Colorado Saga
war, als wahrer Mustergatte und fügte sich in Lises Lebensstil, als wäre er nur ein paar Tage fort gewesen. Er liebte seinen Sohn Cyprian und erzählte ihm voll Begeisterung von seinen Abenteuern im Westen. Des Sonntags führte er seine Frau in die katholische Kirche, deren Pfarrer er mit Geldspenden unterstützte.
Es machte ihm Spaß, sich mit den amerikanischen Offizieren zu streiten, die er bei den Gesellschaften seiner Frau kennenlernte. Er mokierte sich über ihre angeblichen Kenntnisse: »Ist es nicht sonderbar, daß eine Handvoll französischer Waldläufer, die den Westen lieben, mehr darüber wissen sollten als eure ganze kluge Regierung?« Einmal unternahm ein aufgeblasener Oberst mit einer Leibwache von sechs Scharfschützen eine Bootsfahrt nur einhundertfünfzig Meilen weit den Platte hinauf, also nicht einmal bis in die Nähe der Platte-Mündung. Doch als er wieder in Saint Louis war, gebärdete er sich wie ein großer Held und als Experte für indianische Angelegenheiten. Pasquinel hörte höflich zu, während der Oberst seine Ansichten über die Behandlung der Indianer erläuterte, doch als der Offizier dann von dem großen Mut zu sprechen begann, den er bei seinem Ausflug ins Territorium der Wilden bewiesen habe, konnte Pasquinel sich nicht mehr beherrschen. Er lachte hämisch und sagte: »Oberst, wenn wir auf der Heimfahrt aus richtigem Indianergebiet dorthin kommen, wo Sie gewesen sind, ziehen wir die Wachen ein, dort gibt es sowieso nur Weiber und Kinder.« Lise, keineswegs empört über diesen Ausfall gegen einen geehrten Gast, zwinkerte ihrem Mann zu, während der Oberst sich kurz darauf verabschiedete.
Im Laufe der Zeit bereiteten ihr die immer länger werdenden Zeiträume, in denen Pasquinel abwesend war, zunehmend Kummer. Zunächst vermutete sie, daß sie etwas falsch mache, daß sie es an irgend etwas vermissen lasse, und einmal, als er drei Jahre lang fortblieb, dachte sie sogar ernsthaft an Scheidung. Der Klatsch, der sich in der Stadt um ihren Ehemann rankte, tat ihr weh, aber sie ließ sich niemals etwas anmerken. McKeag konnte nie herausbekommen, wieviel sie wußte, aber selbst ihm fiel es auf, daß die Ehe langsam in die Brüche ging.
Es schien, als hätte sie einen grundlegenden Entschluß gefaßt, nämlich den, mit oder auch ohne Pasquinel ein angenehmes Leben zu führen und ihren Sohn zu einem ebenso glücklichen und charakterfesten Menschen zu erziehen, wie sie es war. Pasquinel sollte ihnen immer willkommen sein, immer einen Ehrenplatz in ihrem Heim haben, sie aber würden sich nicht von seinem unverantwortlichen Verhalten stören lassen.
Gingen seine Besuche in Saint Louis dem Ende zu, borgte sich Pasquinel, pleite wie immer, von seinem Schwiegervater Geld, belud sein Kanu und fuhr zum Platte, wo er an einem vorher verabredeten Platz von Tönerner Schale und seinen zwei Söhnen erwartet wurde. Ihr Wiedersehen verlief jedesmal zärtlich und sogar leidenschaftlich. Tönerne Schale hielt stets ein Tipi bereit, das mit allem ausgerüstet war, was Pasquinel schätzte, mit einem Bett aus Weidengerten, versehen mit Rückenlehnen, mit Büffelfellen auf dem Fußboden und einer gut funktionierenden Klappe für den Rauchabzug.
Er liebte seine indianischen Söhne und verwöhnte sie mit Geschenken aus New Orleans und kleinen Gewehren zur Vogeljagd. Besonders nachsichtig war er mit Jacques, der schon mit sechs Jahren auf seinem Schecken dahingaloppierte. Der Junge war sehr eigenwillig. McKeag hatte schon oft versucht, ihn zu erziehen, hatte ihm verboten, mit seinem Pony durch die Lagerstellen zu jagen, wo Indianerfamilien ihre Mahlzeiten kochten, doch Jacques nahm sich seine Ermahnungen nicht zu Herzen, und jedes weitere Eingreifen McKeags erzürnte nur Pasquinel, der aus seinem Sohn einen erstklassigen Reiter machen wollte. Marcel dagegen war ganz anders, ein pausbäckiger kleiner Bursche, der Menschen gern hatte und bald Meister im Ersinnen von Tricks wurde, mit Hilfe deren er von ihnen alles bekam, was er sich wünschte.
McKeag ahnte, daß die Jungen zwischen der Welt der Weißen und der Welt der Indianer standen, ohne zu wissen, für welche sie sich entscheiden sollten. Pasquinel schenkte ihnen Spielsachen der weißen Kinder, erzog sie aber in der Indianertradition. Beide liebten sie ihren Vater, hielten sich aber meist bei ihrer Mutter auf. Ihre Hauptsprache war Arapaho, genausogut verstanden sie aber auch jene Mischung von Französisch und Englisch, die gesprochen wurde, wenn die
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