Colorado Saga
zu Boden stürzten, entdeckte der Lahme Biber, daß sich Niemals-tot tatsächlich von anderen Männern unterschied. Sein Körper schien nicht aus Fleisch, sondern aus Metall zu sein, und als Niemals-tot auf den Erdboden aufschlug, gab es ein rasselndes Geräusch. Er war ein furchteinflößendes Wesen, und der Lahme Biber war sich sicher, daß Niemals-tot ihn auf irgendeine magische Art und Weise vernichten würde.
Er hatte seine Keule verloren und glaubte, diesem schrecklichen Comanchen nun hilflos ausgeliefert zu sein. Doch als Niemals-tot nun seine ganze Kraft zusammennahm, um den Lahmen Biber zu töten, erinnerte sich dieser an den Ausspruch des Grauen Wolfs: »Nur die Steine leben ewig.« Und er beschloß, mit diesem Comanchen zu kämpfen, bis einer von ihnen beiden tot war. Beide Hände zu einer einzigen, mächtigen Faust geschlossen, hob er die Arme und ließ diese Faust mitten auf das Gesicht von Niemalstot niedersausen. Der Comanche, von diesem unerwarteten Schlag benommen, fiel zurück, und der Lahme Biber schlug noch einmal und noch einmal zu. Er hörte die Knochen im Schädel des Comanchen krachen und sah nach einem letzten Schlag, daß dessen Kopf in einem merkwürdigen Winkel zum Körper lag. Es wurde ihm übel, und er war einer Ohnmacht nahe, aber in diesem Augenblick kamen seine beiden Cheyenne-Gefährten lachend und lauthals den Sieg verkündend herbeigeritten. Noch im Staub kniend, deutete er auf seinen gefallenen Gegner und sagte in Zeichensprache zu ihnen: »Mächtige
Medizin. Jetzt nicht mehr.« Die Cheyenne jubelten ihm zu.
Am nächsten Morgen erbaten die Häuptlinge der geschlagenen Comanchen und Apachen ein Palaver mit den Cheyenne, die jedoch darauf bestanden, daß auch die Arapaho daran teilnahmen. Die Unterlegenen schlugen vor, sämtliche Kriegsgefangenen freizulassen, und das geschah auch. Sie sagten die Zerstörung der beiden Lager wollten sie übersehen, und die Ratsmitglieder der Cheyenne nickten. Sie sagten auch, sie wollten den Cheyenne im Tausch gegen das Eisenhemd, das ihr großer Häuptling so lange getragen hatte und das zwei Cheyenne-Krieger dem Toten ausgezogen hatten, zwanzig Pferde geben. Das Hemd wurde vorgezeigt, damit alle es bewundern konnten, ein vor Jahrhunderten in Spanien hergestellter Harnisch aus Silber und Eisen, von den Comanchen im aufgebrochenen Grab eines spanischen Eroberers gefunden, der in diesem fremden Land im Jahre 1542 gefallen war. Tiefes Wasser, ein Comanchenhäuptling, sagte in Zeichensprache: »Für eure Krieger wäre er nichts. Für uns ist er die Große Medizin unseres ganzen Stammes.«
Es folgte ein kurzer Augenblick des Zögerns, den der Lahme Biber rasch beendete, indem er ohne Ermächtigung signalisierte: »Sechzig Pferde.« Und ohne eine Sekunde Pause rief Tiefes Wasser laut ein paar Worte und signalisierte: »Achtzig Pferde.« So wurde der Handel abgemacht.
In dieser großen Schlacht, durch die die südliche Grenze auf nahezu vierzig Jahre festgelegt wurde und die daher die bedeutendste Indianerschlacht dieses halben Jahrhunderts war, kämpften 113 Comanchen und 67 Apachen gegen 92 Cheyenne und 39 Arapaho. Die südlichen Verbündeten verloren 28 Krieger, darunter Niemals-tot, die nördlichen 16, darunter den Grauen Wolf.
Die Sieger kehrten mit den achtzig Comanchen-
Pferden und weiteren neunzehn, die sie von den Apachen erbeutet hatten, heim. An vielen Abenden wurden die Heldentaten erzählt, von denen jedoch keine so ruhmreich war wie die, die der Lahme Biber vollbracht hatte, als er mit bloßen Händen mit Niemals-tot rang und das Geheimnis von dessen Großer Medizin enthüllte.
5. Neun Pferde verloren
Im Jahr 1782, als der Lahme Biber fünfunddreißig war, geschah etwas, was das Gleichgewicht der Kräfte auf der Prärie bedrohte. Dieses Ereignis war so bedeutend, daß ihm lediglich die Einführung des Pferdes gleichzusetzen war.
In jenem Jahr erwarben die Pawnee einen großen Vorrat an Gewehren und beherrschten eine Zeitlang sämtliche Stämme im amerikanischen Westen. Zwar hatte es zuvor auch schon Gewehre gegeben, einzelne Exemplare, die hie und da ein Indianer durch Zufall in seinen Besitz brachte, mit einigen Bleikugeln und gerade genug Pulver, um ein oder zwei Freudenschüsse abzugeben, bei denen er sich die Finger oder einem Freund den Kopf abschoß, wonach er die nun nutzlose Waffe als Keule benutzte.
Im Jahre 1782 jedoch gelangten die Pawnee durch Handel mit Saint Louis in den Besitz von zahlreichen Gewehren und erlernten
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