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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Mädchen im Gerede war.
    Am besten kannte sie ihn eigentlich aus den Briefen von Finlay Perkin, der die größten Stücke auf ihn hielt. Wie lauteten seine Ausdrücke? »Absolutes Vertrauen vernünftiges, gesundes Urteil großartiger HerefordMann.«
    »Hallo, Mr. Lloyd«, sagte sie, als sie am Corral stand. »Was macht der Bulle?«
    »Er ist großartig, Ma'am«, sagte Jim.
    »So gut, wie Sie erwarteten?«
    »Besser. Er ist... er ist...« Was ist es wohl für ein Wort, das er so verzweifelt sucht, dachte sie, da sagte er: »Er ist so spontan. Er geht von selber los. Das ist ein gutes Zeichen bei einem Bullen.«
    »Jedenfalls hat er keinen Katzenschinken«, sagte sie. Sie unterhielten sich über alles mögliche, und Charlotte war beeindruckt von seinem Wissen. Er war belesen, kannte sich in ökonomischen Fragen aus und hatte selbständige Ansichten. Er hatte einen viel weiteren Horizont als Mr. Skimmerhorn, den die Ranch völlig ausfüllte. Aber sie erkannte auch, daß er ein einsamer Mann war, und daß diese Jahre nicht nur für sie von entscheidender Bedeutung für den weiteren Verlauf des Lebens waren, sondern noch viel mehr für diesen Cowboy. Wenn sie einen neuen Mann fand, so bedeutete das für sie nur wieder einen neuen Lebensstil, für ihn würde eine Frau das Leben selbst bedeuten, es würde bedeuten, daß er zum ersten Mal einen Menschen ganz annahm, und Charlotte kam zu der Ansicht, daß nur sie allein diesen jungen Cowboy aus dem Gefängnis der Einsamkeit, in dem er sich eingeschlossen hatte, befreien konnte.
    Daher sagte sie eines Nachmittags: »Mr. Lloyd, möchten Sie heute mit mir zu Abend essen?«
    »Mit Vergnügen«, antwortete er und erschien Punkt sechs am Tor des Schlosses.
    »Ich hatte eher an acht Uhr gedacht« sagte sie, und er erwiderte: »Ich muß zeitig aufstehen, Ma'am.«
    Sie machte der Köchin Beine, und dann saßen sie zu zweit in der fürstlichen Pracht des runden Eßzimmers. Sie fragte ihn, wie viele Rinder sie jetzt verkauften, das Gespräch wandte sich den Ausnahmetarifen im Frachtverkehr zu, sowie der Möglichkeit, die Rinder mit Rübenblättern zu füttern, sollte jemals ein Mensch hier in dieser Gegend auf die Idee kommen, eine Rübenzuckerfabrik aufzumachen.
    Plötzlich fragte sie: »Ist da noch immer dieses indianische Mädchen?«
    Er wurde rot und sagte: »Ich wollte sie heiraten, aber sie wollte nichts von mir wissen.«
    Es wurde spät, und Jim zog sich zurück, aber am nächsten Tag sah Charlotte ihn an der Laderinne und sagte: »Der gestrige Abend war sehr nett, James. Möchten Sie heute wieder zum Essen kommen?« »Nein«, sagte er, und als sie ihre Enttäuschung zeigte, fügte er hinzu: »Weil ich heute nämlich Sie nach Centennial einladen möchte.«
    Punkt sechs stand ein blitzender, von zwei Stuten gezogener Wagen vor der Tür. Gemütlich fuhren sie in die Stadt und dinierten im Railway-Arms-Hotel, von mehreren Männern aus der Stadt respektvoll gegrüßt, die sich dann allerdings gleich abwandten und darüber flüsterten, wie ungehörig es doch für eine englische Dame sei allein mit einem Cowboy auszugehen.
    Auch Jim war deshalb etwas unruhig. In späteren Jahren fand niemand etwas daran, wenn reiche Erbinnen oder Witwen von Ranchern sich mit Cowboys in der Öffentlichkeit zeigten, aber im Jahr 1889 war ein solches Benehmen beinahe skandalös, und Jim legte größten Wert darauf, daß der Anstand nicht verletzt wurde. Auch daß er zwei Jahre jünger war als Charlotte, beunruhigte ihn, und daß sie mehr Geld hatte als er und mehr zu sagen auf der Ranch.
    In der anderen Waagschale, seine Zweifel mehr als ausgleichend, lagen ihre Schönheit und ihre Liebe für den Westen. Man konnte sich großartig mit ihr unterhalten, sie war jederzeit zu einem Abenteuer bereit, und sie hatte ihr Leben fest in der Hand. Jim kam zu dem Schluß, daß sie wirklich etwas Besseres war, und er beglückwünschte sich selber dazu, daß er ihr Interesse erweckt hatte.
    So unentschlossen verbrachten sie den milden Winter und den Frühling des Jahres 1889, aßen einmal da, einmal dort gemeinsam, arbeiteten miteinander, lasen die gleichen Bücher und prüften die gleichen Rechnungen. Auf diese Weise hätte es noch lang weitergehen können, aber Charlotte war eben siebenunddreißig geworden, und obwohl die Prärie, die sie liebte, noch immer weit und frei war, verlief ihr Leben in immer engeren Kreisen. Bristol kam nicht mehr in Frage, Indien fiel weg, Afrika ebenso. Ihr blieb nur eine Zukunft in

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