Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
die Antwort des Earls gar nicht erst ab, der gerade ansetzen wollte, etwas zu sagen.
»Nenn mir einfach deinen Preis. Ich kaufe es dir lieber ab, dann steht nicht mehr zu befürchten, dass du es auch noch versetzt.«
Hat er nicht zugehört?, denke ich erschrocken. Wie kann er sich mit der Kette aufhalten, nach allem, was der Earl ihm gerade gestanden hat? Wieso will er diesen einen kleinen Schritt nicht tun, der ihn jetzt noch von einer Versöhnung mit seinem Vater trennt?
Der Earl zuckt sichtlich getroffen mit den Schultern. Es ist ihm schwer gefallen, das alles einzugestehen, aber bestimmt hatte auch er sich eine andere Reaktion von Jonathan erhofft.
»Du kannst es haben«, sagt er und deutet auf die Schatulle mit dem Kollier. »Nimm es.«
Die Tür geht plötzlich auf, und Alexander kommt wieder rein. Seine Schritte sind schwungvoll, offenbar hatte er es eilig, wieder zurückzukommen – die Polizisten müssen ihn länger aufgehalten haben als geplant –, doch er hält inne, als er die Anspannung im Raum spürt.
»Alles in Ordnung?«, fragt er und sieht uns der Reihe nach an. Dann bleibt sein Blick an Jonathan hängen, der noch am Fenster steht und seinen Vater fixiert. »Hunter?«
Ein Ruck geht durch Jonathan, als Alex ihn anspricht.
»Ja, alles in Ordnung«, sagt er, presst es jedoch so zwischen den Zähnen durch, dass es nicht so klingt. Mit zwei großen Schritten ist er beim Tisch, nimmt sich die Kollier-Schatulle und steckt sie in die Tasche seines Jacketts.
»Ich lasse es schätzen und werde dir einen Scheck zukommen lassen mit einer entsprechenden Summe«, erklärt er seinem Vater, weil er offenbar ein Geschenk von ihm nicht annehmen kann. Dann kommt er zu mir und legt die Hand in meinen Rücken, schiebt mich in Richtung Tür. Als wir dort ankommen, bleibt er stehen und dreht sich noch einmal um.
»Grace und ich reisen ab«, verkündet er.
»Jon …« Sarah, die sich bis jetzt zurückgehalten hat, weil sie wahrscheinlich – in der Hoffnung, dass ihr Vater und ihr Bruder sich wieder näher kommen – nicht dazwischenfunken wollte, geht einen Schritt auf ihn zu und sieht in unglücklich an.
Doch Jonathan lässt sie nicht ausreden. »Wir sehen uns noch, bevor wir fahren.« Er verabschiedet sich mit einem knappen Kopfnicken von allen dreien, dann schießt er die Tür hinter uns, bevor ich mehr tun kann als entschuldigend zu lächeln. Kaum sind wir draußen, geht er mit so großen Schritten durch den Flur auf die Halle zu, dass ich fast rennen muss, um mit ihm mitzuhalten.
»Warum redest du denn nicht mit deinem Vater?«, frage ich. »Warum gibst du ihm nicht endlich eine Chance?«
Jonathan schüttelt den Kopf. »Wozu, Grace? Es hat sich nichts geändert.«
»Es hat sich alles geändert«, widerspreche ich ihm. »Es war falsch, wie du über deinen Vater gedacht hast. Er hat deine Mutter geliebt.«
Abrupt bleibt er stehen und sieht mich an. »Aber sie ist trotzdem tot, Grace. Sie lebt nicht mehr. Dann war es eben seine Liebe, die sie umgebracht hat. Verstehst du? Es ist egal. Es spielt keine Rolle.«
»Jonathan, er hat sie nicht umgebracht. Es war ein Unfall. Und es ist nicht egal – es macht einen großen Unterschied.«
»Für mich nicht.« Seine Stimme klingt so endgültig, dass es mir die Kehle zuschnürt, und ich halte ihn nicht mehr auf, als er sich umdreht und die Treppe nach oben stürmt.
Er ist plötzlich wieder so weit weg, denke ich verzweifelt. Dabei hatte ich gerade das Gefühl, dass er sich mir öffnet. Dass er mich endlich an sich heranlässt.
Vielleicht hätte ich ihm nicht gestehen dürfen, dass ich ihn liebe, denke ich, während ich mit schleppenden Schritten hinter ihm hergehe. Weil er das offenbar nicht will. Aber ich tue es trotzdem, jetzt noch mehr als vorher.
Wenn ich ihn nicht schon so gut kennen würde, dann würde ich glauben, dass er kalt und arrogant und gefühllos ist. So wirkt er und so würden ihn sicher viele der Frauen beschreiben, die sich schon enttäuscht von ihm abgewandt haben, weil er sie an sich hat abprallen lassen – genauso wie er es jetzt gerade wieder bei mir tut. Aber sie konnten ja auch nie vordringen zu den Seiten, die ich sehe. Und egal, wie er sich dagegen wehrt, ich bin entschlossen, diese Seiten freizulegen. Es fehlt nicht mehr viel, langsam kann ich das Puzzle zusammensetzen, das mir entschlüsselt, warum er seine Gefühle so versteckt, wieso er niemanden sehen lässt, was ihn quält.
Wenn der Earl schon so gelitten hat, wie viel
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