Colours of Love
viel zum Thema der gefährliche Jonathan Huntington, vor dem ich mich hüten soll. Richtig viel scheint er nicht von mir zu wollen.
Was soll er denn von dir wollen? fragt eine kleine nagende Stimme in mir. Unbewusst seufze ich, was ich erst merke, als er den Kopf hebt und mich fragend aufsieht. Unsere Blicke treffen sich für einen langen Moment, und Hitze wallt in mir auf, färbt meine Wangen.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Ja, ja, alles gut«, versichere ich ihm hastig, aber meine Stimme zittert leicht. Schnell starre ich wieder auf die Papiere. Ich kann nichts dagegen tun, dass es mir immer den Atem nimmt, wenn ich ihm für länger als ein paar Sekunden in die Augen sehe. Das ist beängstigend und ich sollte das dringend in den Griff kriegen, wenn ich die nächsten Wochen überstehen will. Nur wie?
Ich finde ihn attraktiv. Sehr attraktiv. So attraktiv wie noch niemanden vor ihm. Was ein Problem ist. Denn ich habe leider keine Erfahrung mit Männern. Gar keine. Jedenfalls nicht, was den Bereich körperliche Anziehung angeht. Die wenigen, mit denen ich schon ausgegangen bin, waren nett, aber keiner hat in mir auch nur annähernd solche überwältigenden Gefühle ausgelöst.
Ja, ich weiß. Eigentlich unglaublich bei einer Zweiundzwanzigjährigen. Ich bin da einfach ein Spätzünder. Oder vielleicht übervorsichtig. Im Gegensatz zu Hope, die zwei Jahre jünger ist als ich, habe ich die Trennung unserer Eltern damals bewusst miterlebt. Es war furchtbar, dass Dad plötzlich nicht mehr da war, und Mom war so unglücklich, sie hat so viel geweint. Irgendwann, als ich älter war, wurde mir klar, dass nicht jede Beziehung zwischen Mann und Frau so enden muss. Aber ich war trotzdem auf der Hut, hatte das Gefühl, dass ich mich schützen muss. Hope hatte da nicht so viele Probleme, bei ihr wechseln sich Freunde und Verehrer in schöner Regelmäßigkeit ab. Aber nicht bei mir. Ich hatte nie wirklich Interesse an Männern oder es war einfach nicht der Richtige dabei. Bis jetzt …
Mit einem Kopfschütteln versuche ich, mich wieder auf den Bericht auf meinem Schoß zu konzentrieren. Das ist wieder typisch für mich, dass ich ausgerechnet bei dem einen Mann, den ich niemals haben kann und vor dem ich schon ausdrücklich gewarnt wurde, bereit wäre, es doch mal zu versuchen. Dem Gefühl nachzugeben, das mich zu ihm hinzieht …
Jonathan beendet das Gespräch und wählt eine andere Nummer. Es dauert einen Moment, bis mir klar wird, dass er nicht Englisch redet. Sondern Japanisch.
Fast erschrocken hebe ich den Kopf – und blicke wieder direkt in seine Augen. Doch diesmal ist sein Blick nicht fragend wie gerade eben. Nein, er fixiert mich mit gerunzelter Stirn, während er weiterredet, und ich habe auf einmal das Gefühl, dass es um mich geht. Das Flattern in meiner Brust setzt wieder ein. Das ist völlig unmöglich, beruhige ich mich. Wieso sollte er mit Yuuto Nagako oder sonst irgendjemandem über mich sprechen?
Irgendwann dreht er den Kopf zur Seite, und mein Atem beruhigt sich wieder. Aber so geht das definitiv nicht weiter. Ich kann nicht drei Monate lang auf dieser Couch sitzen und jedes Mal zusammenzucken, wenn er mich ansieht. Das halte ich nicht durch, das machen meine Nerven nicht mit.
»Wie … haben Sie sich das eigentlich vorgestellt?«, frage ich, als er aufgelegt hat. »Soll ich die ganze Zeit hier an dem Couchtisch arbeiten?«
Er stutzt und lächelt dann leicht. »Haben Sie schon wieder was auszusetzen?«
Er nimmt das alles überhaupt nicht ernst, denke ich und bin plötzlich wieder wütend. Warum hat er mir dann dieses Angebot gemacht? Was ist das hier, ein Spiel?
Noch bevor mir eine passende Antwort einfällt, spricht er schon weiter. »Sie können ab morgen in dem Büro nebenan arbeiten. Es steht derzeit leer. Heute müssen Sie es allerdings noch mit mir aushalten. Aber wir werden ohnehin sehr viel unterwegs sein.«
Vielleicht hat ja noch eine Dame auf der Führungsebene die Segel gestrichen und die Firma verlassen, überlege ich.
»Sind Sie fertig?«, fragt er und reißt mich aus meinen Gedanken. Er ist schon aufgestanden, und es ist völlig offensichtlich, dass er keine Rücksicht darauf nehmen würde, wenn ich es noch nicht bin.
Ich nicke, obwohl ich die Berichte nur überflogen habe. Ungefähr weiß ich jetzt, worum es geht, das muss reichen.
»Okay, dann kommen Sie«, sagt er und geht an mir vorbei zur Tür. Ich nehme meine Tasche, klemme mir die Papiere unter den Arm und folge
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