Colorado Saga
gut gelaufen wäre, bis er die Rede auf die Scheidung gebracht hätte.
»Soviel ich weiß, ist sie nicht geschieden«, sagte Kilbride.
Jim spielte mit seiner Kaffeetasse und bemühte sich, die Szene noch einmal genau durchzugehen. »Ich habe von Scheidung geredet... habe gesagt, sie sollte zu Gericht gehen...«
»Aha«, sagte Kilbride, »dann ist ja alles klar.«
»Wegen des Gerichts?«
Der Ire wollte nicht recht mit der Sprache heraus, aber Jim streckte die Hand aus und packte ihn am Handgelenk. »Hat sie jemals was mit dem Gericht zu tun gehabt?«
»Nur das eine Mal... der Richter gab ihr ein Jahr.« »Was? Ein Jahr? Ein Jahr Gefängnis?«
»Sie konnte nichts dafür. Das hat sogar der Richter zugegeben. Schuld war eigentlich dieser Harrigan, der sie die ungedeckten Schecks kassieren ließ.«
»Wo ist der Schuft?« fragte Jim und griff automatisch an seinen Gürtel, als hätte er noch immer Mule Canbys Colt dort stecken.
»Er hat sich abgeseilt... und sie mußte sitzen.«
»Im Gefängnis!« rief Jim so entsetzt, als hätte das Urteil ihn getroffen. »Mein Gott! Ich muß sie finden.«
Er war schon auf dem Weg zur Tür, da sagte der Ire ruhig: »Junger Spund! Trinken Sie Ihren Kaffee aus.« Und als Jim zu seinem Sitz an der Theke zurückkehrte, beugte sich der alte Mann zu ihm hinüber: »Ich habe in meinem Leben schon allerhand Leute gesehen, und ich habe eines dabei gelernt: Wenn ein Mädchen es sich in den Kopf setzt davonzulaufen, dann kann kein Mann auf der ganzen Welt sie davon abhalten. Ich habe Clemma nicht in meinem Restaurant halten
können, und Sie werden sie nicht in Ihrem Bett halten
können.«
Während Kilbride redete, hatte Jim, abgespannt und durcheinander, wie er war, die Vision einer
eigensinnigen jungen Frau mit hohen Backenknochen und eckigem Kinn, wie sie über die Prärie hetzte, als ob Krieger eines feindlichen Stammes sie verfolgten und nichts auf Erden sie aufhalten könne. Durchdrungen von einem Schmerz, der so groß war, daß er ihn kaum ertragen, aber auch nicht
Erleichterung suchen konnte, ging er durch die verlassenen Straßen zurück zu seinem Hotel. Dort packte er seine Koffer und nahm den nächsten Zug nach Omaha. Während die Räder durch die Dunkelheit ratterten, wurde er langsam wieder Herr über seine Gefühle. Ich lasse mich nicht länger zum besten halten, versprach er sich. Schließlich ist immer noch die Ranch da. Man weiß nie genug über die Herefords. Ich werde arbeiten, nichts als arbeiten.
Er meinte, endlich einen Ausweg gefunden zu haben, endlich frei zu sein von Clemma. Aber das rhythmische Klappern der Räder erinnerte ihn an ihr neckendes Lachen, und seine Verteidigungsbauten stürzten in nichts zusammen. Sich die Ohren zuhaltend, um das spöttische Lachen nicht hören zu müssen, gestand er sich: Es war meine Schuld. Wenn ich imstande gewesen wäre, sie nach Centennial zurückzubringen... Und als über der Prärie die Morgendämmerung anbrach, sah er in den flammenden Wolken die Gestalt eines indianischen Mädchens, das lachend davonlief.
Nachdem Oliver Seccombe sich erschossen hatte, war seine junge Witwe, die dieser Schritt nicht allzusehr überrascht hatte, vor einer Reihe verwirrender Entscheidungen gestanden: Wo sollte sie leben? Was sollte mit dem Schloß geschehen? Und die wichtigste Frage: Wo nahm sie einen neuen Mann her?
Wie zu erwarten, nahm sich der alte Finlay Perkin ihrer Probleme an. Er schrieb:
»Sie müssen nach Bristol kommen. Die Direktoren werden Ihr Schloß kaufen, dabei vom Preis so viel abziehend, als Sie ihrer Meinung nach ihnen schulden. Was die Ranch betrifft, so möchte ich Ihnen versichern, daß ich zu Skimmerhorn und Lloyd, beide verläßliche und loyale Männer, vollstes Vertrauen habe. Die beiden sind vollkommen in der Lage, auch allein Ihre Interessen wahrzunehmen.«
Ein seltsamer Brief. »Ihre Interessen.« Warum tat er so, als gehörte die Ranch ihr?
Doch als sie in Bristol ankam, verstand sie, was er gemeint hatte. Earl Venneford, jetzt ein uralter Mann, hatte seine Anteile an der Ranch verkauft - bis auf einen großen Block, den er Charlotte, deren Mutter mit ihm verwandt gewesen war, zu übertragen beabsichtigte. Als Charlotte ihm ihre Aufwartung machte, fand sie ihn zum Skelett abgemagert, in einen
Tweedberg verborgen, aber die Augen hatten noch den alten Glanz.
»Du bist ein lebenslustiges Mädchen«, sagte er. »Ich vermache dir
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