Colorado Saga
moralisches Verhalten. Er erwähnte seine Bigamie nicht mit einem einzigen Wort, sondern sagte lediglich: »Ich werde das Gold finden.«
Eine große Feierlichkeit gab es nicht. Pasquinel mußte ihrem Bruder ein Gewehr, ein paar Perlen und einen Beutel voll Tabak geben, während Tönerne Schale dabei zusah. Sie hatte sich an diesem Tag mit frischen Stachelschweinborsten und blauen Steinen, die man von den im Süden herumziehenden Indianerstämmen kaufen konnte, besonders schön gemacht. Sie gab sich Mühe, nicht zu McKeag hinüberzusehen, und er erleichterte es ihr, indem er sich ein wenig abseits hielt. Ein Medizinmann deutete zum Himmel, dann zum östlichen Horizont, sagte etwas, was McKeag nicht verstand, und als Pasquinel dann am Abend mit seiner jungen Frau allein war, fragte er sie: »Wo ist das Gold, das dein Vater gefunden hat?«
»Gold?« fragte Tönerne Schale erstaunt.
»Ja, Gold.«
»Was für Gold?«
Er war wütend über ihre Dummheit oder ihre Falschheit - er wußte nicht, welches von beiden es war. Als er seine Frage wiederholte und die gleiche Antwort bekam, fragte er verzweifelt: »Warum hast du mich geheiratet, wenn es doch Roter Bart ist, den du liebst?«
Ihre Erklärung, die sie auf englisch gab, verblüffte ihn. »In jener ersten Nacht vor vielen Jahren, als mein Vater in euer Lager am Beaver Creek kroch da hättest du ihn töten können, und er hätte dich töten können. Er hat dich damals beobachtet und liebte dich sehr, weil du sehr tapfer warst. Darum sagte er zu mir, bevor er sich vor dem Pawnee-Lager anpfählte: >Der dunkle Mann wird wiederkommen. Heirate ihn.< Daher wußte ich, daß es so kommen würde.«
Pasquinel schwieg eine ganze Weile. Dann fragte er sie: »Hat er dir gesagt, wo das Gold ist, bevor er starb?«
»Nein«, antwortete sie.
Er wußte, daß sie log, und wandte sich ab. Das bekümmerte sie so, daß er spürte, wie ihre Schultern zuckten, als weine sie. Er ließ sie allein, überquerte den Bach und wanderte zwischen den Espen auf und ab. Nach einer Weile kam Tönerne Schale zu ihm, schob ihre Hand in die seine und sagte: »Ich bin deine Frau. Ich werde immer helfen.«
»Wo ist das Gold?« fragte er sie.
»Ich weiß es nicht«, lautete ihre Antwort, aber er war überzeugt, daß sie, sobald sie gelernt hatte, ihm zu vertrauen, ihm das Geheimnis verraten werde. Bis dahin - nun ja, sie war ein schönes Mädchen, und er sah nicht ein, weshalb er nicht seine Freude an ihr haben sollte, solange er sich in der Prärie aufhielt. Er führte sie in ihr Hochzeits-Tipi zurück, und als sie den klaren Bach überquerten, traten sie auf die Kieselsteine, unter denen die Goldnuggets verborgen lagen, die er suchte.
Pasquinel und Tönerne Schale sollten drei Kinder bekommen den berühmten Jacques Pasquinel (»Jake«), geboren 1809, seinen Bruder Marcel (»Mike«), geboren 1811, und eine Tochter Lucinda, die unter einem anderen Namen bekannt werden sollte, geboren 1827. Es war eine dauerhafte Verbindung.
Nach drei Jahren vergeblicher Bemühungen, das Gold des Lahmen Bibers zu finden, kam Pasquinel endlich zu der Einsicht, daß seine Frau wirklich nicht wußte, wo es war. Aber er hörte niemals auf, fest daran zu glauben, daß irgendwo in den Bergen eine ungeheure Menge Gold versteckt lag, und er wollte und mußte es finden. Und wenn er in seiner Überzeugung wankend wurde, brauchte er sich nur an jene beiden Kugeln zu erinnern, die er einmal in der Hand gehalten hatte. Die waren Wirklichkeit gewesen, und sie waren aus purem Gold.
Als McKeag und Pasquinel im Jahre 1807 nach Saint Louis zurückkehrten, fanden sie mancherlei Veränderungen vor. Das Haus an der Rue des Granges war größer geworden. Da Lise sehr gern Gäste einlud, wollte sie einige weitere Räume haben und verwendete all das Geld, das Pasquinel ihr im Laufe der Jahre gegeben hatte, auf Zimmermannsarbeiten. Ihr Vater hatte in seinem Geschäft inzwischen zwei Lehrlinge und sandte die überzähligen Werkstücke den Fluß hinunter nach New Orleans. Seine Gewinne legte er in Grundstücken in Saint Louis an.
Nun folgten Jahre, in denen sich Pasquinel immer häufiger in der Prärie aufhielt, so daß er sich manchmal drei Jahre lang nicht in Saint Louis blicken ließ. Kehrten die beiden Partner dann mit ihren Fellen heim, beobachtete McKeag Lise, um festzustellen, wie sie auf dieses seltsame Verhalten reagierte, doch falls sie sich darüber grämte, so zeigte sie es nicht. Und Pasquinel erwies sich, wann immer er anwesend
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