Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
nach ihrem Tod weitergeführt hat, und dem Andenken seiner Mutter fühlt Jonathan sich verpflichtet, genau wie dem guten Zweck – der Stiftung für junge Kreative aus den unterschiedlichsten Bereichen –, dem die Veranstaltung gewidmet ist. Dafür nimmt er die Begegnung mit seinem Vater in Kauf – was jedoch sicher nicht heißt, dass das Ganze konfliktfrei ablaufen wird …
Schnell greife ich nach Handtasche und Mantel und gehe zum Fahrstuhl, laufe die letzten Meter fast, weil ich es plötzlich eilig habe, zu Jonathan zu kommen. Und das nicht nur, weil es gleich drei Uhr ist und wir dann verabredet sind. Es ist immer noch so, dass mein Herz schneller schlägt, wenn ich auf dem Weg zu ihm bin – daran hat sich nichts geändert und ich fürchte fast, dass sich daran auch niemals etwas ändern wird.
Als sich die Türen im obersten Stockwerk wieder öffnen, blickt Catherine Shepard, die an ihrem Schreibtisch sitzt, von ihrem Computerbildschirm auf. Sobald sie mich erkennt, lächelt sie, aber es ist nicht dieses nichtssagende professionelle Lächeln, das sie sonst zeigt. Nein, sie sieht aus, als würde sie sich freuen. Und da ihre Augen angriffslustig glitzern, ahne ich, dass es die Vorfreude auf eine Auseinandersetzung mit mir sein könnte.
Und ich liege richtig. Denn als ich nach einem kurzen Gruß auf Jonathans Bürotür zuhalte, steht sie auf und versperrt mir den Weg.
»Sie können da jetzt nicht rein.«
Kommt mir bekannt vor, denke ich. Wenn sie irgend kann, versucht Catherine immer, mich von Jonathan fernzuhalten, nutzt jede Gelegenheit, die sich bietet, um mir den Zugang zu seinem Büro zu verwehren. Das macht ihr richtig Spaß, denn ihr Lächeln ist jetzt eindeutig triumphierend.
»Und warum nicht?«, frage ich genervt und spüre Wut in mir aufsteigen. In der Firma denken vielleicht einige schlecht über mich, aber sie zeigen es mir nicht offen. Catherine Shepard hat jedoch überhaupt kein Problem damit, mich deutlich fühlen zu lassen, was sie von mir hält. Vielleicht wird es Zeit, das endlich mal zu klären.
Doch mit ihrer nächsten Bemerkung nimmt sie mir effektiv den Wind aus den Segeln.
»Mr Huntington telefoniert – mit Mr Nagako«, erklärt sie mir und hebt die Augenbrauen, so als wollte sie sagen, dass ich ja wohl spätestens jetzt begreifen muss, dass das hier kein Spaß ist.
Von den Querelen mit dem Japaner, der Huntington Ventures tatsächlich Schwierigkeiten macht und die Geschäfte auf dem asiatischen Mark torpediert, weiß sie, aber den wahren Grund, warum Jonathan und Yuuto sich gestritten haben, kennt sie natürlich nicht. Dennoch ahnt sie, dass ich empfindlich bin, was Jonathans Verhältnis zu seinem ehemaligen Freund angeht, und betrachtet mich deshalb in dem sicheren Wissen, dass sie mich damit getroffen hat.
Und das hat sie in der Tat. Es kommt für mich total überraschend, dass Jonathan wieder mit Yuuto spricht, und ich kann das überhaupt nicht einschätzen. Mein Verstand sagt mir, dass es ein gutes Zeichen ist, denn wenn die beiden es schaffen, ihren Streit beizulegen, wäre das sicher gut für die Firma. Doch mein Bauch findet schon ein Gespräch mit Yuuto ziemlich beunruhigend, und ich habe jetzt das noch viel dringendere Bedürfnis, zu Jonathan zu kommen.
Erneut mache ich einen Schritt auf die Tür zu – und erneut versperrt mir die kühle Schwarzhaarige den Weg.
»Ich bin mit Mr Huntington verabredet«, sage ich mit zusammengepressten Zähnen, weil es mir langsam wirklich reicht. »Er erwartet mich, und zwar …«, ich sehe demonstrativ auf die Uhr, »… genau jetzt.«
»Er kann Sie aber noch nicht empfangen«, erwidert sie ungerührt.
»Hat er ausdrücklich gesagt, dass er nicht gestört werden will?« So etwas kündigt Jonathan immer an – was Catherine Shepard besser weiß als jeder andere.
Sie zögert, aber nur eine Millisekunde. »Das muss er nicht – es steht doch wohl außer Frage, dass er bei so einem wichtigen Gespräch nicht gestört werden will.« Mit einem kühlen Lächeln deutet sie auf die Besuchersessel vor der Fensterfront. »Warum nehmen Sie nicht dort Platz, bis er Zeit für Sie hat?«
Ich balle die Hände zu Fäusten und knirsche mit den Zähnen, weil ich so an mich halten muss. Denn plötzlich habe ich ein Déjà-vu. Am Anfang meines Praktikums war es schon mal genauso – Jonathan hatte Besuch von Yuuto und Catherine wollte mich nicht zu ihm lassen, hat mich auf die Besuchersessel geschickt, was eine echte Demütigung war. Aber seitdem ist
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