Colorado Saga
tuschelten die Mitglieder des Komitees den anderen zu: »Wir haben unseren Mann gefunden«, und die Frau des Bankiers drängte sich in die ihn umstehende Gruppe und bestand darauf, daß er nachher mit ihnen zu Abend essen solle. Er nahm die Einladung an, mit einem Lächeln, das nichts Öliges an sich hatte.
Das Gebet, mit dem er den Gottesdienst begann, sprach er mit fester Stimme; als das erste Lied gesungen wurde, erklang seine Stimme kräftig, nicht zu laut, aber in der richtigen Tonhöhe. Männer, die sich schon Sorgen gemacht hatten, ob es wohl gelingen werde, einen geeigneten Pfarrer zu finden, machten sich bereit, diesmal mit besonderer Großzügigkeit zu spenden; aber dann fing Bluntworthy zu predigen an, und alles war im Eimer. »Die Worte der Heiligen Schrift, die ich heute gewählt habe, gehen dem Herzen jedes Christen nahe, denn diese Stelle zeigt besser als jede andere den wahren Geist unseres Herrn. Sie stammt passenderweise aus dem letzten Kapitel des letzten Evangeliums, Johannes 21.«
Ein Rancher in der ersten Reihe, der seine Bibel kannte, murmelte: »Das darf nicht wahr sein!« Aber Reverend Bluntworthy trug mit fester, klarer Stimme bereits die frohe Botschaft vor: »Jesus sprach zu Simon Petrus... weide meine Lämmer.« Ein Flüstern ging durch die Bänke. »Er sprach zu ihm... weide meine Schafe.« Skimmerhorn und Lloyd sahen einander verblüfft an. »Und zum dritten Male sprach er... weide meine Schafe.«
Nach diesem unglücklichen Beginn stürzte sich Bluntworthy in ein glühendes Preislied des Schafes als Symbol des Menschen, Jesus als Schafhirten und der Welt als einer großen Wiese, auf der die Gerechten es als ihre hohe und heilige Aufgabe ansahen, dem Gebot »Weide meine Schafe« zu folgen. Wenigstens fünfzehnmal verwendete Bluntworthy diese
Aufforderung, seine Stimme immer mehr hebend, bis er am Ende seiner Predigt jeden anwesenden Mann beschwor, hinzugehen und Schafhirte zu werden.
Ein so dürftiges Ergebnis hatte bisher noch keine Sammlung in der Union Church gezeitigt, und beim abschließenden Lied war nur mehr die Stimme des Priesters zu hören.
Es war in Colorado Sitte, daß das Komitee neben dem Pastor am Ausgang stand, wenn die Gemeinde die Kirche verließ: diesmal aber weigerten sich drei Mitglieder der Kommission. »Der Mann muß den Verstand verloren haben«, sagte der eine, und sein Nachbar knurrte: »Schlauerweise hätte er statt
Johannes 21 lieber Exodus 22, Vers 1 verwenden sollen, wo Gott sagt, wenn einer aus Seinem Volk einen Ochsen stiehlt, dann muß er fünf Ochsen zurückgeben; aber wenn er ein Schaf stiehlt, braucht er nur vier zurückgeben. Gott hat den Unterschied begriffen.«
Die Frau des Bankiers sandte einen Jungen zu Skimmerhorn und Lloyd mit der Botschaft, daß ihr Gatte nach Denver fahren müsse und sie daher nicht in der Lage sei, Hochwürden zum Abendessen bei sich zu empfangen, und mindestens die Hälfte der Gemeinde verdrückte sich durch eine Seitentür, um nicht dem Besucher die Hand geben zu müssen, der allein stehengelassen wurde und die Welt nicht mehr verstand.
Endlich erbarmte sich Jim Lloyd seiner und stellte sich neben ihn, so daß wenigstens ein Rest von Anstand gewahrt blieb; aber als alle anderen fort waren, stand Jim mit dem verblüfften Geistlichen allein da. »Gehen wir ins Hotel essen«, sagte Jim. »Sie können dann den Abendzug noch erreichen.«
»Ich hatte eigentlich gehofft, mit... «
Jim spürte, daß er dem Mann eine Erklärung schuldete. Während also das Essen aufgetragen wurde und mehrere Rancherfamilien vernichtend auf den
Gast starrten, sagte er: »Unser Herr mag vielleicht etwas für Schafe übrig haben, aber das hier ist Rinderland.«
Bei diesen Worten wollte Hochwürden Bluntworthy gerade einen Bissen in den Mund stecken, aber der rechte Arm fror ihm in der Luft ein. Sein Gesicht überzog zuerst ein Ausdruck der Verblüffung, dann des schmerzlichen Begreifens. Er legte die Gabel auf den Teller und sagte: »Ich habe keinen Appetit, ich glaube, mir wird schlecht. Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen.«
»Sie können sich in Ihrem Zimmer ausruhen«, sagte Jim, »der Fünf-Uhr-achtunddreißig-Zug kommt aus dieser Richtung.«
Auch die Crown-Vee-Herefords hatten einen Nachteil, den alle amerikanischen Herefords aufwiesen: das Hinterteil war zu schmal, sie hatten Katzenschinken. Wo immer Hereford-Männer sich mit anderen Rinderzüchtern trafen, vor allem mit Leuten, die Black Angus züchteten, da
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