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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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Das
Gesicht kam ihm bekannt vor, mehr nicht. Er wollte nur noch eins, schlafen.

64
    Starnhagen löste sich langsam aus der Gruppe.
Ahrendt hatte ihn minutenlang fixiert und dann per Augenkontakt in die Ecke des
Saales beordert.
    Jetzt schlenderte der Staatssekretär durch den
Saal und überlegte, was Ahrendt aus seinem Fuchsbau getrieben haben mochte.
Bislang hatten kurze Telefonate gereicht, um ihn auf den aktuellen Stand zu
bringen. Alles lief reibungslos.
    Der Staatssekretär ließ sich Zeit,
signalisierte jedoch mit den Augen, dass er sich sofort zu Ahrendt gesellen
würde. Der stand währenddessen in der Ecke, zupfte an seinen Manschetten, wirkte
unnahbar und desinteressiert. Aber da war noch etwas. Der wiederholte Blick auf
die Armbanduhr, das Handy. Von dem sonst so kühlen Beamten ging etwas Unruhiges
aus, er wirkte getrieben.
    Arthur Starnhagen, 52 Jahre, beamteter
Staatssekretär. Er kannte sie alle, die Vorstandsvorsitzenden, ihre Frauen
ebenso wie ihre Liebschaften und nicht zuletzt die modernen Spin-Doctors im
Apparat. Kaum ein Empfang, zu dem er nicht geladen wurde.
    Ahrendt dagegen zeigte sich eher selten in
großen Gesellschaften. Er liebte es, im Hintergrund zu bleiben. Wenn auch sein
Name alles andere als ein Staatsgeheimnis war, so kannten ihn doch nur wenige
von Angesicht. Er verglich sich deshalb gern mit einem seiner früheren Kontrahenten,
wenn er stolz verkündete, er habe es schätzen gelernt, ein Mann ohne Gesicht,
aber mit um so besseren Augen zu sein.
    Ein Schulterklopfen hier, ein Händedruck da.
Starnhagen glitt noch immer durch den Saal, griff nach einem Sektglas. Endlich stand
endlich er vor Ahrendt und prostete ihm jovial zu.
    Ahrendt blickte auf seine Manschetten, zog noch
ein, zwei Mal, bis er mit ihrem Überstand zufrieden war. Dann hob er den Kopf
und sah Starnhagen an. Sein Gesicht war reglos, zu reglos für einen Freundschaftsbesuch.
    Der Staatssekretär wurde blass.
    „Und, schon mal eruiert, wer von den Herren
einen Jet hat, der immer startklar ist? Für den Ernstfall?“
    Starnhagen erstarrte. Ahrendt roch Haarwasser,
Aftershave, Gott, der Mann war eine mobile Parfümerie.
    „Netter Abend gewesen, im Penthouse. Tarnowski
hat wie immer noch was Süßes dabei.“
    Starnhagen drehte den Kopf. Sie waren allein. Der
Saal hatte sich geleert. Hier und da ein Kellner, niemand beobachtete sie. Ein
Staatssekretär und ein Beamter, mehr nicht. Ahrendt vielleicht ein wenig zu leger,
fast respektlos, wie er da jetzt an der Wand lehnte und ihn musterte.
    Starnhagen nestelte an seinem Krawattenknoten,
öffnete den obersten Hemdknopf, trank einen Schluck.
    „Müssen wir das hier besprechen?“
    „Scheint so. Schon die neuesten Nachrichten
gehört? Zwei Nutten türmen Hals über Kopf aus einem erstklassigen Berliner
Hotel. Warum wohl? War das Essen so schlecht, war der Rotwein zu warm?“ Auch
Ahrendt verstand sich auf theatralische Gesten, massierte für einen Moment sein
Kinn, kratze sich kurz hinterm Ohr und zog fragend die Augenbrauen hoch: „Nun,
wir werden sie nicht mehr fragen können, was wohl der Anlass für die
übertriebene Eile war. Jetzt liegen sie nämlich beide in einem Kühlfach der
Rechtsmedizin. Bei der einen kann man einen aufschlussreichen Blick ins Innere
der Luftröhre werfen. Die andere wurde an einem schönen Sommermorgen aus einem
stinkenden Kanal gefischt. Kein Ort, wo es sie zum Mitternachtsschwimmen
hingetrieben hat. Übrigens war die Dame eng verbunden mit der International
Finance Ltd. aus Guernsey.“
    Starnhagen streifte seine Uhr ab und steckte
sie in die Tasche.
    „Zigarette?“
    Der Staatssekretär griff dankbar und mit
flatternden Händen zu. Ahrendt gab ihm Feuer und wartete einen Moment. Einige Meter
weiter lief ein Ober mit einem Tablett vorbei. Starnhagen winkte ihn heran, nahm
sich ein neues Glas. Er spürte, dass Ahrendt nur kurz pausierte, um die
Dramatik zu steigern.
    „Und dann gibt es da noch einen Bullen, der
wohl demnächst bei mir an der Tür klingeln wird.“ Ahrendt wollte es von ihm
hören, endlich. Starnhagen war kreidebleich, er beugte sich vor und flüsterte: „Tarnowski
hat gesagt, er regelt das. Diskret.“
    Schweißtröpfchen zierten seine Stirn: „Er, er wollte
sie - bezahlen.“ Sein linkes Augenlid begann zu zucken: „Er, er hat bezahlt,
soviel ich weiß. Die Durchgangstür stand offen, es hat wohl gezogen, was weiß
ich. Und da, da kommt sie aus dem Bad. Verstehen Sie doch, Ahrendt, um Himmels
willen, sie hat mich

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