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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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Beamter Ende
fünfzig. Er kam sofort auf mich zu und reichte mir die Hand: „Wasser, Kaffee?“
    „Hier komm ich öfter her!“
    Kein Neid, kein Misstrauen, keine Revierkämpfe.
Er verschwand kurz auf dem Gang.
    „Vom Mord und Totschlag zum Missbrauch.“, Kramer
schaffte mit dem Unterarm etwas Platz auf der Ecke seines Schreibtisches und
stellte zwei Kaffeebecher und eine Flasche Wasser ab: „Wir platzen hier aus
allen Nähten. Früher haben wir dann und wann mal einen Perversen aufgegriffen,
inzwischen ist das ein internationaler Wirtschaftszweig. Und die Abnehmer:
Lehrer, Beamte, Unternehmer. Stehen sofort mit ihrem Anwalt auf der Matte und
wissen natürlich von nichts.“
    Meine Schultern sparten sich ihr Zucken, dafür
wackelte mein Kopf verständnisvoll.
    „Also, was habt ihr, wie können wir helfen?“
    „Eher ein Zufallsfund.“
    „Hanschke hat ja nur Andeutungen gemacht.
Scheint sich ja nicht um einen Gemüsehändler zu handeln?“
    Ich zeigte ihm die Fotos und fasste unsere
Situation kurz zusammen.
    Kramer ließ nachdenklich seine Finger knacken:
„Lass mich raten: Kein Ersttäter, aber immer irgendwie davongekommen?“
    „Schon mal was in der Richtung gehört?“
    „Gerüchte, alles Gerüchte. Ein paar Osteuropäer.
Ein Zufallsfund. Edeler Zwirn, die Papiere waren in Ordnung, nur die Kinder
gehörten nicht dazu. Zwei Mädchen, ein Junge. Haben uns was von einem Ausflug
erzählt, hätten die Kinder aus lauter Freundlichkeit mitgenommen. Nachfrage vor
Ort, die Antwort kannst Du Dir denken. Was uns stutzig gemacht hat: Die sind nachmittags
eingereist und waren am nächsten Vormittag schon wieder auf dem Rückweg. Hatten
es ein bisschen zu eilig und wurden gestoppt. Die Kollegen haben uns dann
gerufen.“
    Der Ausgang der Geschichte war klar.
    „Das ist aber schon alles.“, auf Kramers Stirn
bildeten sich vier durchgehende Wellenlinien. „Ganz schön jung. Manchmal
täuscht man sich zwar, aber höchstens vierzehn. Was ist mit der
Vermisstenkartei?“
    „Kümmert sich meine Kollegin drum.“
    „Über meinen Tisch geht jede Akte. Aber nein,
das Gesicht, nein. Ich zeig die Bilder mal rum. Tschechien, Polen, alles nur
einen Katzensprung entfernt. Heute wird doch alles geliefert.“
    „Wie lange braucht ihr?“
    „Morgen früh erstatte ich Rapport. Und was
macht ihr, wenn ihr sie findet?“
    „Den Laden ausräuchern, mit allem, was
dazugehört.“
    „Wir sind dabei, Anruf genügt.“
     
    Mader saß, die Beine auf dem Schreibtisch, in
meinem Drehstuhl und machte sich Notizen.
    „Hab Deine Unterlagen ein wenig vorbereitet,
für den Bericht.“
    Martens, verdammt.
    „Und, was gefunden.“
    „Fehlanzeige.“
    Bei Hanschke meldete sich nur der
Anrufbeantworter. Viel gab es sowieso nicht zu mitzuteilen. Mader trommelte mit
den Fingern auf der Tischplatte: „Dann sollten wir uns wohl der Dame mit der
Klappkarte zuwenden. Hausfriedensbruch, Verdacht auf schweren Diebstahl. Mal
sehen, was sie dazu sagt.“
    Sie war in Kampfstimmung, ganz eindeutig.
    „Van Broiken“, ihre Finger rannten über die
Tastatur. Ergebnislos, wie sie enttäuscht feststellte. Nur der Name, sonst
nichts.
    „Bleibt uns also nur ein Nachmittag im Auto.“
    Ich wählte die Nummer der Fahrbereitschaft: „Ja,
sofort und bitte mit Klima!“
    Doch es gab weder mit, noch ohne Klimaanlage,
alle Zivilwagen waren im Einsatz. Also blieb nur Maders Golf. Wir machten uns auf
den Weg und beschlossen, spätestens um acht Uhr aufzugeben. Zwanzig Minuten später
parkten wir vor dem Eingang des Plattenbaus. Ich machte mich auf den Weg durch
die gegenüberliegenden Büros, um von dort die einzelnen Etagen zu beobachten.
    Die unteren Stockwerke waren leer. Sie residierten direkt unterm Dach. Viel war nicht zu erkennen, selbst mit dem
Fernglas. Die Sonne spiegelte sich in den getönten Scheiben.
    Um 17 Uhr 15 rief Mader an: „Sie ist gerade
raus. Ich bin hinter ihr, zwanzig Meter, Richtung Pariser Platz. Autoschlüssel
steckt.“
    Ich warf der Sekretärin, die mir bereitwillig
Obdach gewährt hatte, ein kurzes „Dankeschön“ zu und rannte nach unten. Schon
nach wenigen Metern lief mir der Schweiß über Bauch und Rücken.
    Ich drückte die Wahlwiederholung: „Am
Tiergarten lang, Richtung Potsdamer Platz. Da kommt jetzt nichts, wir sehen uns
am Bahnhof. In drei Minuten, länger nicht!“
    Nach fünf Minuten und zwei Bürgersteigen war
ich endlich auf der Leipziger. Mader und van Broiken waren nirgendwo zu sehen.
Ich griff nach dem

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