Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
Vom Netzwerk:
doch Ahrendt lächelte
nur: „Das Schöne ist doch, dass wir hier lange Zeit wie eine große Familie zusammen
waren. Jeder weiß um die kleinen Geheimnisse des anderen und keiner kann sich
davonstehlen. Wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    Eine Feststellung, keine Frage. Friedhelm
Reutter war mit im Boot, weil unter unzähligen Einsätzen sein Kürzel stand und
auch ihr würde niemand abnehmen, sie habe sich naiv auf das Spiel der großen
Jungs eingelassen.
    „Sie sollten packen.“
    Van Broiken begann Schubfach für Schubfach
einfach in die bereitstehenden Kartons zu kippen, dann leerte sie die
Aktenschränke und pfiff leise vor sich hin, as time goes by.
    Sie hätte Starnhagen die versteckten Millionen gegönnt,
so lief das Spiel nun mal. Aber das Mädchen, nein.
    Waren es die Zöpfe, das blonde Haar? Morgen
würde sie sich einen Tag freinehmen und ihre Schwester besuchen. Für einen
Augenblick spürte sie wieder den kalten Wind, der durch die Scheune blies und
in der Ecke, zusammengekauert und zitternd das Mädchen, das sie einst so stolz
im Kinderwagen durchs Dorf geschoben hatte. Damals, als sie alle jeden Sommer
Ferien auf dem Landsitz im Holsteinischen machten. Sie spürte wieder die grobe
Hand, die sanft ihre Schulter packte und sie aus der Scheune schob. Sah, wie
ihre Mutter sie mit starrem Blick an sich drückte, bis der Schmerz unerträglich
wurde.
    Morgen würden sie im Garten der Klinik sitzen, auf
der Bank unter der alten Linde. Sie würde die Hand der Schwester streicheln,
ihr Gedichte von Rilke vorlesen, bis die Glocke zum Abendbrot rief. Manchmal
lächelte sie.

100
    Hanschke und Mader saßen reglos nebeneinander,
als hätte der Zufall sie in der U-Bahn zusammengeführt. Ich klopfte an den
Türrahmen. Hanschke schreckte auf: „Ah, Gallert, endlich.“, doch dann verfiel
er wieder in Apathie.
    Ich warf den ungeöffneten Umschlag auf den
Tisch: „Ihre letzte Botschaft. Wir sollten sie vielleicht gemeinsam lesen.
Öffnen! Vorlesen!“
    Gehorsam folgte Mader meinen Anweisungen,
öffnete vorsichtig den Umschlag und entnahm zwei eng beschriebene Seiten, die sie
sofort in Schutzhüllen gleiten ließ. Dann ein kurzes Räuspern: „Hiermit
versichere ich, Lily Gormann, geboren am 13. Februar 1978 in Berlin, wohnhaft
in Schneeberg/Erzgebirge, Rauensteiner Straße 15, in Kenntnis der Strafbarkeit
der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung Folgendes:
    Ich arbeite als Hostess mit eigener Firma.
Meine Kunden bestellen mich über die International Finance Ltd. mit Sitz in
Guernsey. Ich bin die alleinige Inhaberin dieser Firma.
    Zu meinen Kunden gehört Wladimir Tarnowski, ein
russischer Geschäftsmann, der mich in der Regel alle zwei Wochen ins Penthouse
des Hotels Four Palms bestellt. Am ersten Donnerstag des August waren wir ebenfalls
verabredet. Herr Tarnowski bat mich, noch eine weitere Frau zu organisieren. Über
einen Bekannten erhielt ich Kontakt zu Frau Susanne Berthold. Gegen 21 Uhr
betraten wir gemeinsam die Tiefgarage des Hotels und fuhren von dort mit dem
separaten Lift ins Penthouse. Herr Tarnowski war bereits anwesend. Er war nicht
allein. Als wir eintrafen, saß er mit einem Mann an der kleinen Bar und trank
Champagner. Der Mann stellte sich als Arthur vor.
    Das Penthouse verfügt über zwei Suiten.
    Tarnowski, Frau Berthold und ich zogen uns
nach ein paar Minuten ins Schlafzimmer der rechten Suite zurück. Kurz darauf
hörte ich zwei Männer, die sich vor unserem Zimmer unterhielten. Einer von
ihnen war Arthur.
    Wir wickelten unser „geschäftliches“ Arrangement
ab, bis Herr Tarnowski um eine Pause bat.
    Frau Berthold und ich gingen ins Bad, um uns
frisch zu machen. Frau Berthold setzte sich dort einen Schuss.
    Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Es klang
wie ein Schrei. Ich öffnete die Tür einen Spaltbreit. Die Verbindungstür
zwischen den Suiten stand offen.
    Ich sah Arthur. Er kniete nackt auf dem
Boden. Ihm gegenüber saß ein Mann. Er war angezogen, trug eine blau-schwarze
Baseballkappe, eine schmale Sonnenbrille und ein weißes T-Shirt. Zwischen Arthurs
Schenkeln sah ich einen schmalen Körper liegen. Der zweite Mann hielt die Arme
der Person fest. Mit der linken Hand zog Arthur den Kopf der Person nach oben
und steckte ihr seinen Penis in den Mund. Sie versuchte, sich zu wehren. Daraufhin
schlug Arthur sie mit der flachen Hand. Für einen Augenblick konnte ich ihr
Gesicht sehen, es war ein Mädchen, ein Kind noch mit blonden Zöpfen. Dann, ganz
plötzlich drehten die

Weitere Kostenlose Bücher