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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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gedehnt, so daß die Spitze in den entstehenden Raum zwischen zwei Nackenwirbeln eindringen und das Rückenmark durchstoßen konnte. Das Mammut tat noch einen unsicheren Schritt vorwärts und fiel dann tot um. Kaum einmal bei hundert Versuchen gelang es dem Jäger, mit seinem Speer diese tödliche Stelle zu treffen, gewöhnlich war das Töten eines gejagten Tieres ein endloser Prozeß von Stichen in die Flanken, von Hetzen und Bluten, der sich über zwei bis drei Tage hinzog. Dies aber war ein Glückstreffer gewesen, und die Männer brüllten vor Begeisterung.
    Beinahe zwölftausend Jahre später sollte das Skelett dieses Mammuts nicht weit von Centennial ausgegraben werden, und eingeklemmt zwischen zwei Halswirbeln fand man diese Speerspitze, den unwiderlegbaren Beweis dafür, daß es in Amerika nicht erst vor dreitausend Jahren Menschen gegeben hat - wie vor dieser Entdeckung häufig angenommen wurde -, sondern schon seit viel längerer Zeit. So ist die an jenem Tag von dem gewissenhaften Feuersteinschläger hergestellte Clovis-Spitze zu einem Hauptbeweismittel für unsere Geschichtsschreibung geworden.
    Von solchen Menschen stammt der Indianer ab. Im Laufe der Jahrhunderte machte die aus Asien stammende Urrasse zahlreiche Mutationen durch - je nach dem Landesteil, in dem sich die einzelnen Gruppen niederließen, und nach der Beschaffenheit der Natur, die sie dort vorfanden. Ein großer Stamm lebte zum Beispiel mehrere Jahrhunderte lang in den
    Rocky Mountains westlich der Rattlesnake Buttes. Dort teilte sich der Stamm. Die unternehmungslustigere Hälfte zog nach Mexiko, wo sie die Aztekenkultur hervorbrachte, die weniger abenteuerlustige Hälfte blieb zu Hause und wurde zu einem der ärmsten und kulturell am wenigsten entwickelten Indianerstämme, die wir kennen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß beide Gruppen früher einmal die gleichen Chancen gehabt haben, denn sie sprachen beide dieselbe Sprache und müssen zu ein und demselben Stamm gehört haben, die ungemein begabten mexikanischen Azteken und die dunkelhäutigen Ute von Colorado.
    Ein anderes Beispiel. In Kalifornien standen zwei Gruppen eines Stammes vor einer schicksalhaften Wahl. Die eine wandte sich wenige Meilen nach Osten und fand dort den Weg bis hinunter nach Peru, wo sie die mächtige Kultur der Inka gründete, die andere wandte sich wenige Meilen nach Westen und landete auf der dürren Halbinsel Baja California, wo ihre Mitglieder mühsam ein elendes Leben fristeten, ohne auch nur das Geringste hervorzubringen, was man als Kultur bezeichnen konnte. Von den prähistorischen Menschen, von denen die Clovis-Spitzen stammen, spaltete sich eine ansehnliche Gruppe ab, deren Sprache sich von allen anderen unterschied und die sich selbst »Unser Volk« nannte. Die Arapaho, die östlich des Mississippi gute Lebensmöglichkeiten fanden. Um etwa 500 n. Chr. zogen sie westwärts und ließen sich in den Wäldern des nördlichen Minnesota nieder. Von dort aus wanderten sie um das Jahr 1100 noch weiter westwärts bis in die nördlichen Ebenen und nach Dakota, und irgendwann im späten achtzehnten Jahrhundert machten sie sich nach Süden auf.
    Die Arapaho - das war der Name, den ihnen die anderen Stämme gegeben hatten - waren hochgewachsene, schlanke Indianer mit einer alten Tradition. Die Männer waren tätowiert. Mit Hilfe von
    Kaktusstacheln trieben sie Asche in ihre Haut - drei Muster quer über die Brust -, und wenn sie sich in Beratungen mit anderen Stämmen zu erkennen gaben, pflegten sie »Unser Volk« zu sagen und dabei mit den Fingerspitzen auf ihre Brust zu klopfen.
    Sie glaubten an den »Mann-Oben« und verließen sich im Kampf auf das »Flachrohr«, das geheiligte Totem ihres Stammes, ein abgeflachtes Stück Rohr, das ständig von einem Verwahrer bewacht und von den Stammesangehörigen verehrt wurde, ähnlich der Bundeslade der alten Israeliten. Das Flachrohr war von lebenswichtiger Bedeutung, denn die Arapaho waren auf allen Seiten von Feinden umgeben und wären ohne seinen Beistand längst schon ausgerottet worden.
    Im Jahre 1756 hatte sich eine Splittergruppe der Arapaho versuchsweise in der Gegend zwischen dem südlichen und dem nördlichen Platte niedergelassen. Und wie schon so oft in der Überlieferung des Stammes sahen sie sich einer drängenden Notlage gegenüber. Die benachbarten Indianerstämme hatten Pferde, bald würden sie auch Gewehre haben. Die Arapaho hatten keines von beiden.
    An seinem neunten Geburtstag wurde der Lahme Biber

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