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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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den Einkaufswagen packen sollte -, die gleiche Frage stellte: »Was hätte er getan ? «
    Was er nicht getan hätte, so dachte sie, wäre, sie im beschissenen Pepper Pot alleine sitzen zu lassen. Aber, rief sich Cathy ins Gedächtnis, ihr jüngerer Sohn hatte einen wichtigen Job. Büro. Management. Abitur. Hätte zur Uni gehen können. Hatte den Verstand seines Vaters. Und noch während sie das dachte, gerade als ihr toter Gatte in ihren Gedanken mit dem lebenden
Sohn zu einer Person verschmolz, kam er durch die Tür, kamen sie sozusagen beide durch die Tür; der Vater in Gestalt seines Jungen, der schon eine Entschuldigung auf den Lippen hatte, als sie sich erhob, um ihn zu begrüßen. In ihrem Gesicht erstrahlte dieses superglückliche Lächeln, welches Cathy sich nur für ganz besondere Anlässe aufhob.
    »Herzlichen Glückwunsch, mein Junge!«, begrüßte sie ihn, küsste ihn auf die Wange und drückte ihm ihr Gesicht in den Nacken, als sie ihn umarmte. Dabei kostete sie den Duft seines Haares mit derselben Leidenschaft aus wie zu der Zeit, als er noch klein gewesen war und nach dem Bad, frisch geschrubbt, auf ihrem Schoß saß, sie ihm aus Struppi an der See vorlas und sein klitzekleiner Mund blitzschnell all die widerspenstigen Vokale lernte, während sie gemeinsam die Strandabenteuer des niedlichen Hundes verfolgten. Vor dreißig Jahren. Für Cathy fühlte es sich an wie gestern Nachmittag.
    »Aye, dir auch, Mama.«
    Gary hatte das Licht der Welt am Morgen des zwanzigsten Geburtstags seiner Mutter erblickt. Als er jünger war, hatte er sich oft gefragt, was das wohl zu bedeuten haben mochte. Er hatte es schon lange aufgegeben, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, auch wenn Cathy immer noch überzeugt davon war, dieser glückliche Zufall sei ein Zeichen dafür, dass ihn ein großes und ganz besonderes Schicksal erwartete. Und bisher hatten ihr die Ereignisse Recht gegeben, so dachte sie. Für den Irvine-Clan repräsentierte Gary eindeutig einen Fortschritt: Er war das erste Mitglied der Familie, das sein Geld nicht unter freiem Himmel verdiente und sich dabei die Hände blutig schuftete. Er war der Erste, der in einem eigenen Haus wohnte, der Hypotheken abbezahlte, statt Miete zu zahlen, und der Erste, der nicht qualmte wie eine schwelende Torfsode.
    »’tschuldige die Verspätung, das Meeting hat ewig gedauert. Du siehst toll aus, Ma.«

    Cathy hatte nicht an Schminke gespart und trug eines ihrer besten Kleider. Ihr rotbraunes Haar, Opfer ihrer ständigen Experimente, hatte sie kürzlich mit gelblichen Strähnen versehen lassen. Das Endergebnis ließ sie aussehen, als hätte ihr etwas einen gewaltigen Schrecken eingejagt. »Und? Was hast du von Pauline zum Geburtstag gekriegt?« Wie immer, wenn sie den Namen von Garys Frau aussprach, durchlief Cathy ein besorgtes Zittern. Als würde die bloße Nennung ihres Namens ausreichen, Pauline leibhaftig herbeizubeschwören. Cathy fürchtete ihre Schwiegertochter. Fürchtete, dass sie Garys Familie – also sie und Lee – als unter ihrer Würde betrachten könnte. Unwürdig, eine Rolle in einem solchen Leben zu spielen, wie Pauline es sich erträumte.
    »Geschenkgutscheine für diesen neuen Golfladen oben an der Driving Range.«
    »Oh, sehr nett«, sagte Cathy und dachte: Gutscheine? Ist es ihr sogar zu viel, mal den Arsch hochzukriegen, um ihrem Mann ein richtiges Geschenk zu kaufen?
    Sie vertieften sich in die Speisekarten, und Cathy zog ihre übliche Show ab, indem sie jeden einzelnen Begriff mit ihrer Klingt-das-nicht-lecker-Stimme aussprach, wobei sie bestimmte Worte auf völlig unlogische Weise hervorhob (»mit Pilz -Sahne-Soße«), sämtliche Fremdwörter quälend in die Länge zog (»Paaaanezetta«) und hin und wieder willkürlich »Ooohs« und »Mmmms« einstreute. Die Klingt-das-nicht-lecker-Stimme fand ihre Entsprechung in Cathys Klingt-das-nicht-widerlich-Stimme, von der sie zum letzten Mal ausgiebig Gebrauch gemacht hatte, als Pauline sie damals in diesen Sushi-Schuppen in Glasgow geschleppt hatte. »Sa … saschi-mieh? Rohe Scheiben vom Lachs? Süßsauer eingelegter Ingwer? «, hatte Cathy ungläubig alles rezitiert, was sie auf der Karte fand, als würde sie in Kursivlettern sprechen. Das mit dem Sushi war von Anfang an eine Schnapsidee gewesen. Wie so viele Frauen ihrer Generation »vertrug«
auch Cathy keinen Fisch. Irgendwann, da war sich Gary sicher – vermutlich, wenn sie das Dessert auswählten -, würde ihm der Satz »da könnt ich sterben

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