Colorado Saga
auf, die Bäume, den grünen Wiesenboden und die Unzahl von Biberburgen.
»Hier könnten wir jahrelang Felle eintauschen«, sagte er, doch Pasquinel hörte nicht zu.
»Hier muß er das Gold gefunden haben«, stellte er fest.
Ein schmaler Pfad führte mitten ins Tal, und sie vermuteten, daß hier die Ute-Krieger entlanggekommen sein mußten. Als sie dem Pfad ungefähr eine Meile gefolgt waren, sahen sie weiter oben das Arapaho-Lager. Mit Erleichterung entdeckte Pasquinel, der vorausgeeilt war, um sich zu erkennen zu geben, daß es die Gruppe war, zu der auch der Lahme Biber gehört hatte. Als sie den Häuptling begrüßten, sagten sie beide, wie leid es ihnen tue, daß der Lahme Biber tot sei.
»Er hat sich angepfählt. Er wollte den Tod.«
»Und Blaues Blatt!«
»Es war ihre Zeit zu sterben.«
Sie erkundigten sich, woher die Arapaho ihre
Gewehrkugeln hatten, und der Häuptling zeigte ihnen eine Platte Blei sowie seine Kugelgußform. Pasquinel fragte ganz nebenbei, ob er die Kugeln nicht einmal sehen könne, und der Häuptling ließ eine Squaw rufen, der er befahl, die Kugeln vorzuzeigen, die sie an jenem Tag gemacht hatten. Sie waren aus Blei.
Während Pasquinel sie in der Hand wog, sah McKeag Tönerne Schale das Tal herabkommen. Sie war jetzt sechzehn, hochgewachsen, scheu, aber zutiefst
interessiert, als die Kinder ihr zuriefen, die
Bleichgesichter seien zurückgekehrt. Als sie die beiden Männer sah, glättete sie ihr Kleid aus Büffelleder und rückte die Stachelschweinborsten an ihrem Hals zurecht. Ihr schwarzes Haar war zu zwei Zöpfen geflochten, sie schien blaß geworden, aber ihre Augen strahlten vor Freude. Ruhig ging sie auf McKeag zu, legte ihm sanft die Hand auf die rechte Schulter und fragte auf englisch: »Gut?«
McKeag schlug sich ebenfalls auf die Schulter und antwortete: »Gut.« Dann deutete er auf Pasquinel. »Er gut gemacht.« Dann zog er vor den fasziniert zuschauenden Indianern sein Hemd aus und zeigte, wie einfallsreich Pasquinel es »gut« gemacht hatte mit einer Art Panzer aus Büffelfell, der es ihm schmerzlos ermöglichte, den Gewehrkolben gegen das gehärtete Fell zu stemmen und ohne Angst vor dem Rückstoß zu feuern. Tönerne Schale betastete den Panzer und gab ihrer Zufriedenheit Ausdruck.
Der Mai und Juni jenes Jahres waren die glücklichsten Monate, die Pasquinel, McKeag und Tönerne Schale miteinander verbrachten. Das Tal war paradiesisch schön. Aber es war so warm geworden, daß die vorüberziehenden Indianer keine Felle mehr anzubieten hatten. Also hätte es für die beiden Weißen eigentlich keinen Grund zum Bleiben gegeben, doch Pasquinel hatte immer noch nicht herausgefunden, wo das Gold war, und er weigerte sich aufzubrechen, bevor er es erfahren hatte. Tönerne Schale widmete er so viel Aufmerksamkeit, daß die Arapaho-Frauen, aufmerksame Detektive, wenn es um sexuelle Dinge ging, daraus den Schluß zogen, daß Pasquinel sich zwar in sie verliebt, das Mädchen hingegen McKeag zu ihrem Gefährten auserkoren hatte.
Diese Feststellung fand eine Bestätigung, als ein junger Krieger, der bisher angenommen hatte, daß er Tönerne Schale heiraten werde, mit McKeag Streit suchte. Die Auseinandersetzung wurde beigelegt, indem der Schotte dem jungen Mann ein Büffelfell gab. Nach diesem Eröffnungszug hätte McKeag nun die Werbung fortsetzen können, doch er unternahm nichts.
Um die Mitte des Sommers fragte Pasquinel eine der
Frauen: »Was wird Tönerne Schale tun?«
»Schwer«, antwortete sie. »Armes Mädchen liebt Roten Bart.«
»Wird sie... «
Die Frau lachte: »Roter Bart wird niemals Frau nehmen. Das wissen alle.«
»Was aber dann?« fragte Pasquinel.
Die Frau lachte wieder. »Tönerne Schale wird dich heiraten. Im nächsten Mond.«
Und so geschah es. Obwohl das gesamte Arapaho-Volk - zumindest aber jene Gruppe, die im Blauen Tal lagerte - genau wußte, daß Tönerne Schale Roten Bart bevorzugte, heiratete sie Pasquinel, der ihr durch diesen Winkelzug das Geheimnis des Goldes entlocken wollte. Als McKeag endlich merkte, welche Grausamkeit sein Partner da beging, war er entsetzt. Es war nicht die Bigamie, die ihn so bekümmerte, denn viele Fellhändler hatten neben ihrer weißen Ehefrau in Saint Louis noch eine Indianersquaw in der Prärie, sondern der gefühlskalte Mißbrauch, der da mit einem jungen Mädchen getrieben wurde. Mehrmals war er nahe daran zu protestieren, Pasquinel war jedoch nicht in der Stimmung für eine Debatte über
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