Colours of Love
hatte.«
Das also wollte der Chauffeur vorhin im Flur von Jonathan – ihm das Magazin zeigen.
»Und warum hast du es mir nicht gleich gesagt?«
Jonathan zuckt mit den Schultern. »Ich wollte warten, bis wir allein sind.«
Langsam, ganz langsam verarbeitet mein Gehirn diese brisanten Informationen. »Ein Foto von uns beiden auf der Titelseite von so einem Klatschblatt?« Fassungslos starre ich ihn an. Wie kann er so ruhig bleiben? »Und was jetzt?«
Er kommt nicht dazu, mir eine Antwort zu geben, denn die Eingangstür der Klinik öffnet sich und der Earl tritt heraus.
Jetzt erst habe ich Gelegenheit, mir Jonathans Vater noch mal genauer anzusehen. Er sieht unglaublich englisch aus mit der braunen Hose und dem Pullunder mit V-Ausschnitt über dem karierten Hemd. Darüber trägt er ein braunes Tweed-Jackett, das für den sonnigen Maitag – ein Hoch, das für ungewöhnlich schönes Frühlingswetter sorgt, hat London seit zwei Wochen fest im Griff – viel zu warm wirkt.
Das scheint auch er zu bemerken, denn er steckt einen Finger in den Kragen seines Hemdes und zieht ein bisschen daran. Doch ganz sicher, ob er tatsächlich schwitzt oder sich unter den kritischen Blicken seines Sohnes einfach nur unwohl fühlt, bin ich nicht. Er räuspert sich.
»Ich habe mir ein Taxi rufen lassen«, sagt er, und man kann ihm ansehen, wie gewöhnungsbedürftig er diese Art des Transports findet. Aber was bleibt ihm übrig, wenn sein Auto kaputt ist und sein Chauffeur mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus liegt. Auf die Idee, Jonathan zu bitten, ihn mitzunehmen, kommt er offenbar nicht, und Jonathan bietet es ihm auch nicht an, sondern nutzt die Ankündigung seines Vaters nur als Stichwort, um demonstrativ sein Handy zu zücken und Steven mit der Limousine zur Klinik zurückzubeordern. Wieder frage ich mich, wieso das Verhältnis der beiden so offensichtlich zerrüttet ist.
Als Jonathan sich zum Telefonieren einige Schritte entfernt, nutzt der Earl die Chance und spricht mich an.
»Woher kommen Sie, Miss Lawson?« Er wirkt jetzt nicht mehr so feindselig wie oben im Krankenzimmer, betrachtet mich eher mit Interesse.
»Aus Chicago«, antworte ich, ein bisschen auf der Hut, und blicke zu Jonathan, der zwar noch telefoniert, aber mit seinen blauen Augen aufmerksam zu uns herübersieht. Sofort klopft mein Herz schneller und ich habe wieder Schmetterlinge im Bauch.
Der Earl nickt gedankenverloren.
»Eine Amerikanerin«, sagt er mehr zu sich selbst, und es ist ihm nicht anzusehen, ob er das gut oder schlecht findet. »Und Sie arbeiten für meinen Sohn?«
»Ich mache ein dreimonatiges Praktikum bei Huntington Ventures«, erkläre ich.
Diese Information scheint den Earl zu irritieren. »Nur drei Monate? Länger nicht? Und was machen Sie sonst?«
»Ich studiere Wirtschaftswissenschaften. Aber ich bin demnächst fertig.«
Jonathan hat sein Telefonat beendet und kommt zurück. Er stellt sich zwischen mich und den Earl, so als wollte er mich vor seinem Vater abschirmen, was diesem nicht entgeht. Doch es scheint ihn merkwürdigerweise eher zu freuen als zu ärgern.
»Eine Studentin. Aha«, sagt er und blickt zu seinem Sohn hinüber. »Darf ich fragen, wie alt Sie sind?«
Ich schlucke. »Zweiundzwanzig.«
Langsam werden mir seine Fragen unheimlich. Wenn er sie stellt, um herauszufinden, ob ich mich als Frau an der Seite seines Sohnes eigne, dann bin ich vermutlich gerade voll durchgefallen. Mir ist bewusst, wie wenig ich zu Jonathan passe. In jeder Hinsicht. Mich wundert nur, dass es den Earl tatsächlich gar nicht zu stören scheint, denn er mustert mich immer noch mit dem gleichen Interesse wie zuvor. Will er das nicht sehen? Ist ihm jede Frau recht – solange Jonathan überhaupt eine mitbringt?
Ihm brennen noch weitere Fragen auf der Zunge, das kann ich sehen, aber die schwarze Limousine biegt in die Straße ein und hält vor uns am Bordstein.
»Wir sehen uns, Vater«, sagt Jonathan kurz angebunden, während er mir die Tür aufhält.
»Auf Wiedersehen«, sage ich noch, bevor ich einsteige, und der Earl verabschiedet sich ebenfalls von mir. Dann sitzt Jonathan neben mir und knallt die Tür zu.
Die Limousine fährt sofort an. Kurz darauf senkt sich die dunkle Trennscheibe der Fahrerkabine mit einem Summen, und Steven sieht kurz über die Schulter. »Wohin, Sir?«, erkundigt er sich.
Jonathan macht eine ungeduldige Geste mit der Hand. »Fahren Sie einfach ein bisschen rum. Grace und ich haben etwas zu
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