Colorado Saga
Prärie, und jeden Tag brennt die Sonne unbarmherzig auf euch nieder, und eure Lippen werden wund und platzen auf. Madame, Sie müssen sich einfach zwei Sonnenhüte besorgen; denn wenn Sie einen verlieren sollten und der Sonne damit erlauben, Ihre schönen Lippen zu versengen... «
Levi fand sein Gerede ärgerlich, denn er wußte genau, daß Elly keinen sonderlich schönen Mund hatte. Im Grunde gab es überhaupt nicht viel an seiner Frau, was jemand, der ganz bei Sinnen war, schön finden konnte. Daher fühlte er sich angesichts dieser offensichtlichen Unaufrichtigkeit unbehaglich. Immerhin, der Mann konnte Pferde richtig beurteilen und fand die Grauschimmel erstklassig. »Warten Sie ruhig noch ab, Zendt«, riet er. »Man wird Ihnen hier noch vierhundert Dollar pro Pferd bieten. Ich an Ihrer Stelle würde jedoch den Conestoga beim ersten guten Angebot verkaufen. Er ist zu schwer.«
Seccombe war von Melchior Fordneys Gewehr hell begeistert und arrangierte ein Wettschießen mit
Hauptmann Mercy und Sergeant Lykes. Die Männer stellten Zielobjekte auf und probierten jeweils das Gewehr des anderen aus. Mercy besaß eine teure Waffe aus Boston, Lykes eine Standardausführung vom Harpers Ferry Arsenal und Seccombe ein gutes englisches Gewehr. Doch alle waren sich darin einig, daß Levis Lancaster-Büchse von allen am besten zu handhaben war. »Sollten Sie sie je verkaufen wollen, denken Sie an mich«, sagte Seccombe und strich bewundernd über die schöne Waffe.
»Die behalte ich«, lachte Levi.
»In der Prärie werden Sie Ihre Hawken besser schätzenlernen«, sagte Hauptmann Mercy. »Ich habe davon zwei mit.«
»Er hat recht«, stimmte Seccombe zu. »Auf der Reise nach Santa Fe habe ich mit meiner englischen Waffe auf Gabelböcke geschossen, und die Hawken half mir aus einigen ernsten Schwierigkeiten. Ihnen wird es genauso gehen.«
Von seinem ersten Aufenthalt in Independence her kannte sich Oliver Seccombe gut in der Stadt aus und half den Zendts, alle noch nötigen Dinge einzukaufen. Backpulver, ferner Blei für Gewehrkugeln, Dörrfleisch. »Euch wird der Schinken verdammt schnell zum Hals heraushängen«, prophezeite er. Als alle Vorbereitungen getroffen waren, nahm er die beiden beiseite. »Ihr seid in Ordnung, so viel hab' ich gemerkt. Warum bilden wir nicht einen Treck?«
»Wir brauchen noch mehr«, erwiderte Levi. Also gingen sie zu Hauptmann Mercy.
»Wir würden uns gern Ihnen und Lykes anschließen«, begann Seccombe.
»Es wäre mir eine Freude. Aber ich reise nicht bis Oregon.«
»Aber wir bilden die Grundmannschaft«, entgegnete Seccombe. »Und in Blacksnake Hills können wir uns weitere Weggefährten suchen.«
»Ich fahre ungern mit den Leuten aus Vermont«, sagte Levi. »Sie sind mir zu frömmlerisch.«
»Auch ich mache lieber einen weiten Bogen um diese Psalmensinger«, stimmte Mercy zu.
Während der fünftägigen Schiffsreise nach Blacksnake Hills bildeten nun fünf Menschen eine feste Gruppe: ein Offizier mit einem wichtigen Auftrag, sein kenntnisreicher Adjutant, Oliver Seccombe, der schon zweimal die Prärie durchquert hatte, und die geduldigen, beflissenen Zendts.
Das Schiff legte in Fort Leavenworth an, wo einige Offiziere an Bord kamen, um Hauptmann Mercy letzte Instruktionen zu geben. »Die Arapaho und die Cheyenne sind friedlich, aber Vorsicht vor den Oglala Sioux!« Ein junger Offizier fügte noch erläuternd hinzu: »Die Brüder Pasquinel sind mit ihnen
zusammen, und die machen ja immer Schwierigkeiten.«
Zendt hatte diese Namen noch nie gehört, bemerkte aber, daß Hauptmann Mercy die Lippen kräuselte, als der Name Pasquinel fiel. »Wir werden Vorsorge treffen«, sagte er kurz.
»Wer sind die Pasquinels?« fragte Levi, nachdem die Soldaten wieder von Bord gegangen waren.
»Rauhe Burschen«, schaltete sich Seccombe ein. »Mischlinge, die die Indianer bei ihren Kriegszügen anführen. Im letzten August haben sie die Santa-Fe-Eisenbahnlinie drei Tage lang blockiert, indem sie einige Waggons in Brand steckten.«
Als das Boot seine mühselige Fahrt nach Blacksnake Hills fortsetzte, hörte Levi noch einmal von den Pasquinels. Ein Händler, der in Independence an Bord gekommen war, erzählte Elly: »Die Weißen in der Prärie benehmen sich oft wie Tiere, die Indianer können einem einen gehörigen Schrecken einjagen, aber ein Halbblut ist das Schlimmste. Wenn diese Kerle die Stämme aufhetzen, dann ist der Teufel los.« »Wer sind sie denn?« fragte Elly.
»Das weiß man nicht
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