, in Erwartung, Ramons rauchenden Colt vor sich zu erblicken. Stattdessen fand sie sich auf dem Boden ihrer Kabine wieder. Sie musste geträumt haben und war am Ende aus dem Bett gefallen. Schwerfällig richtete sie sich auf und kroch wieder auf die Matratze zurück. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in die Dunkelheit und lauschte ihrem Herzschlag, der sich allmählich wieder beruhigte.
    Was für ein entsetzlicher Traum! In ihrem Leben hatte sie schon oft schlecht geträumt, doch nie war es ihr so beängstigend real vorgekommen wie gerade eben. Ein Blick auf den Wecker zeigte ihr, dass sie kaum eine halbe Stunde geschlafen hatte. Es war noch nicht einmal Mitternacht.
    Nina schwitzte, und die nachlassende

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