Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
Polizeibeamten verabschieden sich, und da weder der Earl, der auf seinem Stuhl sitzen bleibt, noch Jonathan, der seinen Vater noch immer mit schmalen Augen fixiert, Anstalten machen, sie zur Tür zu begleiten, springt Alexander ein und geht mit ihnen nach draußen.
»Wo ist der Rest?«, fragt Jonathan, sobald die Tür wieder geschlossen ist, und seine Stimme klingt zornig. »Was hast du damit gemacht? Hast du ihn?«, wendet er sich an Sarah, die in diesem Moment das Zimmer wieder betritt. Sie hält eine Tablettenpackung in der Hand und sieht ihn überrascht an.
»Was soll ich haben?«
»Mutters Schmuck. Ihre Ketten und Ringe, die Broschen, das Diadem«, erklärt Jonathan und fixiert erneut seinen Vater, als seine Schwester den Kopf schüttelt. »Wo ist das alles, Vater?«
Ich schätze, die allermeisten wären Jonathans eisigen Blicken schon ausgewichen, aber der Earl hält ihnen stand. Er hat sich wieder aufgerichtet, sitzt gerade, wie es so typisch für ihn ist, und sieht seinen Sohn an. Unsicher wirkt er nicht, nur unglücklich irgendwie – so als wüsste er genau, dass seine Antwort ein Problem sein wird.
»Ich habe es verkauft«, sagt er.
Jonathan ballt die Hände zu Fäusten, und ein Muskel zuckt auf seiner Wange. Auch Sarah, die an der Anrichte steht, um für ihren Vater ein Glas mit Wasser aus der Karaffe zu füllen, sieht überrascht auf.
»Du hast nur noch das Saphirkollier?« In ihrer Stimme schwingt Enttäuschung mit. Diese Nachricht ist offenbar auch für sie total neu.
Der Earl nickt. »Es tut mir leid«, sagt er. »Aber es ging nicht anders.«
Das sieht Jonathan anders.
»Man hat immer die Wahl, Vater«, sagt er verächtlich. »Aber ich verstehe nicht, wieso du den Schmuck nicht wenigstens mir angeboten hast. Ich hätte ihn dir abgekauft, wenn du ihn so dringend loswerden musstest. Sarah und mir wären diese Erinnerungsstücke im Gegensatz zu dir etwas wert gewesen.«
Der Earl schüttelt den Kopf. »Du warst noch ein Kind damals, Jonathan.«
»Du hast den Schmuck schon vor Jahren verkauft?« Das macht Jonathan richtig fassungslos – und noch wütender. »Warum? Wolltest du nicht mehr daran erinnert werden, was du getan hast? Oder haben dir die Sachen nur einfach nichts bedeutet?« Seine Stimme bebt jetzt vor kaum verhohlener Wut. »So wie sie dir nichts bedeutet hat.«
»Orla hat mir alles bedeutet«, brüllt der Earl, es bricht richtig aus ihm heraus, und zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, verliert er völlig die Fassung. Sein Gesicht ist verzerrt, und der Schmerz, der bei unserem Gespräch in seinem Arbeitszimmer nur kurz in seinen Augen aufgeblitzt ist, wühlt ihn jetzt auf, ohne dass er ihn verbergen kann.
Sarah und ich sind beide so erschrocken über seine Reaktion, dass wir ihn nur anstarren, aber Jonathan wird noch ungehaltener, als würde ihn der Zorn seines Vaters anstacheln und nicht bremsen.
»Das ist nicht wahr«, beschuldigt er den Earl. »Du hast sie gehasst. Ihr hattet nur Streit. Du warst froh, dass du sie los warst.«
Der Earl schlägt mit der Faust auf den Tisch. »Nein.«
»Doch«, beharrt Jonathan und macht einen Schritt auf ihn zu. »Du hast einfach weitergemacht, als wenn nichts gewesen wäre«, wirft er ihm vor. »Du hast nicht mal mit der Wimper gezuckt. Den Schein wahren, das war dir wichtig. Nur darum ist es dir immer gegangen. Aber geliebt hast du sie nicht.«
»Was weißt du denn schon, du warst ein Kind!« Der Earl ist aufgesprungen, und für einen Moment stehen die beiden Männer sich wie Erzfeinde gegenüber. Dann sackt der Earl zurück auf seinen Stuhl und ringt kurz nach Atem.
»Daddy!«, ruft Sarah besorgt und eilt zu ihm, aber er winkt ab, offenbar geht es schon wieder, auch wenn sein Brustkorb sich schwer hebt und senkt.
»Nimm deine Tabletten«, weist Sarah ihn an und gibt ihm zwei aus der Packung. Während sie darauf wartet, dass er sie mit dem Glas Wasser runterspült, sieht sie ihren Bruder vorwurfsvoll an. »Hör auf«, sagt sie warnend.
Doch Jonathan ist zu aufgewühlt, um nachzugeben.
»Ich weiß, was ich gesehen habe!«, sagt er. »Du hast …«
»Jonathan!«
Überrascht verstummt er und blickt auf meine Hand, mit der ich aus einem Reflex heraus seinen Arm umfasst habe, um ihn aufzuhalten. Für einen Moment brennt der Zorn in seinen Augen weiter, dann wendet er sich ruckartig ab und geht zum Fenster. Er schiebt die Hände in die Hosentaschen und sieht nach draußen.
»Willst du dich nicht lieber hinlegen, Daddy?«, fragt Sarah, doch
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