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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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antwortete: »Wir müssen ihn zum Bach tragen.« Und seine Mutter, der Verzweiflung nahe, rief:    »Aber dort wird Dumire doch auch
    nachsehen!« Aber Philip beruhigte sie: »Nicht an der Stelle, die ich meine.«
    Als sie den schweren Körper hochzerrten, warnte Philip seine Mutter: »Paß auf, daß er nicht am Boden schleift! Dumire würde die Spuren sofort entdecken. Er sieht alles.«
    Endlich hatten sie den Toten bis zu der Stelle geschleppt, an der der Beaver Creek die große Biegung nach Osten machte. Sie legten ihn flach auf den Boden, und Philip entkleidete sich. Nackt neben seiner Mutter stehend, sagte er: »Jetzt müssen wir ihn in den Fluß schieben«, und sprang mit einem leichten Platsch ins Wasser.
    Allein kam seine Mutter mit der Leiche nur schwer zurecht, aber ihr Sohn gab ihr aus dem Wasser heraus Anweisungen: »Schieb ihn her, Mutter. Näher, damit ich sein Bein erwische.«
    Mutter und Sohn zerrten und schoben. Endlich war die Leiche im Wasser. »Du wirst allein nicht mit ihm fertig«, flüsterte Maude und war nahe daran, die Nerven zu verlieren. Aber ihr Sohn beruhigte sie - ein richtiger Junge wußte so etwas: »Im Wasser sind alle Gegenstände leichter.« In stummer Angst sah sie zu, wie ihr blondlockiger Junge sich mit der Leiche abplagte und sie langsam unter Wasser zerrte.
    Er schwamm auf den Mund jener Öffnung in der Kalksteinböschung zu, die vor sechzigtausend Jahren ein kleiner Biber entdeckt hatte, jener Höhle, die die Bibermutter so sehr geliebt hatte und in der ihre Kleinen herumgetollt waren. Die Höhle hatte sich seit dieser Zeit nicht verändert, war der geheime Ort geblieben, den nur die Biber kannten, bis dieses Kind auf seinen Entdeckungsreisen in die Tiefe sie gefunden und zu seinem Unterwasserschloß ernannt hatte.
    Vom Selbsterhaltungstrieb geleitet, als hätte er damals schon gewußt, daß diese geheime Höhle eines Tages von unschätzbarem Wert für ihn sein würde, hatte er niemandem davon erzählt, nicht einmal Sheriff Dumire, der ihn an diesem Tag gefragt hatte: »War es lustig, das Tauchen im Bach?« Keinem hatte er etwas gesagt. Jetzt hielt er die Luft an, denn der Tote mußte zu der Öffnung heruntergezogen werden. Gegen seinen Sauerstoffmangel ankämpfend, bemühte er sich mit seiner ganzen Kraft, die Leiche in die Höhle zu schieben, aber er war zu schwach. Er mußte auftauchen, nach Luft schnappen, und als er oben war, fragte ihn seine Mutter voll Angst: »Hast du ihn versteckt?« Aber bevor er noch antworten konnte, stieß sie einen Schrei aus, denn die Leiche, deren Lungen noch mit Luft gefüllt waren, war hinter Philip im Wasser aufgetaucht. Anklagend starrte ihr das tote Gesicht entgegen.
    »Ich brauche mehr Luft«, sagte Philip und hielt die Leiche fest, die schon davonschwimmen wollte. »Diesmal... «
    Wieder tauchte er, die treibende Leiche hinter sich herziehend, und diesmal war er mit seinen Kräften besser umgegangen und erreichte den Mund der Höhle in guter Verfassung. Schnell, gewandt und mit größter Konzentration vorgehend, gelang es ihm, den toten Körper durch die Öffnung zu schieben. Er paßte wunderbar in die Höhle; der Rand wölbte sich so weit nach unten vor, daß sie niemals von selber davonschwimmen konnte.
    Mit berstenden Lungen erreichte er die Oberfläche, und diesmal, zur unaussprechlichen Erleichterung seiner Mutter, folgte ihm kein Gesicht im Wasser.
    »Der ist auf ewig versteckt«, sagte Philip, tief Atem holend. Seine Mutter streckte ihm die Arme entgegen und half ihm aus dem Wasser. Er griff nach ihren Händen, zog sich ans Ufer und kleidete sich an. Dabei scharrte er mit dem Fuß Erde über die Stelle, auf der die Leiche gelegen war. »Wenn es regnet, bevor Dumire zu suchen beginnt«, sagte er auf dem Heimweg, »dann werden alle Spuren weggewaschen. Er ist nach Greeley gegangen. Bis er zurückkommt, ist nichts mehr zu sehen.«
    Als sie nach Hause zurückkamen, saß Mervin in dem Zimmer, in dem der Mord geschehen war, Mr. Sorensons schwarze Tasche auf den Knien und ein glückliches Grinsen im Gesicht.
    »Ratet, was ich gefunden habe!« rief er außer sich vor Begeisterung. »Seht euch diese Tasche an!« Und er ließ einen Berg von Fünf- und Zehn-Dollar-Noten durch seine Finger zu Boden rieseln. »Ich habe bis dreitausend gezählt, aber es ist noch mehr da.«
    Die Tasche enthielt fünftausendfünfhundert Dollar. Sorensons gesamte Barschaft, die er nach Colorado mitgebracht hatte, weil er hier bewässertes Land kaufen wollte.

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