Colours of Love
ihm.
»Grace, sei doch vernünftig. Du kannst vor dieser Sache nicht weglaufen.«
»Das habe ich auch nicht vor. Aber ich denke, es ist besser, wenn wir erst mal nicht mehr zusammen gesehen werden.« Ich hole tief Luft. »Deshalb arbeite ich ab morgen lieber wieder in der Investmentabteilung.«
»Das wird nichts an dieser Geschichte ändern, Grace«, warnt Jonathan mich. »Dafür ist es zu spät.«
Schweigend sehen wir uns an. Er hat recht, denke ich. Es ist längst zu spät. Ich hätte viel eher die Notbremse ziehen müssen.
Bevor er mich daran hindern kann, steige ich aus. Als ich in den Wagen zurückblicke, zeigen Jonathans Gesichtsausdruck und seine schmalen Lippen, dass er mit meiner Reaktion ganz und gar nicht einverstanden ist.
»Es könnte eine sehr unangenehme Erfahrung für dich werden, wenn du jetzt gehst«, sagt er mit dieser gefährlich ruhigen Stimme, die mich nur noch wütender macht.
»Das ist es schon«, fauche ich ihn an und knalle die Tür zu.
Einen Augenblick später setzt die schwarze Limousine sich wieder in Bewegung, und ich bleibe zurück, zitternd, aufgelöst und sehr viel unglücklicher, als ich mir einzugestehen wage.
21
Nach der komfortablen Sicherheit der Limousine, an die ich mich schon so gewöhnt habe, wirkt die Stadt um mich herum fremd und unangenehm stickig. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass ich so durcheinander bin.
Ich habe keine Ahnung, wo ich bin, und es dauert eine Weile, bis ich mich orientieren kann. Zum Glück sind Londoner es zutiefst gewohnt, von Touristen angesprochen zu werden, die sich verlaufen haben, und helfen mir weiter. Wie sich herausstellt, bin ich ganz in der Nähe des Victoria Embankments und der Blackfriars Bridge, gar nicht so sehr weit entfernt vom London Wall, wo das Huntington-Gebäude liegt. Aber ich steuere erst mal ein Café an, das ich entdecke, eine Starbucks-Filiale, die mir angenehm vertraut ist, und kaufe mir einen großen geeisten Cappuccino. Der Becher ist schön kalt, und ich presse ihn dankbar an meine erhitzten Wangen, während ich überlege, was ich jetzt tun soll.
Ich sehe auf die Uhr. Tatsächlich ist es erst kurz nach zwei, dabei kommt mir der Tag nach all den vielen Ereignissen schon viel länger vor. Theoretisch müsste ich jetzt zurück in die Firma, und da Jonathan nicht dort sein wird – ich nehme an, er fährt wieder zurück ins Krankenhaus zu seiner Schwester – könnte ich mich direkt in der Investmentabteilung melden, so wie ich es ihm angekündigt habe. Aber irgendwie bin ich noch zu fertig dafür, muss mich erst sammeln. Deshalb beschließe ich, zurück nach Hause zu fahren.
Ich muss mich in der U-Bahn-Station erst kurz orientieren, um die richtige Linie zu finden, aber so weit ist es zum Glück nicht. Schon eine gute halbe Stunde später schließe ich in Islington die Haustür auf, nachdem ich vorher wieder eine gefühlte Ewigkeit in meiner Tasche nach dem Schlüssel gesucht habe. Aber er ist da – zum Glück.
Ein bisschen nervös blicke ich mich um, bevor ich hineingehe, doch auf der Straße ist alles ruhig, keine Fotografen lauern hinter den Häuserecken oder belagern den Eingang. So viel dazu, wie interessant ich bin, denke ich mit einem schiefen Lächeln, bin aber trotzdem erleichtert.
Auch oben in der Wohnung ist alles ruhig, ich bin allein. Ian ist in seinem Tattoo-Studio und Annie natürlich noch im Büro, aber Marcus hätte hier sein können. Doch offenbar ist er ebenfalls unterwegs, was mich sehr erleichtert. Ein bisschen Ruhe kann ich jetzt gut gebrauchen.
Als Erstes ziehe ich mich ins Bad zurück. Ich würde gerne duschen, aber dummerweise ist der Duschkopf der alten Wanne nicht wirklich zu gebrauchen, das Wasser tröpfelt heraus, und es ist schwer, die richtige Temperatur einzustellen. Deshalb lasse ich mir eine Wanne ein und gebe großzügig etwas von Annies Schaumbad hinein in der Hoffnung, dass sie mir das verzeihen wird. Schließlich ist das hier ein Notfall.
Das Wasser ist einfach herrlich und es tut wahnsinnig gut, sich in den duftenden Schaum sinken zu lassen. Ich spüre, wie meine Muskeln sich entspannen, und für einen Moment schließe ich die Augen und lasse mich treiben, genieße die Ruhe und den Frieden. Leider hält dieser Zustand nicht lange an, denn als ich zufällig mit der Hand eine meiner Brustwarzen berühre, merke ich, wie empfindlich sie nach Jonathans Liebkosungen vorhin im Auto noch ist. Sofort steht mir wieder vor Augen, was wir getan haben – was er mit mir
Weitere Kostenlose Bücher