Colorado Saga
Jetzt gehörte das Geld den Wendells. »Wir müssen nun«, sagte Maude schnell, die Situation mit einem Schlag überblickend, »dieses Geld sofort verstecken. Nicht einmal einen Dollar dürfen wir davon ausgeben.« Philip war beeindruckt davon, wie kühl seine Mutter überlegen konnte, denn als sein Vater einwendete: »Aber die Scheine können doch nicht markiert sein«, da antwortete sie: »Das sind sie wahrscheinlich nicht. Aber wenn wir jetzt anfangen, mit Geld um uns zu werfen, dann wird Dumire sofort Verdacht schöpfen.«
Bewundernd hörte Philip zu, wie Mutter den Plan vor ihnen ausbreitete, dem die Familie in dieser gefährlichen Lage zu folgen hatte. »Mervin, sieh zu, daß du nach und nach mehr Arbeit am Bahnhof bekommst. Ich werde anfangen, für andere Leute Wäsche zu waschen, und du, Philip, du mußt sehen, ob du nicht vernachlässigte Hinterhöfe findest, die du den Leuten aufräumen könntest.«
Mervin war der Plan zu kompliziert, als daß er ihm hätte folgen können, und er fragte beinahe winselnd: »Warum seilen wir uns denn nicht einfach ab? Warum suchen wir uns nicht einen sicheren Ort in South Dakota?«
»Nein!« entschied seine Frau fest. »Ich habe genug von der ewigen Herumzieherei. Hier in dieser Stadt haben wir eine gute Grundlage gefunden, und die will ich festhalten.«
Erst im Morgengrauen fiel es Mervin ein, zu fragen: »Und was habt ihr mit der Leiche gemacht?« Aber Maude und Philip sahen einander an und schüttelten die Köpfe. »Es ist am besten, wenn wir es niemandem erzählen«, sagte Maude.
Das Glück blieb den Wendells weiter hold, denn am dritten Tag nach Dumires Abwesenheit fing es in der
Nacht zu regnen an, und es regnete gerade so viel, daß alle Spuren verwischt und die Einfassung des Brunnens abgespült wurden. Und auch als der Sheriff zurückkehrte, dauerte es mindestens eine Woche, bis das Verschwinden von Soren Sorenson irgend jemandem aufgefallen war. Zwar hatte er Gepäck im Hotel zurückgelassen, aber er hatte dem Mann beim Empfang mitgeteilt, daß er möglicherweise mehrere Tage abwesend sein würde, weil er Land kaufen wolle. Nach einigen Wochen traf eine Anfrage der Polizei von Minnesota ein, und Axel Dumire begann mit einer offiziellen Nachforschung. Die Bediensteten im Hotel erinnerten sich an Sorenson als einen Schweden mittleren Alters, der freundlich war und reichlich Trinkgelder verteilt hatte. Er hatte das übliche Gepäck mit sich geführt, außerdem noch eine kleine schwarze Tasche, die er immer bei sich trug.
Daraus zog Dumire den Schluß, daß der Mann wahrscheinlich eine größere Geldmenge bei sich gehabt hatte. Ein Telegramm, das er nach Sorensons Heimatstadt abschickte, verschaffte ihm die Gewißheit, daß dieser fünftausendfünfhundert Dollar abgehoben hatte, in der Hoffnung, das beste Stück Land zu bekommen, das es hier zu kaufen gab, wenn er die Moneten in bar auf den Tisch blättern konnte, wie er sich ausdrückte.
Verschiedene Einzelheiten fügten sich nach und nach zu einem Bild zusammen, und Sheriff Dumire hatte bald eine ziemlich klare Vorstellung davon, was mit Sorenson passiert war. Er war nach Centennial gekommen, hatte versucht, Teile von Potato Brumbauchs Farm zu kaufen, und dabei eine Abfuhr bekommen; dann war er zu der Indianerin gegangen, der Witwe von Levi Zendt, und hatte gefragt, ob sie nicht vielleicht Land aus dem Besitz ihres verstorbenen Mannes verkaufen wolle; und wieder hatte er keinen Erfolg.
Darauf war er zu zwei weiteren Farmern mit bewässertem Land gegangen, und die hatten ihm geraten, es bei einem kleinen Farmer östlich von Sterling zu versuchen. Logischerweise hätte man annehmen können, daß er daraufhin nach Sterling gegangen war, aber dafür gab es nicht den kleinsten Hinweis, und langsam begann Sheriff Dumire sich zu fragen, ob Sorenson nicht vielleicht die Bekanntschaft der Wendells gemacht hatte.
Er beobachtete die Familie noch sorgfältiger als sonst, fand aber nicht den geringsten Hinweis. Mervin arbeitete jetzt ganztägig am Bahnhof, Maude wusch Wäsche und nähte hin und wieder etwas für die Damen der Stadt. Auch Philip fand da und dort Arbeit, die Geld einbrachte. Aber für den Sheriff hatte er noch immer Zeit.
»Hat dein Vater einmal Gepäck für einen Schweden ausgeladen?« fragte Dumire eines Tages den Jungen. »Kann schon sein. Mein Vater ladet eine Menge Zeug aus.«
»Hat er jemals von einem Schweden geredet?« »Nein.«
Soviel er die Leute auch ausfragte, Dumire fand keinen Anhaltspunkt
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