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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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verbreitete sich schräg nach unten, und ein wunderschöner, blattförmiger Splitter, so lang wie seine Hand, sprang von der Außenfläche des Kegels ab. Der Mann legte den Hammer hin, hielt die flache Scheibe gegen das Licht und überzeugte sich, daß sie keinerlei Bruchlinien aufwies. Ihre Ränder waren so scharf, daß man sie auch als Messer hätte benutzen können, damit sie aber zur Speerspitze wurde, mußte er sie noch weiter bearbeiten.
    Was nun geschah, versetzte selbst den Lehrling in Staunen. Mit raschen Schlägen, das Kernstück drehend, so daß immer wieder eine andere Stelle exponiert wurde, splitterte er mit seinem Hammerstein ein perfektes Steinblatt nach dem anderen ab. Dann hielt er inne, arbeitete langsam einen neuen Vorsprung heraus, der seine Hammerschläge auffangen mußte, und begann dann wieder mit seinem Schlagwirbel. Neunzehn lange, blattförmige Splitter ergab der Kern, jeder einzelne so scharf, daß man ein Mammut damit zerlegen konnte. In seiner linken Hand hielt er den Rest, der, zu klein, um weitere Splitter herzugeben, als unbrauchbar beiseite geworfen wurde.
    Er legte den Hammerstein hin, warf den Kopf zurück und zwinkerte seinem Lehrling zu. »Gut - was?« Die beiden hoben die Splitter auf, und der Feuersteinschläger untersuchte jeden einzelnen sorgfältig. Drei schied er als nicht gut aus, die übrigen sechzehn jedoch schienen ihm recht vielversprechend. Kunstvoll bearbeitet, konnten sie Meisterstücke werden. Er legte sie ordentlich in eine Reihe und rief dann den Stamm herbei, um seinen Gefährten zu zeigen, wieviel Glück er an diesem Tag gehabt hatte. Die Jäger betrachteten die zukünftigen Speerspitzen und prüften sie mit Genugtuung. Einer der Männer, der mit dem Speer bereits mehrere Mammuts getötet hatte, griff nach einem Splitter und rief: »Das ist für mich!« Der Feuersteinschläger nahm ihn, begutachtete ihn von allen Seiten und antwortete: »Ich will's versuchen.«
    Als die Feuersteine genügend bewundert worden waren, nahmen der Handwerker und sein Lehrling die zweite Phase in Angriff, die schwierige Aufgabe, diese scharfkantigen Scheiben zu wirksamen Geschossen zu verarbeiten. In die linke Hand nahm der Steinschläger ein handtellergroßes Stück Mammuthaut, diese Schutzmaßnahme war nötig, weil die scharfen Kanten ihm sonst die Hand aufgeschnitten hätten.
    Den Hammerstein legte er beiseite und nahm statt dessen sein zweites Werkzeug zur Hand, ein klug ersonnenes Gerät, das aus einer Geweihsprosse gemacht worden war. In der Form glich es einem kleinen Bumerang, nur daß sich an dem Winkel, wo sich die beiden Arme trafen, ein eiförmiger Buckel befand. Das war der Hammer, mit dem er die Speerspitze verformte. Der Steinschläger mußte seinen Hammer mit beträchtlicher Kraft und aus beträchtlicher Entfernung schwingen und dennoch ganz genau darauf achten, daß ein ganz bestimmter Punkt des Hammers einen ganz bestimmten Punkt am Rand des Feuersteins traf. Gelang ihm das, dann splitterte ein gebogenes Stück Stein, das rings um die Fläche einer Seite lief, von der blattähnlichen Speerspitze ab. Es war eine Aufgabe, die unglaubliche handwerkliche Geschicklichkeit verlangte.
    Nun war er für die dritte Phase bereit. Der ehemalige Steinsplitter besaß nun beinahe seine endgültige Form, bevor die Speerspitze jedoch fertig war, bedurfte es weiterer Präzisionsarbeit. Nachdem er den Hammer beiseite gelegt hatte, nahm er eine an einem Ende wie die Spitze eines kleinen Fingers gerundete Ahle, die aus einer einzigen Sprosse eines Hirschgeweihs hergestellt war.
    Die beinahe vollendete Spitze in der von der Mammuthaut geschützten linken Handfläche haltend, setzte er die Sprosse an winzige Unebenheiten an ihrem Rand an und splitterte durch starken, aber kontrollierten Druck kleine Steinfragmente ab. Auf diese Weise, von einer Stelle zur anderen überwechselnd, versah er die gesamte Spitze mit einem messerscharfen Rand. Nachdem er ungefähr fünfzehn Minuten gearbeitet hatte, hielt er inne, verzog sein Gesicht zu einem breiten, zufriedenen Grinsen und reichte die Spitze dem gespannt wartenden Jäger, der sie seinen Gefährten zeigte. Sie glich einem perfekten, herrlich geformten, langen, dünnen Blatt mit einem gefährlich scharfen Rand. Jeder Jäger, der während der vorangegangenen zwei Millionen Jahre in Asien oder Afrika Wild verfolgt hatte, hätte sie brennendheiß begehrt.
    Der Steinschläger war jedoch noch nicht zufrieden. Er riß sie dem Jäger aus der Hand und

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