Columbus
ausschneiden und beliebig platzieren kann.
Aber genau das ist es, was Beatriz ihr Leben lang nicht gewollt hat: irgendeine zu sein.
Ich sehe das so:
Die Sippe der Bobadillas ist so weit verzweigt wie Ãste eines Baums. Und mit einiger Anstrengung kann man schlieÃlich herausbekommen, dass es in der Generation davor drei Brüder gab, deren einer der Vater jener Beatriz ist, die als Vertraute der Königin agiert. Ein anderer wieder hat einen Sohn namens Juan Fernandez und der muss ausgerechnet seine Tochter auch Beatriz nennen!
Es gibt also deren zwei. Die eine - unbestritten - ist die Marquesa de Moya. Die andere trägt den Beinamen »La Cazadora«, zu Deutsch, die Jägerin. Und ich denke: Das ist sie!
Warum sie die Jägerin heiÃt, werden wir noch sehen.
Beatriz la Cazadora ist also die Nichte der Marquesa. Sie ist ebenfalls am Hofe, ist ebenfalls Dame der Königin. Und sie ist zwanzig Jahre jünger als die andere.
Zu welcher Zeit sie in den Dienst der Königin getreten ist - zweifellos auf Vermittlung ihrer Tante -, wissen wir nicht. Jedenfalls taucht da eine junge Person auf, die an Schönheit und Esprit die Marquesa noch übertrifft, die nicht gewillt ist, sich von Autoritäten beeindrucken zu lassen, und die einen unbändigen Hunger auf Leben mitbringt. Von Konventionen scheint sie nicht viel zu halten. Und da sie selbst aus einer der besten Familien des Landes stammt und zudem in der einflussreichen anderen Beatriz einen guten Rückhalt hat, gibt sie sich bald unbekümmert den beiden Beschäftigungen hin, die sie am besten kann und die ihren Ruf an diesem Hof sehr bald ruinieren: Sie wetzt ihre spitze Zunge an allem und jedem - und sie jagt.
Aber was sie jagt, sind nicht etwa die wilden Tiere des Waldes und der Berge. Beatriz de Bobadilla (unsere, die Jüngere!) - so behaupten es die spärlichen Quellen - probiert ihre persönlichen Waffen, nämlich Schönheit und Redegewandtheit, an den Herren ihrer Umgebung aus. La Cazadora jagt Männer.
Am eher prüden Hof der Majestäten von Kastilien und Aragon ist eine derartige Freizügigkeit natürlich ein Stein des AnstoÃes. Wir wissen nicht, ob Beatriz es beim bloÃen Flirten gelassen hat oder ob der eine oder der andere Höfling auch in intimere Beziehungen zu ihr getreten ist. Aber in den Augen der schockierten Adelsgesellschaft kommt das wahrscheinlich auf das Gleiche heraus. In einer Zeit, in der die Initiative bei Werbung und Annäherung der Geschlechter traditionsgemäà ausschlieÃlich bei den Männern liegt, ist schon ein bisschen Kokettieren ausreichend, um eine Frau als leichtfertige Person abzustempeln.
Bei unserer »Jägerin« wird es allerdings in einem äuÃerst gewichtigen Fall »ernst« - einem Fall, der dazu geeignet ist, ihr den Neid, den Hass und die geheime gesellschaftliche Ãchtung des ganzen Hofs einzutragen: Beatriz de Bobadilla ist in jenen Achtzigerjahren die Geliebte König Ferdinands geworden. Ein Chronist drückt das vorsichtig so aus: »Beatriz de Bobadilla, Dame der Königin, auf höchste Weise schön, für die der König einiges an Neigung an den Tag legte...«
»Einiges an Neigung« reicht jedenfalls aus, Königin Isabella auÃerordentlich zu beunruhigen. Eigentlich ist sie ja Kummer gewöhnt. Der schöne Ferdinand war, wie wir gehört haben, weiblichen Reizen durchaus nicht abgeneigt, und immer wieder einmal muss Isabella eine ihrer Hofdamen ganz schnell entfernen, indem sie sie verheiratet - möglichst weit weg vom Hof.
La Cazadora loszuwerden, war aber offensichtlich nicht so einfach. Ob sich - jedenfalls über eine geraume Zeit - der König allen derartigen Plänen widersetzt hat, oder ob sie es war, die selbstbewusst darauf besteht zu bleiben, ist nicht auszumachen. Genauso wenig, wie die Frage zu beantworten ist, ob sie Ferdinand geliebt hat oder bloà ihre Macht über ihn ausspielt und sich im Glanz ihres Triumphs sonnt. Zumindest muss die Neigung nicht so groà gewesen sein, dass sie nicht durch eine andere zu ersetzen gewesen wäre: die zu dem ausländischen Seefahrer, der sich da neuerdings am Hof aufhält.
Columbus und die Cazadora: Sie wissen beide, dass sie ein gefährliches Spiel treiben.
Liebe in den Zeiten des Wartens
Natürlich müssen ihre Treffen heimlich stattfinden. Keine ganz einfache Sache bei einem Hof, der ständig unterwegs ist und meist in
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