Colorado Saga
eine gefangene Angehörige eines anderen Stammes, aber wenn nötig auch ein junges Mädchen aus den eigenen Reihen.
Der Vater des Lahmen Bibers - sein richtiger Vater -hatte einmal zu ihm gesagt: »Es gibt zwei Dinge, auf die sich Unser Volk verlassen kann: auf den Aufgang der Sonne und auf die Treue der Cheyenne.« Früher einmal waren die beiden Stämme erbitterte Feinde gewesen. Den Cheyenne fiel der Entschluß, den Arapaho den Krieg zu erklären, keineswegs leicht, denn diese waren zwar kein sehr kriegerischer Stamm, konnten aber furchtbar hartnäckig sein, und Männer wie der Lahme Biber waren bei ihnen keine Seltenheit. Sein Großvater hatte sehr oft gegen die Cheyenne gekämpft, bis die höchsten Häuptlinge der beiden Stämme - die Cheyenne bunt bemalt und mit Adlerfedern geschmückt - zusammentrafen und erklärten: »Es ist töricht, daß wir uns gegenseitig vernichten. Wir haben vieles gemeinsam.« So rauchten sie die Friedenspfeife, und von da an kämpfte hundert Jahre lang kein Cheyenne mehr gegen die Arapaho, und kein in Not geratener Cheyenne erbat von den Arapaho Hilfe, ohne sie zu erhalten. Dieses Bündnis hielt länger als jedes andere Bündnis zwischen zwei Stämmen.
Das war um so bemerkenswerter, als keiner von den beiden Stämmen die Sprache des anderen verstand. Alle Indianerstämme, mit denen die Arapaho in Berührung kamen, sprachen ausschließlich ihre eigene Sprache. Die Arapaho konnten weder mit ihren Feinden, den Dakota, den Ute, den Comanchen und den Pawnee, noch mit ihren Verbündeten, den Cheyenne, sprechen.
Natürlich gab es eine Zeichensprache, die des gesprochenen Wortes nicht bedurfte, und in dieser Zeichensprache waren alle Indianer der Prärie so geübt, daß sich zwei Männer aus zwei verschiedenen, tausend Meilen voneinander entfernt lebenden Stämmen miteinander verständigen konnten. Auf diese Weise verbreiteten sich Nachrichten unglaublich schnell von einem Teil des Landes zum anderen.
Die Sprache der Arapaho war so kompliziert, daß kein anderer Stamm außer einer ihnen verwandten Splittergruppe, den Gros Ventre, sie jemals beherrschen lernte. Sie wurde insgesamt nur von 3300 Menschen gesprochen - so viele Mitglieder hatte der Arapaho-Stamm. Die feindlichen Stämme zählten allerdings auch nicht viel mehr Seelen. Die Ute zählten 3600, die Cheyenne, die ruhmvoll in die Geschichte eingehen sollten, zählten nur 3500, die Dakota, auch als Sioux bekannt, samt ihren vielen Nebengruppen, insgesamt etwa 11.000.
Im Jahre 1776 schickten die Cheyenne einen Boten zu ihren Verbündeten, den Arapaho, der diesen in der Zeichensprache mitteilte: »Comanchen im Gebiet
zwischen Platte und Arkansas überfallen Dörfer und töten viele Menschen. Wir wollen Krieg gegen sie führen und erbitten eure Hilfe.«
Auf dieses Ersuchen gab es nur eine einzige Antwort, und die Arapaho erklärten: »Wir werden unsere Krieger mit euch schicken.« So ritt also im Spätsommer desselben Jahres eine durch Arapaho-Krieger verstärkte Armee der Cheyenne nach Süden, um den Comanchen eine Lektion zu erteilen. Aber sie waren noch nicht weit gekommen, als ihnen Kundschafter berichteten, die Comanchen hätten Kenntnis von ihrem Anrücken erhalten und ihre Verbündeten, die Apachen, um Unterstützung gebeten. Das waren allerdings schlechte Nachrichten, denn die Comanchen allein waren schon grausame und fürchterliche Feinde - zusammen mit den Apachen würden sie aber so gut wie unbesiegbar sein. Von Rückzug war jedoch keine Rede. Die CheyenneHäuptlinge sagten: »Wenn wir dulden, daß sie in unser Gebiet eindringen, werden sie unsere Dörfer plündern und unsere Frauen rauben. Wir müssen ihnen eine Lektion erteilen.« Die Disziplin wurde verschärft, und die Männer bewegten sich mit äußerster Vorsicht, denn Gefangennahme durch diesen schrecklichen Feind bedeutete Schlimmeres als den Tod.
Und jetzt begannen die Krieger des Abends auch von Niemals-tot zu erzählen: »Ich habe einmal gegen ihn gekämpft. Er ist ein Comanche mit einer tiefen Narbe auf der linken Wange. Wenn er in eure Nähe kommt, weicht ihm lieber aus. Er ist unbesiegbar.«
Diese Behauptung wurde von zahllosen Berichten bestätigt. Als die Pawnee den Comanchen einmal Pferde stehlen wollten, täuschten sie, um die Comanchen abzulenken, ein Rückzugsgefecht vor, damit eine zweite Gruppe ihrer Krieger überraschend in das Dorf eindringen und die Pferde herausholen konnte. Sie wären damit auch erfolgreich gewesen, hätte Niemals-tot auf
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