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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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wie das Tier sich seinem Griff entwand und freikam. Er blieb auf der Erde liegen, während ein größerer Junge das widerspenstige Weißgesicht überwältigte und wegführte.
    »Pech gehabt, Junge!« rief ein Mann, als Timmy aufstand, sich abstaubte und ohne Kalb den langen Weg zum Ausgang antrat.
    Er setzte sich in eine Ecke der Garderobe und biß sich auf die Lippen, um nicht zu weinen. Er streckte sein kleines Kinn vor und schlug mit der Faust gegen die Holzwand. Ich habe keine Angst gehabt, sagte er sich, fand aber dann keinen Trost. Er hatte ein Kalb gehabt, und es war ihm entwischt.
    »Wenn du weinen möchtest«, sagte eine Stimme, »dann tu's.« Es war der Rodeoreiter, und er setzte sich jetzt zu Timmy und erzählte ihm, wie oft er auf dem Boden gelandet war und das Preisgeld verloren hatte.
    Plötzlich erhob sich draußen ein Geschrei. Der Rodeomann befürchtete, daß einer seiner Freunde von einem Brahma-Stier verletzt worden sein könnte, und lief zum Eingang. Dort blieb er eine Weile stehen und kam dann zu Timmy zurück, der sich immer noch auf die Lippen biß.
    »Das geht dich an, Junge«, sagte der Mann. »Sie rufen nach dir.«
    »Nach mir?«
    »Jawohl Raus mit dir!« Und er führte Timmy in die Arena zurück, wo sich wieder ein großes Geschrei erhob. Verwirrt stand er da, immer noch bemüht, seine Tränen zurückzuhalten.
    Dann hörte er die Lautsprecher dröhnen und fühlte das Licht der Scheinwerfer in seinen Augen. »Weil du so tapfer gekämpft hast, Timmy Grebe, erkennt dir Mrs. Charlotte Lloyd von der Crown-Vee-Hereford-Ranch auch ein Kalb zu.« Ungestümer Jubel brach los, als ein munteres Weißgesicht hereingeführt wurde. »Nimm es mit heim, Timmy. Du hast es dir verdient.« Tausende Menschen jubelten, als der kleine Junge mit dem Kalb durch die Arena wanderte, und als er zum Ausgang kam, wartete dort der Rodeoreiter, um ihn zu beglückwünschen. »Ich werde es Rodeo nennen«, sagte Timmy.
    Timmys Erfolg gab den leidgeprüften Bewohnern von Line Camp ein Gesprächsthema, aber er brachte den Grebes kein Geld. Die Rettung sollte von einer ganz unerwarteten Seite kommen. Der Fahrer des Schulbusses erlitt einen Eingeweidebruch, um seine Familie ernähren zu können, hatte er drei Jobs zugleich übernommen. Vorübergehend wurde Ethan Grebe zum Fahrer bestellt, das Gehalt war minimal, aber er wurde in bar bezahlt, und damit konnte die Familie sich doch mehr Essen kaufen.
    Es tat Alice und Earl weh, von ihrem Sohn Geld nehmen zu müssen, das er für das College hätte zurücklegen sollen, aber Earl tröstete Alice: »Es ist eine verrückte Zeit, und wir müssen uns ihr anpassen. Es wird schon wieder der Tag kommen, wo wir Weizen ernten.«
    Aber nicht in diesem Jahr. Die Staubstürme dauerten an, und Timmy mußte eine Art Schuppen anbauen, weil Rodeo sonst erstickt wäre. Zäune waren besonders anfällig. Der Sturm fegte Massen von Steppenläufern über die Felder, die dann an einem Zaun hängenblieben, beim nächsten Sturm fing sich so viel Staub an dem Unkraut, daß die Zäune verschwanden und das Vieh meilenweit umherirrte. Was Alice Grebe am meisten zu schaffen machte, das war das schreckliche Heulen des Windes, wenn er über die Prärie brauste. Das grelle Pfeifen brachte sie an manchen Tagen fast zur Verzweiflung. Vesta fürchtete, sie könnte einen Nervenzusammenbruch erleiden, und machte den Vorschlag, sie nach Denver zu schicken. Earl wäre damit einverstanden gewesen, doch die Grebes hatten kein Geld. Von Ethans paar Dollar abgesehen, hatten sie buchstäblich kein Geld, und während der Sommerferien wurde Ethan beurlaubt.
    Und dann war Alice wirklich am Ende. Die Erde war dürr und aufgebrochen an jenem sehr trockenen Augusttag, als sie ein sonderbares Geräusch aus der Umgebung ihrer jüngsten Tochter Betsy hörte. Sie lief in den Hof hinaus, weil sie sich nicht vorstellen konnte, was es damit auf sich haben konnte, und sah zu ihrem Entsetzen eine riesige Klapperschlange, die auf der Suche nach Wasser aus den Bergen gekommen war. Sie befand sich nur wenige Meter von dem Kind entfernt, ein riesenhaftes Tier, fast zwei Meter lang und sehr dick, mit einem scheußlichen Kopf und einer schwarzen Zunge. Ihre dunkle Haut war narbig, und ihre Schwanzrasseln klapperten. Vor Alices Augen bewegte sie sich auf das Baby zu.
    Sie konnte auch später nicht erklären, woher sie den Mut nahm, aber sie packte eine Hacke und schob sich zwischen Kind und Schlange. Mit ungelenken Hieben drängte sie das

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