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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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sind jedoch immer und überall die Lebewesen, die es bewohnen.
    Kurz vor der Dämmerung eines Frühlingsabends vor einhundertsechsunddreißig Millionen Jahren spähte ein kleines, knapp elf Zentimeter langes Pelztier vorsichtig aus dem niedrigen Schilf am Ufer einer tropischen Lagune hervor, die einen großen Teil jenes Landes bedeckte, aus dem später einmal Colorado werden sollte. Das Tier schaute aufmerksam aufs Wasser hinaus, als erwarte es jeden Augenblick, daß dort ein Lebewesen aus der Tiefe emportauchte, aber es rührte sich lange nichts.
    Dafür entstand zwischen den baumhohen Farnen links von ihm eine Bewegung, so daß es kurz in jene Richtung blickte. Mit beträchtlichem Geräusch brach sich ein mittelgroßer Dinosaurier unter den hängenden Zweigen hindurch Bahn und näherte sich unbeholfen der Lagune, wo er seinen Durst stillen wollte. Er ging aufrecht auf den Hinterbeinen und drehte den kurzen Hals ständig von einer Seite zur anderen, als halte er Ausschau nach größeren Tieren, die ihn überfallen könnten.
    Seine Schulterhöhe betrug ungefähr einen Meter, seine Länge nicht mehr als höchstens drei. Er schob sich mißtrauisch, immer wieder den kurzen Hals verrenkend, aufs Wasser zu. Da er seine gesamte Aufmerksamkeit den potentiellen Gefahren vom Land her widmete, übersah er jene wirkliche Gefahr, die im Wasser auf ihn lauerte. Denn als er die Lagune erreicht hatte und den Oberkörper zum Trinken beugte, erwachte plötzlich ein Baumstamm, der unauffällig halb im Wasser gelegen hatte, zum Leben.
    Es war ein Krokodil mit einer dicken Panzerhaut und messerscharfen Zähnen in den mächtigen Kiefern. Es schnappte nach dem trinkenden Dinosaurier, hatte aber nicht lange genug gewartet. Der wohlkalkulierte Biß nach dem rechten Vorderbein des Reptils ging um einen Bruchteil daneben, denn der Dinosaurier fuhr so geschickt und schnell zurück, daß die riesigen Kiefer nicht, wie beabsichtigt, das ganze Bein erwischten, sondern lediglich das weiche Fleisch.
    Es gab ein reißendes Geräusch, als das Krokodil einen Streifen Fleisch aus dem Bein riß, während der verwundete Dinosaurier mit einem scharfen, gutturalen Laut auf den Schmerz reagierte. Dann kehrte wieder Stille ein. Wenige Sekunden hörte man noch die Rückzugsgeräusche des Dinosauriers. Das enttäuschte Krokodil verzehrte die recht magere Mahlzeit, die es sich geschnappt hatte, tarnte sich anschließend wieder als liegender Baumstamm, und das kleine Pelztier wandte seine Aufmerksamkeit von neuem der Wasserfläche der Lagune zu.
    Doch seine Aufmerksamkeit galt dem falschen Objekt, denn plötzlich spürte es in panischem Schrecken Flügel über sich am dunkelnden Himmel und konnte sich noch im letzten Moment hinter einen Ginkgobaum werfen, wo es sich flach an die Erde drückte und den Atem anhielt, während ein riesiges fliegendes Reptil herabstieß und sein Ziel mit aufgerissenem, mit scharfen Zähnen bewehrtem Schnabel um Haaresbreite verfehlte.
    Immer noch flach an die feuchte Erde gedrückt, sah das kleine Pelztier entsetzt, wie das riesige Reptil in flacher Kurve über die Lagune segelte und in einem Flug, der unter anderen Umständen eine Augenweide gewesen wäre, ans Ufer zurückkehrte. Diesmal schoß es direkt auf das zitternde Pelztier zu, mußte dann aber wegen der Ginkgowurzeln plötzlich abscheren. In Schräglage machte es in der Luft eine graziöse Wendung und stürzte sich auf ein anderes kleines Tier, das sich, von keinem Baum geschützt, neben dem Krokodil versteckt hatte. Geschickt schnappte das fliegende Reptil mit seinem Schnabel zu, packte die Beute, die schrille Angstschreie ausstieß, und trug sie empor.
    Das kleine Pelztier konnte aufatmen. Es war ganz anders als diese großen Reptilien, denn die waren Kaltblüter, während es ein Warmblüter war. Jene legten Eier, aus denen die Jungen ausschlüpften, während die Jungen des Pelztieres lebend geboren wurden. Das Tierchen war ein Pantotherus, eines der allerersten Säugetiere und Urahn späterer Tierarten wie des Opossums, und dieser Sumpf bot ihm nur wenig Schutz. Wieder wagte es sich hinaus, um seinen Beobachtungsposten einzunehmen, und seine Hartnäckigkeit wurde belohnt, denn binnen kurzem entdeckte es, worauf es gewartet hatte.
    Ungefähr dreißig Meter weit draußen im Wasser erschien ein kleiner Buckel an der Wasseroberfläche. Er war nur wenig größer als das kleine Tier selbst, ungefähr fünfzehn Zentimeter im Durchmesser. Er schien frei und ungebunden auf dem

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