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Coltan

Coltan

Titel: Coltan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Andress
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entfliehen. Minutenlang saß er so da. Dann und wann bewegte er die
Hände leicht, als hätte er ein Anrecht auf eine selbst verabreichte Portion
Streicheln.
    Mader wartete.
    „Was ist auf den Videos?“
    Hanschke nahm seinen Stuhl und platzierte ihn
neben ihr. Sie öffnete das erste File. Der Donnerstag, an dem alles begann. Starnhagen
und Tarnowski mit dem Rücken zur Kamera. Sie nehmen den Lift zum Penthouse. Anschließend
kommen die beiden Frauen. Zuletzt der unbekannte Mann mit dem Mädchen. Auf dem
zweiten File nur noch Tarnowski und Lily Gormann, die im Abstand von zehn
Minuten den Fahrstuhl betreten. Vier Stunden später trieb sie im Kanal.
    Hanschke überlegte: „Habt ihr ein Flipchart?“
    „Irgendwo schon.“, Mader machte sich auf den
Weg und kam wenig später zurück.
    „Leider nur noch drei Blatt Papier, zentrales
Bestellsystem. Nachschub gibt es erst nächste Woche. Wir sparen!“
    Hanschke griff in seine Tasche und holte einen
Faserschreiber hervor: „Also, wir wissen jetzt, wer genau an welchen Tagen um
welche Zeit das Penthouse betreten hat. Das Kind werden wir wohl nicht mehr finden.“
    Mader griff nach dem Telefonhörer. Ein kurzes
Gespräch. Keiner der Kollegen hatte das Mädchen identifizieren können.
    „Kein Zuhälter. Kein Kind. Keine Anzeige.“
    Mader ließ die Sequenz weiterlaufen: „Tarnowski
verlässt das Hotel wieder. Keine Spur von Lily Gormann. Sicher ist, er hat sie
noch lebend gesehen. Laden wir ihn vor!“
    „Vorausgesetzt er käme, kann ich Ihnen schon jetzt
sagen, was er uns erzählen wird: Natürlich war er Stammkunde und natürlich war
er an jenem Tag mit ihr zusammen und sie haben es kräftig getrieben. Dann ist
sie gegangen.“
    „Hm.“
    Beide schwiegen. Mader trommelte mit den
Fingern auf der Schreibtischplatte: „Und wenn wir mit Starnhagen ein wenig pokern.
Wir schlagen ihm einen Deal vor. Wir lassen ihn laufen, wenn er uns den Mörder liefert?“
    Hanschkes Kopf begann zu kreiseln: „Und wenn er
ihn gar nicht kennt? Außerdem haben wir mit dem Mord nichts mehr zu tun. Für
uns geht es nur noch um Kindesmissbrauch. Schon vergessen?“

99
    Van Broiken hatte sich verspätet.
    Als sich gegen halb zehn die Glastür vor ihr
öffnete, herrschte reges Gedränge auf der sonst so ruhigen Etage. Möbelpacker
und Techniker standen sich im Weg, an den Wänden lange Reihen mit Umzugskartons,
teils leer, teils bereits verschlossen und versiegelt. Die eingebauten
Wandschränke weit offen.
    „Wir ziehen um.“ Reutter stand plötzlich hinter
ihr. „Operation abgeschlossen, mission accomplished! Was immer das bedeuten
mag.“
    Sie verstand sofort.
    „Ahrendt hat mich in aller Frühe angerufen,
alles auflösen. Die Akten gehen ins Depot. Hab versucht Dich zu erreichen, aber
dein Handy war aus.“
    Van Broiken griff in die Tasche und richtig, es
war immer noch abgeschaltet. Der Akku lag daneben.
    „Hat Ahrendt sonst noch was gesagt?“
    „Nein. Wollte wissen, wo Du steckst.“
    „Und wo ziehen wir hin?“
    „Bis auf Weiteres zurück ins Amt. Mehr weiß ich
auch nicht.“
    Sie ließ Reutter stehen und bahnte sich einen
Weg in ihr Büro. Techniker hatten bereits alle Leitungen gezogen, ihr
Schreibtisch und die Aktenschränke waren noch verschlossen. Sie starrte auf den
schwarzen Computerbildschirm.
    „Zu spät.“, Ahrendt lehnte betont lässig am
Türrahmen. „Nichts mehr zu machen, für niemanden. Aus, vorbei. Aber das wundert
Sie doch nicht wirklich, oder?“
    Er wirkte ungewohnt leutselig.
    „Ich verstehe nicht ganz?“
    „Wirklich nicht? Aber Frau van Broiken! Ich
habe einen Verdacht, den ich leider nicht beweisen kann. Die Techniker haben
die ganze Nacht gesucht. Das Ergebnis: Es wurden Dateien kopiert und
Protokolle. Schlimme Sache. Außerdem einige Videofiles, die wir gemeinsam gelöscht
haben. Sie erinnern sich?“
    Sie zwang sich, seinem Blick nicht auszuweichen:
„Ein Hacker?“
    Ahrendt lächelte: „Egal, die Festplatten werden
in den nächsten Stunden vernichtet, die Akten wandern als geheime
Verschlusssache ins Archiv, soweit es überhaupt welche gibt. Die Firma verschwindet
so geräuschlos, wie sie aufgetaucht ist. Das war es dann.“
    „Und was wird aus uns?“
    „Machen Sie sich Sorgen?“
    Van Broiken lehnte sich an die Fensterbank: „Nein,
warum auch. Ich kann ja wieder zurück zur Auswertung.“
    „Richtig, Sie waren ja nur ausgeliehen. So ist
das, wenn man sich was leiht. Man weiß nie, was man bekommt.“
    Sie wich seinem Blick nicht aus,

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