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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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ist nämlich ein
Schließfach-Schlüssel, Lillys Schließfachschlüssel, um genauer zu sein. Und die
dazugehörige Bank heißt?“
    Hanschke sah mich verständnislos an.
    „Lange Geschichte.“, sagte ich und begann mir
den Dreck unter den Nägeln wegzukratzen.
    „Und wo ist das Schließfach?“
    „Charlottenburg, Kantstraße.“
    Hanschke fischte einen Vordruck aus einem
wilden Papierstapel und zog das Blatt in die Schreibmaschine.
    „Heißt, wir brauchen einen Stempel.“
    Flink sprangen seine beiden Zeigefinger über
die Tasten. Noch während er die letzte Zeile tippte, griff er nach dem
Telefonhörer: „Hanschke hier. Ich brauch Ihre Unterschrift. Sofort.“
    Er hörte kurz zu: „Verdacht auf Kindesmissbrauch.
Steht alles drin. Die Kollegin ist gleich bei Ihnen.“, dann legte er auf.
    „Sie übernehmen das Schließfach. Gallert sieht
zu, was mit dem Mädchen ist. Und ich, ich denke ein wenig nach.“
    Der Taxifahrer, der mich zum Columbiadamm
bringen sollte, kannte einen Spielzeugladen auf dem Weg. Ein kurzer
Zwischenstopp und schon war ich der Besitzer eines kleinen, soliden Spielzeugboots.

88
    Es war schon fast Mittag, als Ahrendt endlich
auftauchte. Er wirkte entspannt. Van Broiken studierte die aktuellen Memos zur Situation
der deutschen Unternehmensbeteiligungen im Nahen Osten. Reutter kratze sich
beständig am Kopf und starrte ungläubig auf einen Bildschirm. Der Peilsender
arbeitete noch immer. Am Vormittag hatte sich der rote Punkt aus der östlichen Stadtmitte
zuerst nach Tempelhof bewegt, von dort nach Moabit. Vor fünf Minuten passierte
er dann den Hauptbahnhof. Die Geschwindigkeit passte zum Berliner Verkehr. Jetzt
wurde er langsamer. Doch das war es nicht, was Reutter irritierte. Da, wo der
Sender angeblich sein sollte, war gar keine Straße: „Chef, schauen Sie mal.“
    Ahrendt trat hinter ihn. Beide beobachteten,
wie der rote Punkt langsam Richtung Norden zog.
    „Golf, 99er Baujahr, richtig?“
    Reutter nickte.
    Ahrendt holte tief Luft: „Nun Reutter, da
dieses Fahrzeug nicht schwimmfähig ist, was folgern Sie daraus?“

89
    George war nicht an seinem Platz. Wir brauchten
dringend eine Bestätigung, dass die neuen Aufnahmen echt waren und vor allem möglichst
scharfe Bilder. Er konnte nicht weit sein, auf seinem Bildschirm lief ein
Fingerabdruckerkennungsprogramm. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner
Schulter. Als ich mich umdrehte, zog George einen seiner Stöpsel aus dem Ohr,
die Musik lief weiter, es hörte sich an wie Soul.
    „Und, was macht die Front?“, er schien sich
über meinen Besuch zu freuen.
    „Ist in Bewegung.“
    „Das Original schon gefunden?“
    „Nicht ganz.“
    Ich hielt ihm die DVDs entgegen. Er öffnete das
Laufwerk, Sekunden später erschien das erste Bild: „Miese Qualität.“
    „Vorwärts, weiter, weiter. Stopp.“
    Ich zeigte ihm den Mann und das Mädchen.
    „Kannst Du die deutlicher machen, für ein
Fahndungsfoto?“
    „Dauert aber.“
    „Wie wär’s mit einer Stunde. Ich bin um eins zurück.“
    „Halb zwei.“
    Ich brauchte die Fotos, bevor ich zum
Missbrauch ging. Mader war unterwegs. Auch Schneiderhannes hatte keine Zeit. Ein
ziemlich eingedrücktes Gehirn beanspruchte gerade seine volle Aufmerksamkeit.
Ich war allein. Also beschloss ich, weiter auf der CD, die Lily mir hinterlassen
hatte, zu lesen.

90
    15. August
    Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht,
einen riesigen Fehler.
    Aber, noch ein paar Tage, dann -
     
    Sie war wohl unterbrochen worden. Es folgten
noch einige leere Seiten, das war es dann. Kein Gruß, kein Hinweis, nichts.
    Ich nahm die CD aus dem Laufwerk meines
Uralt-Dienstcomputers und wollte sie gerade auf dem Schreibtisch zum Kreiseln
bringen, als die Tür scheppernd gegen die Wand flog. Mader hatte sie mit dem
Fuß aufgestoßen und hielt zwei Kaffeebecher in den Händen.
    „Heiß, nimm mal.“
    An ihrem kleinen Finger baumelte eine
Plastiktüte.
    „Und?“
    „Zuerst eine halbe Stunde in der
Geschäftsstelle. Der Herr Richter ist beschäftigt. Dann nach Charlottenburg und
Konversation mit einem sichtlich überforderten Filialleiter, der den Vorgang
zuerst mit der Zentrale besprechen wollte. Leider war der zuständige Justitiar gerade
unabkömmlich, aber bereit, schnellstmöglich zurückrufen. Wo ist eigentlich mein
Auto?“
    „Vor der Tür! Weiter.“
    „Schlüssel?“, sie streckte mir die geöffnete
Hand entgegen. Ich kramte in meiner Hose.
    „Danke. Das hier war alles, was in der
Stahlkiste lag.“
    Ein

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