Colorado Saga
mit hastigen, wischenden Bewegungen auf eine Weise aus, daß der Fluß und sein kompliziertes Lageverhältnis nicht mehr zu sehen waren.
»Da haben Sie Ihr Aquifer«, sagte er. »Unterirdisch und unsichtbar. Als der Platte sich vor vier Millionen Jahren sein Bett in den Sand grub, der von den Rockies abgelagert worden war, gab es diesen undurchlässigen Sockel aus Schieferton und Kalkstein. Darauf befanden sich außerordentlich durchlässige Sand- und Schotterlager in einer Stärke von bis zu fünfundsechzig Meter und, wie Sie sehen können, bis zu zehn Meilen breit. Dieses Reservoir blieb Millionen Jahre lang unberührt und wurde im Verlauf der Zeit von verschiedenen Mutterböden bedeckt. Jetzt bildet es eine Art Linse, deren Zwischenräume mit Wasser gefüllt werden können. Es ist in Wirklichkeit ein massives unterirdisches Reservoir und fungiert als Ausgleich für das ganze Flußnetz des Platte.«
Die Lichter erloschen, und mehrere Diapositive illustrierten, wie dieses geheimnisvolle Phänomen funktionierte. Während Garrett die verschlungenen Wege des Wassers verfolgte, das in das Aquifer hinuntersickerte und dann durch Quellen und Brunnen und Filteranlagen wieder nach oben drängte - das konstante, lebenserhaltende Kommen und Gehen des Wassers -, mußte er an den alten Potato Brumbauch denken, der sein Leben lang auf diesem riesigen Reservoir gesessen war, ohne sein Vorhandensein zu ahnen oder gar seine Funktion zu begreifen. Er hatte alle Geheimnisse erforscht, außer dem wichtigsten.
»Wir müssen im Aquifer das permanente unsichtbare Gegenstück des sichtbaren Flusses erblicken. Hätten wir es in Frieden gelassen, es würde uns für alle Zeiten gedient haben. Doch unglücklicherweise haben wir vor einigen Jahren begonnen, es anzubohren, und jetzt befindet es sich in großer Gefahr.«
Dr. White zeigte nun Bilder, auf denen man sehen konnte, wie Paul Garrett und andere Rancher tiefe Brunnen ins Aquifer gebohrt und ihm Millionen Liter entzogen hatten, die im unterirdischen Reservoir hätten bleiben sollen.
»Diese Erfindung«, fuhr sie fort und ließ die Fotografie einer ausgeklügelten Bewässerungsmaschine auf der weißen Wand aufleuchten, »hat dem Platte mehr geschadet als alles andere, denn sie hat das Aquifer so gut wie zerstört.«
Das Bild zeigte ein flaches, baumloses, offenes Weideland. In der Mitte stand ein Stahlgerüst auf Rädern mit Selbstantrieb. Es erhielt Strom und Wasser, bewegte sich in einem endlosen Kreis und verteilte durch an der Spitze angebrachte Düsen einen feinen Sprühregen. Vierundzwanzig Stunden im Tag konnte dieser Turm kreisen und ein enormes Gebiet bewässern.
Das war aber noch nicht alles. Acht bis dreizehn solcher Gerüste, jedes mit seinem eigenen Motor, ließen sich zu einer Reihe zusammenschließen und rotierten dann mit einer bestimmten Geschwindigkeit. Sie bildeten einen gewaltigen Arm von einer Viertelmeile Länge und bewässerten ein Gebiet von einhundertfünfundzwanzig Morgen. Das waren die magischen Kreise, die ich auf meinem ersten Flug in Garretts Maschine gesehen hatte.
Der Saal wurde hell. »Das ist also unser Aquifer. Es ist in Gefahr. Unser gegenwärtiger Bedarf beansprucht es in hohem Maß, aber der zukünftige droht es zu erschöpfen. Zu diesem Punkt hat Detlev Schneider ein paar Neuigkeiten für Sie.«
Schneider, der in Oxford Demographie studiert hatte, war ein kräftiger Mann mit ausgeprägtem Sinn für Humor. »Tja, das ist ein hübsches kleines Problem«, begann er. »Weil Colorado ein so beliebter Staat ist, möchten jährlich fünfzigtausend Menschen hierher ziehen. Wir würden sie gern willkommen heißen, aber wir haben nicht genug Wasser. Und im Staat selbst sind es an die zwanzigtausend Farmer, die den Wunsch verspüren, sich in Denver niederzulassen. Liebend gern würden wir sie hier begrüßen, aber -kein Wasser. Wir haben auch Dutzende von Industrien, die ihr Hauptquartier hier aufschlagen möchten. Die Herren Direktoren lechzen danach, mit ihren Skiern die Gegend unsicher zu machen, und wir könnten ihre Steuerdollar gut gebrauchen. Aber wir haben einfach kein Wasser für sie.«
Harry Welch unterbrach ihn, um darauf hinzuweisen, daß ein Gesetzesantrag eingebracht worden war, wonach es Bürgern anderer Bundesstaaten fortan nicht erlaubt sein sollte, nach Colorado zu übersiedeln. »Wir werden Kontrollpunkte an den Grenzen einrichten und sie einfach zurückschicken«, meinte er.
»Völlig ungesetzlich«, antwortete Schneider. »Jeder
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