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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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unterbrach sie ihre Arbeit und begutachtete das Resultat. Auf und ab schwamm sie im Bach und stellte fest, daß überall das eindeutige Signal empfangen wurde, die Warnung an alle Eindringlinge:
    Dieses Stück Bach gehört einem Biber, der die Absicht hat, es zu behalten!
    In diesem Sommer wurde sie zu einem überaus tüchtigen Weibchen, das sich energisch die Dinge verschaffte, die ihm erstrebenswert erschienen. Die Kalksteinhöhle wurde nicht nur eine Zuflucht, sondern darüber hinaus ein in jeder Hinsicht zufriedenstellendes Heim. Sie baute drei geheime Fluchtwege, von denen einer vom Bachufer aus gute sechs Meter landeinwärts führte, so daß sie im Falle eines Überfalles durch einen Bären oder Wolf sofort hineinschlüpfen und nach Hause zurückkehren konnte, bevor das Raubtier merkte, wohin sie verschwunden war.
    Ihr Lebenszyklus war jedoch immer noch nicht vollständig. Allein wollte sie weder Damm noch Burg bauen, brauchte es natürlich auch nicht, denn beides war hauptsächlich für die Aufzucht von Jungen notwendig. Sie selbst konnte durchaus in der Kalksteinhöhle leben, ohne einen Dammbau mit einem männlichen Gefährten aber war und blieb sie eine Ausgestoßene.
    Diese Tatsache hinderte sie jedoch nicht daran, sich stets sorgfältig zu pflegen. Jeden Tag, wenn die Sonne sich neigte, hockte sie am Ufer, überwachte ihr Territorium und putzte sich gründlich. Das bewerkstelligte sie mit Hilfe zweier seltsamer Zehen an jedem ihrer Hinterbeine. Die Nägel dieser Zehen waren so gespalten, daß sie kleinen Kämmen glichen, mit denen sie ihren Pelz strählte, bis auch die kleinste Unebenheit beseitigt war. Dann nahm sie Öl von ihrem Körper, strich es sorgfältig überall an ihre Behaarung und kämmte es gründlich in den Pelz, bis er in schimmernder Schönheit glänzte. Kein Lebewesen sah oder lobte diese Pflege, aber bevor sie dieses Ritual nicht beendet hatte, konnte sie einfach nicht schlafen gehen.
    Dann jedoch, im Frühherbst, als sie schon jede
    Hoffnung auf einen Gefährten aufgegeben hatte, kam ein schäbig aussehender, ungefähr siebenjähriger Biber, der seine Familie durch irgendeine Katastrophe verloren hatte, den Fluß heruntergewandert und bog zufällig in ihren Bachlauf ein. Er war alles andere als ansehnlich, ja eigentlich war er nicht einmal akzeptabel, denn über seine linke Gesichtshälfte lief eine klaffende Wunde, und außerdem hatte er die beiden Zehen am linken Hinterfuß verloren, die er für seine Körperpflege brauchte, so daß er einen verwahrlosten Anblick bot.
    Als er den Creek hinaufwanderte, entdeckte er die Markierungen und wußte sofort, daß hier ein grober Schnitzer gemacht worden war. Die Stelle wirkte zwar sehr einladend, doch jedes Hochwasser im Fluß würde ein Bauwerk hinwegschwemmen. Suchend sah er sich nach der Familie um, der dieser Wohnplatz gehörte, um sie vor der Gefahr zu warnen, und sah nach einiger Zeit auch den Kopf der Besitzerin auftauchen. Mißtrauisch kam sie näher geschwommen und hielt Ausschau nach der Gefährtin des Fremden, während er wiederum auf ihr Männchen wartete. Sekundenlang herrschte bewegungslose Stille. Er war müde, und der Winter stand vor der Tür.
    Der Neuankömmling war es dann auch, der das Schweigen brach. Mit seinen Gesten und den Bewegungen seines Schwanzes deutete er an, daß dies keine geeignete Stelle für den Bau eines Dammes sei.
    Mit trotzigem Hochwerfen ihres Kopfes erklärte sie ihm, daß sie nun einmal hier sei und auch hier bleiben werde. Dann führte sie ihn unter Wasser zum Eingang ihrer geheimen Höhle, zeigte ihm die Fluchtwege und erläuterte ihm, wie sie die Höhle mit der Burg und dem Damm zu verbinden gedachte. Doch auch jetzt war er noch nicht zufrieden und führte sie, als sie wieder auftauchten, zu einem weitaus sichereren Platz Woraufhin sie empört zu schnattern und mit dem
    Schwanz zu schlagen begann und, als er ihr Territorium verließ, voller Verachtung in ihr Heim zurückkehrte.
    Am nächsten Morgen war er wieder da und deutete ein wenig zögernd an, daß sie ihn begleiten dürfe, falls sie bereit sei, den Damm an einer geeigneteren Stelle zu bauen.
    Wieder beschimpfte sie ihn, protestierte wütend, schnappte sogar nach ihm und verjagte ihn aufgebracht aus ihrem Reich, und am selben Nachmittag noch erschien er schweigend mit einem Espenzweig zwischen den Zähnen. Er tauchte auf den Bachboden, befestigte den Zweig mit Schlamm und legte so den Grundstein zu ihrem neuen, gemeinsamen Heim.
    Inzwischen war

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