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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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den Amerikanern im allgemeinen war er keineswegs sehr beeindruckt, vor ihren Kanonen aber hatte er Respekt. Der Indianeragent im Fort war Major George Champlin Sibley. Sein militärischer Rang war ein Ehrentitel, er war hauptsächlich als Leiter der
    Kommissionsstelle tätig, in der gegen Biberfelle Gewehre und Pulver erhältlich waren. Er kleidete sich so korrekt, als wäre er in Washington, und wurde allgemein respektiert. Seit dem Jahre 1808 tat er im Fort Dienst, und die Indianer waren untröstlich, als er es während des Krieges im Jahre 1814 hatte schließen müssen. Seit er wieder hier war, wurde er noch mehr geliebt.
    »Es ist ja nicht so sehr der Major«, sagte ein Osage zu Tönerne Schale, »sondern seine Frau.«
    Von Mrs. Sibley hatten sie bereits gehört, sie schien eine bemerkenswerte Frau zu sein. McKeag, dem es nicht einleuchten wollte, daß die Frau eines Agenten so sehr geschätzt wurde, bekam zu hören: »Das ist wegen dem Geräusch, das sie macht.« Darunter konnte er sich nichts vorstellen, doch auch ein Pawnee, der bei seinen Wanderungen nach Süden bis in das Fort gekommen war, schwärmte ihm vor: »Oh, was für ein wunderbares Geräusch sie macht!«
    Die kleine Reisegesellschaft bekam diese ungewöhnliche Frau erst am Spätnachmittag des zweiten Tages, den sie im Fort verbrachten, zu sehen. Um fünf Uhr drängten sich ungefähr dreißig Indianer und Fellhändler in den Privaträumen Major Sibleys, wo McKeag in einer Zimmerecke ein Pianino entdeckte. Das Geräusch, von dem die Indianer so hingerissen waren, kam also von einem Klavier. Er mußte lächeln. Und dann erschien Mrs. Sibley, eine zauberhafte, zierliche Frau in einem zarten, weißen, unter dem Busen geschnürten Gewand, mit rosa Pantoffelchen an den winzigen Füßen und einem hellblauen Band im Haar. Sie war die Tochter eines der führenden Bürgermeister von Saint Louis - Judge Easton war abwechselnd Postmeister, Richter und Kongreßabgeordneter gewesen -, und man sagte, daß sie mit vierzehn Jahren die Gewohnheit hatte, bei Einbruch der Dunkelheit aus der Villa ihrer Eltern zu schlüpfen, zwanzig Meilen weit auf einem ungesattelten Pferd zu Militärbällen zu reiten, die ganze Nacht Walzer zu tanzen und erst bei Morgengrauen wieder zurückzukehren. Viele Offiziere hatten ihr Heiratsanträge gemacht, und kurz nach ihrem fünfzehnten Geburtstag heiratete sie Major Sibley und versprach, »ihm bis ans Ende der Welt zu folgen.« Aber er hatte sie nur zum Fort Osage gebracht. Zuerst fürchtete er, die Indianer könnten seine junge Frau in Angst versetzen, doch bereits nach der ersten Woche hatten die Indianer sie so ins Herz geschlossen, daß sie bereitwillig Saint Louis belagert hätten, wenn dies ihr Wunsch gewesen wäre.
    McKeag lächelte immer noch, während sie sich ans Klavier setzte, die Falten ihres schimmernden Gewandes ordnete, sich umdrehte und sich vor den Indianern verneigte. Erfreut stießen die Indianer Begrüßungslaute aus, und sie begann ein Menuett von Mozart zu spielen, das von New Orleans seinen Weg den Fluß herauf gefunden hatte.
    Es war entzückend anzuhören, und Tönerne Schale drückte vor Freude ihre Söhne an sich. Einer der Sac-Häuptlinge wandte sich an Pasquinel und flüsterte ihm leise zu:    »Jetzt kommt es gleich!« McKeag
    beobachtete, wie die Indianer mit funkelnden Augen gespannt den Oberkörper vorbeugten.
    Was dann geschah, konnte McKeag nicht so genau definieren. Mary Sibley ging zu einer weitaus lebhafteren Melodie über, während sie mit dem linken Fuß auf äußerst undamenhafte Art und Weise ein gesondertes Pedal bearbeitete, durch das eine hinter dem Klavier versteckte große Trommel in Aktion gesetzt wurde. Das Ganze entpuppte sich als ein französischer Tanz, bei dem die Trommel die Melodie übertönte. Und als die Indianer laut jubelten, begann die zarte Mrs. Sibley zu allem anderen noch mit ihrem rechten Knie einen Blasebalg zu bearbeiten und dadurch ein verborgenes Blasinstrument in Gang zu setzen, das den »Yankee Doodle Dandy« intonierte und zusammen mit der laut dröhnenden Trommel und dem Klavier, auf dem sie mit allen zehn Fingern so laut und so schnell wie nur möglich herumhämmerte, den Salon mit einer Geräuschexplosion füllte. Für Tönerne Schale war es das Schönste, was sie jemals erlebt hatte, und auch die Jungen waren begeistert von diesen geheimnisvollen, vielfältigen Geräuschen. Nun kam Major Sibley, der den Häuptlingen süßen Punsch und den fünf weißen

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