Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
Er lächelt mir auf eine knappe, recht kühle Weise zu, aber er wirkt, als wäre er generell kein besonders herzlicher Mensch, also kann er vermutlich nicht anders.
»Sie müssten uns dann den Erhalt Ihres Eigentums quittieren«, sagt jetzt der junge Sergeant, der mit dem Abgleich der Listen fertig ist. Aber der Earl ist offensichtlich noch mit etwas anderem beschäftigt, denn er hört dem jungen Polizisten gar nicht zu.
»Und warum das Bild meiner Frau?« Seine Frage ist wieder an den DCI gerichtet. »Warum wollte er das herausschneiden? Dachte er, es wäre wertvoll und er könnte es verkaufen?«
Der DCI schüttelt den Kopf. »Nein. Er hat ausgesagt, dass er es aus Rache für seine Entlassung mitnehmen wollte. Das war der Grund, warum er sich Lockwood Manor als Ziel ausgesucht hat – weil er sich hier auskannte und weil er mit Ihnen noch eine Rechnung offen hatte.« Er zuckt mit den Schultern, und es wirkt fast entschuldigend. »Er scheint gewusst zu haben, wie sehr Sie an dem Bild hängen.«
Jonathan schnaubt leise, aber das höre nur ich, weil ich direkt neben ihm stehe. Er hat also mitbekommen, was der DCI gesagt hat, obwohl er die ganze Zeit mit den Sachen beschäftigt ist, die auf dem Tisch liegen. Er hat sämtliche Schatullen geöffnet, von denen es nicht so viele gibt, wie ich auf den ersten Blick dachte. Nur sechs oder sieben. Und sie enthalten auch gar keinen Schmuck, sondern irgendwelche Orden. Nur in einer liegt eine mit Saphiren und Diamanten besetzte Halskette, die nicht nur wertvoll, sondern auch wunderschön aussieht.
Die Nachricht, dass der Einbruch auch persönliche Motive hatte, trifft den Earl, das ist nicht zu übersehen, denn er verliert fast seine gesamte Gesichtsfarbe, die ohnehin schon nicht besonders rosig war, und wirkt noch bedrückter und resignierter. Schwer lässt er sich auf einen Stuhl sinken. »Aus Rache«, murmelt er leise.
»Daddy, geht’s dir nicht gut?«, fragt Sarah schnell. Sie hat sich erhoben und legt ihm eine Hand auf die Schulter, doch er scheint sie gar nicht wahrzunehmen, schüttelt nur den Kopf und starrt vor sich hin, so als könnte er nicht fassen, dass sein ehemaliger Angestellter einen solchen Hass gegen ihn hegt.
»Ich hole dir deine Tabletten«, sagt Sarah und verlässt das Zimmer, nachdem sie mir vorher einen Blick zugeworfen hat, der wohl heißen sollte, dass ich ein Auge auf ihren Vater haben soll.
Der Sergeant, der seine Aufgabe erledigen will, hält ihm jetzt die Liste hin, die auf einem Klemmbrett befestigt ist, zusammen mit einem Stift. »Wenn Sie dann bitte unterschreiben würden, dass Sie die …«
»Es fehlen Sachen«, unterbricht ihn Jonathan, und als der Sergeant ihn fragend anblickt, deutet er auf die Schatullen, die er sich angesehen hat. »Der Schmuck ist nicht vollständig.«
Alle im Raum schweigen überrascht, und der Sergeant blickt verwirrt von seinem Chef zum Earl und wieder zurück auf seine Liste.
»Aber hier steht …«
»Es fehlt sogar eine Menge«, redet Jonathan weiter, wieder ohne auf den jungen Polizisten zu achten. »Es müssten deutlich mehr Ketten, Ohrringe und Armbänder sein. Und ein sehr wertvolles und auffälliges Diamantdiadem.«
»Äh … nein«, widerspricht ihm der Sergeant und konsultiert noch mal seine Aufstellung. »Ein Saphirkollier – mehr Schmuck ist hier nicht angegeben.« Er sieht erneut zum Earl, um sich zu vergewissern, dass das korrekt ist. »Oder wurde etwas vergessen?«
Der Earl wirkt als einziger nicht überrascht über Jonathans Behauptung, sondern eher unangenehm berührt, so als wäre es ihm deutlich lieber gewesen, wenn Jonathan diese Sache nicht thematisiert hätte.
»Mylord?«, fragt der Sergeant höflich nach, als er nach einem langen Augenblick immer noch nicht reagiert hat.
Der Earl räuspert sich. »Nein«, sagt er dann mit fester Stimme und sieht seinen Sohn an, dessen Blick fragend, aber auch anklagend ist. »Es fehlt nichts.«
Er streckt die Hand nach der Liste aus und nimmt sie dem Sergeant ab, unterschreibt sie und gibt sie ihm mit einem Kopfnicken wieder zurück. »Vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, die Sachen vorbeizubringen.«
Der DCI lächelt und verbeugt sich leicht. »Das ist doch selbstverständlich, Lord Lockwood«, versichert er dem Earl, und für einen Moment frage ich mich, ob es normal ist, dass die Polizei sich so viel Mühe macht oder ob es auch wieder daran liegt, dass der Earl der Earl ist. Wundern würde es mich nicht.
Die beiden
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