Colorado Saga
dieser Farm einfach überwältigt. Das war ja größer als eine ganze Grafschaft in Illinois! Und es war nur gut, daß sie nicht wußten, wie sehr sie noch einmal um dieses Land würden kämpfen müssen.
An jenem Nachmittag des Jahres 1868, an dem John Skimmerhorn seine
zweitausendneunhundertundsechsunddreißig Rinder an die im Entstehen begriffene Venneford Ranch ablieferte, blickte er zufällig über die wimmelnden Langhörner hin, und sein Auge fiel dabei auf Jim Lloyd. Er war jetzt schon mehr Mann als schlaksiger Junge, und Skimmerhorn kam es in den Sinn, daß er als zukünftiger Manager der Crown-Vee-Rinderzucht auch ein paar tüchtige junge Männer brauchen würde.
Er gab also seinem Pferd die Sporen und ritt zu Oliver Seccombe, der die neuen Langhörner betrachtete: »Mr. Seccombe«, sagte Skimmerhorn, »wenn Sie das
Land einmal haben... «
»Ich habe schon eine ganz beachtliche Menge. Während Sie auf dem Trail waren, habe ich auch nicht auf der faulen Haut gelegen.«
»Haben Sie soviel bekommen, wie Sie vorhatten?« »Noch viel mehr.«
»Dann werden Sie ein paar vertrauenswürdige Männer brauchen. Es gibt da keinen besseren als den Jungen da drüben.«
Skimmerhorn winkte Jim, er möge zu ihnen herüberkommen. Seccombe war überrascht, wie jung er war. »Du bist doch noch ein Kind!«
»Wenn Sie eine Rinderherde von Jacksboro quer durch den Llano treiben«, sagte Skimmerhorn, »dann sind Sie kein Kind mehr.«
Seccombe schüttelte den Kopf, aber Skimmerhorn fuhr fort: »Dieses Kind hat gegen die Kansas-Gangster gekämpft und einen Häuptling der Comanchen getötet.«
»Wirklich?« sagte Seccombe ungläubig. »Teufel, der kann doch nicht älter sein als vierzehn.«
»Wenn wir Ihre Rinder sicher bis hierher gebracht haben«, antwortete Skimmerhorn, »dann verdanken wir das nicht zuletzt der Tapferkeit dieses Jungen.« »Gekauft«, sagte Seccombe.
Als Jim Lloyd zum ersten Mal den ungeheuren Besitz abritt, mit dem er sein weiteres Leben lang verbunden sein sollte, war er tief beeindruckt. Eines Morgens ritten er und Skimmerhorn in westlicher Richtung aus, um festzusetzen, wo Line Camps - Außenposten -notwendig sein würden. Ein Falke flog vor ihnen, hoch im Himmel sein wildes »Skriiii, Skriiii« rufend. Skimmerhorn war der Auffassung, man würde Außenposten brauchen, wenn die Ranch wirklich funktionieren sollte, jeder mit einer Holzhütte, in der sechs Männer schlafen konnten, und mit einem gemauerten Pferdestall. Er wollte sie von Osten nach
Westen numerieren. Vor einer öden, verlassenen Ecke im Norden der Kreideklippe sagte er: »Hier machen wir Line Camp Fünf.« Das Lager würde die Berge im Rücken und vor sich die unermeßliche Weite der offenen Prärie haben. Er steckte an einer geschützten Stelle die Grundfläche ab; Jim sollte später die Bauarbeiter hierherführen. »Du wirst leicht herfinden«, meinte Skimmerhorn, »wenn du dich an die kleine Felsnase am Hang dieses Berges da drüben hältst.«
Camp Vier wollte Skimmerhorn nahe an der Trasse der neuen Union-Pacific-Bahnlinie anlegen. Aus diesem Grund mußten sie hinüber ins Territorium von Wyoming. Anfangs sah es dort auch nicht anders aus als in Colorado. Doch eines Abends entdeckten sie in der Ferne ein Wäldchen von niedrigen Piniennußbäumen, die sich hier trotz Wind und Dürre angesiedelt hatten; die offene Prärie war mit dunkelgrünen Punkten übersät. Die Bäume waren vom Wind verbogen und wurden nicht sehr hoch; und da sie auch nur spärlich dastanden, konnte man von einem Wald eigentlich nicht reden.
»Ein schöner Ort für ein Camp«, nickte Jim; aber Skimmerhorn war sich noch nicht sicher, denn gerade, als die Sonne unterging, entdeckte er im Westen etwas, das seine Aufmerksamkeit erregte.
Vor Sonnenaufgang waren sie wieder im Sattel, und als die Sonne am Himmel stand, kamen sie in eine hügelige, mit Piniennußbäumen bestandene Landschaft, von zerfurchten Felsspitzen gekrönt, die wie die sieben Zwerge aus »Schneewittchen« aussah. Auf einem windgeschützten Südhang, mit Blick über die unendliche Prärie, steckte Skimmerhorn den Ort für Line Camp Vier ab.
»Alle Cowboys werden sich um den Dienst hier oben reißen«, sagte er voraus. »Aber nicht deshalb, weil es hier so schön ist.« Während er noch sprach, hörte man im Norden den Pfiff der Union Pacific, und
Skimmerhorn lachte. »Wenn wir dieses Camp hier bauen, werden wir alle Hände voll zu tun haben, die Männer davon abzuhalten, ständig in
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