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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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man
Flughäfen, Bahnhöfe und Grenzübergänge sperren konnte, ein engmaschiges Netz
auswarf, in dem sich die Verbrecher irgendwann verhedderten.
    Tarnowski, der Mann im Hintergrund, was hatte er
mit den Morden zu tun. Als Täter kam er nicht infrage, wohl aber als
Auftraggeber.
    Aber Vermuten und Beweisen waren zwei Dinge.
    Die Intermining war der Schlüssel.
Hanschke öffnete den obersten Hemdknopf, krempelte die Ärmel hoch. Starnhagen –
Tantal – Intermining.
    Er beschloss, Feierabend zu machen.
    Unter der ausgebreiteten Tageszeitung blinkte
der Anrufbeantworter.

94
    Mader erwartete mich auf dem Parkplatz. Wir
schlenderten an den leeren Autos vorbei. Kein unauffälliger Lieferwagen, kein unpassend
im Liebesspiel versunkenes Pärchen.
    Dicht gedrängt saßen Hunderte Gäste an langen
Tischen, über ihnen die mächtigen Kronen der Linden. Die Luft stand. Im flachen
Wasser des Teichs trieben zwei Schwäne vor sich hin, zu matt, um den Enten, die
nach jedem ins Wasser geworfenen Brotstück gierten, Paroli zu bieten. In den
Strahlen der Abendsonne, die einen Weg durch das dichte Geäst fanden, tanzten
Mückenschwärme. Und über allem hing eine beständig wachsende hellgraue Wolke,
die am hinteren Ende des Gartens über dem Bratwurstgrill ihren Ursprung hatte. Es
duftete nach Majoran. Nicht nur die Schlange schreckte mich ab, dem plötzlichen
Hungergefühl nachzugeben. Bratwurst ohne Bier war undenkbar.
    Wir schlenderten auf der Suche nach möglichen
Schatten am Ufer entlang, wo Pärchen in Liegestühlen lümmelten. Die Stadt mit
ihren Geräuschen schien hier weit weg und war doch nur wenige Hundert Meter
entfernt. Stimmen, nichts als Stimmen, die urplötzlich verstummten, als ein
tiefer, dumpfer Schrei alles übertönte. Ungläubige Blicke, Tuscheln, Wispern
und ein befreiendes Lachen. Ein Elefant, brünstig im nahe gelegenen Zoo.
    Ich suchte nach freien Plätzen, während Mader
sich in die Schlange der Durstigen einreihte.
    Van Broiken verstand es, unauffällig in der
Menge zu verschwinden und erst wieder aufzutauchen, wenn es an der Zeit, ihrer
Zeit war. Plötzlich ließ sie sich auf den Stuhl uns gegenüber fallen. Ihre Haare
waren unter einem Kopftuch versteckt. Sonnenbrille, bauchfreies Top, Shorts und
ein kleiner Laufrucksack. Eine urbane abendliche Joggerin, perfekt gestylt und
durchtrainiert.
    „Wasser“, mehr sagte sie nicht und ein Blick zu
Mader verriet mir, dass das jetzt mein Problem sei.
    Als ich zurückkam, lag ein Stick auf meiner
Zigarettenschachtel, schwarz, nicht größer als ein Feuerzeug mit einem
schlichten Silberstreifen dekoriert. Die Frauen rauchten schweigend.
    „Nettes Werbegeschenk.“ Ich nahm den Stick und drehte
ihn hin und her. Sie trank in großen Schlucken, wischte sich den Mund mit dem
Handrücken ab und rutschte mit ihrem Stuhl näher.
    „Sie haben doch nichts, gar nichts, außer zwei
toten Frauen. Kein Motiv, keinen Mörder.“ Van Broiken lehnte sich zurück und musterte
uns mit vor der Brust verschränkten Armen. Sie fischte eine neue Zigarette aus
meiner Schachtel.
    „Wenn wir mit der ersten Hundertschaft bei euch
alles auseinandergenommen haben und jede Nachrichtensendung darüber berichtet,
ist Schluss mit lustig.“, zischte Mader.
    Van Broikens rechter Mundwinkel hob sich
langsam: „Jaja, Emma Peel und wie hieß er doch gleich?“ Sie machte eine
wegwerfende Handbewegung und verlagerte ihre Aufmerksamkeit auf mich: „Was Tarnowski
und Starnhagen treiben, dürfte Ihnen ja inzwischen bekannt sein?“
    „Sagen Sie es mir!“
    „Tantal. Sie schmuggeln es aus dem Kongo nach
Russland und durch einen Zwischenstopp in sibirischen Zinnhütten wird daraus saubere
Ware. Kann man nichts machen. Fingerprints gibt es nur bei Erzen, einmal
verarbeitet, alles vorbei.“
    Ich schloss die Augen und hörte ihr zu.
    „Starnhagen hat das eingefädelt. Ein bisschen
Geld vom Bund lockermachen und die Verträge vorbereiten, das ist sein Part. Natürlich
garantiert er auch für die Seriosität der Geschäftspartner. Tarnowski erledigt
den Rest.“
    Maders „Gibt’s auch Neuigkeiten!“klang zu
kurz und abgehackt, um wirklich glaubhaft zu sein.
    „Angefangen hat das, als CNN die ersten Bilder
von den Schlachtplätzen um die Welt gejagt hat. Da war die Aufregung groß. Dann
kam das Embargo und die Frage: Was jetzt? Tarnowski hatte als Erster die
Lösung.“
    Mader beobachtete die Frau, die nur wenig älter
als sie war und völlig emotionslos über den Zusammenhang von Massenmord und

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