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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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kleinen Keramiktopf auf
der Fensterbank des Schlafzimmers (achtzehn Pence), diversen Hosentaschen (elf Pence) und der untersten Schublade des Nachtschränkchens (Jackpot! Zwei Zwanzig-Pence-Stücke und noch etwas Kupfergeld). Von der Anstrengung schwer atmend, sortierte er mit zitternden Fingern das Geld in seiner Handfläche.
    1,22 Pfund.
    Das Gesamtvermögen von Lee Irvine, 35.
    Für zwei Pints im Bam, selbst zum Preis der Mittags-Happy-Hour, fehlten immer noch zwei Pfund. Als er feststellte, dass das Geld nicht reichte, überkam ihn ein schwindeliges Gefühl von Übelkeit.
    Er sprintete aus dem Wohnzimmer, die Treppen hoch, in das kleine Zimmer, das sich seine Söhne Delta und Styx teilten. Die Reise vom einen Ende in das am weitesten entfernte andere Ende ihres Sozialbauhauses dauerte sechzig Sekunden. Die meisten Leute hätten beim Betreten des Zimmers wohl angenommen, es wäre kürzlich Schauplatz einer Knastrevolte oder zumindest eines brutalen Einbruchs gewesen. Aber Lee blendete das Chaos einfach aus, als er durch einen Haufen von Videospielen stakste und seine Hand nach dem Regal neben dem Etagenbett ausstreckte.
    Styx’ Sparschwein war ein Plastikmodell von Darth Vader, der sein Laserschwert schwang und zu einem sprach, wenn man Geld einwarf. »Möge die Macht mit dir sein«, sagte Vader dann. Nachdem er den Gummistöpsel am Boden der Figur mit einem schmatzenden Geräusch gelöst hatte, schüttete Lee den Inhalt vorsichtig auf die Glasgow-Rangers-Bettwäsche und durchsiebte das streng riechende Häuflein Nickel- und Kupfermünzen mit den Fingern, in der verzweifelten Hoffnung, das Gewicht einer schweren Pfundmünze zu spüren.
    So viel Glück war ihm zwar nicht vergönnt, aber er hatte schnell vier Fünfzig-Pence-Stücke gefunden, die sich silbern
schimmernd von dem braunen Schmodder abhoben. Es folgten ein halbes Dutzend Zwanzig-Pence-Stücke und ein paar Zehner. Prima. Er schuldete Styx jetzt also vier Pfund. Oder war es etwas mehr? Irgendwann letzte Woche hatte er mal dringend Zigaretten gebraucht … Egal. Noch bevor der Junge überhaupt bemerken würde, dass etwas fehlte, hätte er es zurückgetan. Sogar noch etwas mehr. Als er die Spardose wieder aufs Regal stellte, löste er den im Fuß des Kunststoffgehäuses verborgenen Mechanismus aus.
    »Möge die Macht mit dir sein«, knurrte Vader den Mann an, der seinem Kind die Ersparnisse klaute.
    »Halt’s Maul, du dämlicher Arsch«, raunzte Lee zurück.
    Er eilte aus dem Zimmer und musterte sich auf dem Treppenabsatz kurz im Spiegel. Er trug Jeans, Turnschuhe und ein ausgeleiertes Armani-Sweatshirt. Sein Haar war kurz, sein Pony kräuselte sich in der Stirn zu einer Reihe gegelter Löckchen. Um den Hals trug er ein dünnes Goldkettchen, um das rechte Handgelenk eine klobige Uhr von Tag Heuer und am Ring- sowie am kleinen Finger der rechten Hand jeweils einen glänzenden Siegelring. Lee war groß, über eins achtzig, dünn und drahtig. Was er im Knast an Gewicht verloren hatte, legte er nie wieder zu. Er überprüfte seine Fingernägel. Der Dreck, den er von einem weiteren Vormittag sinnloser Buddelei im Wald mitgebracht hatte, war so gut wie verschwunden. Er korrigierte kurz seinen Pony und achtete dabei darauf, sich nicht selbst in die Augen zu sehen. Die Augen eines Mannes, der gerade einem sechsjährigen Jungen Geld gestohlen hatte. Dann ging er die Treppe hinunter, weil er hörte, dass die Haustür geöffnet wurde. Im Flur kamen ihm Lisa und Amazon entgegen.
    »Daddy! Ich hab ein Püppchen bei den Schaukeln gefunden!« Seine jüngste Tochter fuchtelte mit einer schmuddeligen, nackten Plastikpuppe herum.

    »Verdammte Scheiße!«, sagte Lee zu seiner Frau und ignorierte Amazon. »Was lässt du das dämliche Blag den Dreck von der Straße aufklauben?!«
    »Scheiße, ey, ich hab schon versucht, es ihr wegzunehmen, klar?«, erwiderte Lisa und strich sich das schmutzig blonde Haar aus dem Gesicht. Obwohl sie mit gerade mal dreißig Jahren schon drei Kinder zur Welt gebracht hatte, war sie immer noch eine gut aussehende Frau. Drei Kinder von Lee Irvine. »Sie hat sich die scheiß Augen aus dem Kopf geheult. Ich mach das Kackding ja gleich sauber.«
    »Nicht damit spielen, Süße«, sagte Lee und entriss Amazon die Puppe. Seine Kinder waren alle nach Flüssen benannt. Lisas Idee. Delta, ihr Ältester, und Amazon waren nach Flüssen benannt, von denen Lee zumindest schon mal gehört hatte. Der Delta lag in Amerika. Hatte was mit dem Mississippi zu tun.

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