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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Schlägerschaft und Schlägerblatt. Ein solcher Fehlschlag lässt den Ball in einem krassen Winkel nach rechts (bei einem Rechtshänder) abdriften. Shankings treten anfallartig auf, und sie treffen die Schwachen, die Müden, die Blöden und die Leichtsinnigen. Es ist wie beim Schluckauf: Haben einen die Anfälle erst einmal im Würgegriff, ist es für die Betroffenen unmöglich, etwas dagegen zu unternehmen. Ganz gleich, was man an seinem Schwung dann auch ändert, das Ergebnis bleibt immer das Gleiche: Man trifft den Ball mit dem beschissenen Hosel, und er schießt raketengleich schräg nach rechts.
    Ein Gerücht besagt, überall auf der Welt gäbe es Klapsmühlen voll von Männern – guten Männern, Männern mit Karrieren, Frauen und Familie -, die ein Shanking zugrunde gerichtet hat. Ihre grässlichen Schreie gellen durch die Nacht. Schwitzend winden
sie sich in ihren heißen Zwangsjacken, kämpfen mit ihren Fesseln und zerkratzen das kühle Gummi der Zellenwände mit ihren Zehennägeln. Ein erschreckend hoher Prozentsatz dieser armen Irren nimmt sich früher oder später das Leben: Dankbar umschließen ihre sabbernden Lippen das qualmende Abgasrohr oder den geölten Pistolenlauf, damit diese sie für immer auf die grünen Fairways des Himmels schicken. Dorthin, wo noch niemals ein Shanking geschlagen wurde.
    Gelegentlich hört man Leute sagen, der Unterschied zwischen einem Shanking und einem perfekten Schlag sei eine Sache von Millimetern. Was in etwa vergleichbar damit ist, einem Mann mit einem sieben Zentimeter langen Penis zu sagen, die Differenz zwischen ihm und King Dong würde weniger als dreißig Zentimeter betragen. Natürlich war sich Gary Irvine all dessen bewusst, als er nun weinend im Auto saß. Nur zu gut erinnerte er sich an den Shanking-Anfall, den sein Vater 1982 erlitten hatte.
    Eines schönen Sommerabends kehrte sein Vater vom Golfplatz zurück, stürmte ins Haus und zerrte dabei seine Golftasche hinter sich her wie ein Polizist, der einen heulenden Anarchisten zur Grünen Minna schleift. Er marschierte schnurstracks durch die Diele und geradewegs wieder zur Gartentür hinaus. Er holte eine Eisensäge, und während Gary, Lee und Cathy schockiert zusahen, sägte er jedem einzelnen Schläger den Kopf ab. Es waren exakt dreizehn Stück. Das dauerte. Als er nach Einbruch der Dunkelheit damit fertig war, grub er ein Loch, und die gesamte Familie sowie ein paar Nachbarn sahen zu, wie Garys Dad die enthaupteten Schläger hineinwarf und um das provisorische Grab herumsprang. Dann ging er in die Küche, wusch sich die Hände mit dem zähflüssigen Swarfega aus der schwarz-grünen Flasche, die er neben der Küchentüre aufbewahrte, und ging ins Bett.
    Zwei Wochen später kaufte er sich neue Schläger, und über den Zwischenfall verlor nie mehr jemand ein Wort.

    Valentine Stent – ein Tour-Pro der zwanziger Jahre und einer der angesehensten Theoretiker in der Frühzeit des Sports – hat den Golfschwung, diesen zweitschwersten Bewegungsablauf im Sport, einmal als »ein physikalisches Wunder« bezeichnet. Dabei wird so ziemlich jeder Muskel und jede Faser des menschlichen Körpers gleichzeitig beansprucht. Manche ziehen und dehnen sich dabei in entgegengesetzte Richtungen, nur um das metallene Schlagblatt – dessen Sweet Spot kleiner als ein Penny ist – mit ausreichend Kraft auf einen Ball treffen zu lassen, dessen Durchmesser kaum mehr als vier Zentimeter beträgt. Ziel der Übung ist es, diesen Ball mit Geschwindigkeiten von bis zu dreihundert Kilometern pro Stunde in Richtung eines Ziels zu katapultieren, welches nicht selten vierhundert Meter entfernt liegt. Es gibt ebenso viele unterschiedliche Golfschwünge wie es Golfer gibt, aber die Königsdisziplin, der Schlüssel, die absolute Priorität, ist, einen Schlag reproduzieren zu können: Wenn einem der gleiche Schwung immer wieder gelingt, wenn man es schafft, dass die Schlagfläche den Ball unabhängig von äußeren Einflüssen jedes Mal wieder auf die gleiche Weise trifft, gewinnt man Golfturniere.
    Garys Schwung war wahrhaftig ein »Wunder«. Ein Wunder der schlechten Technik, vergeudeten Energie und mangelnden körperlichen Konstitution. Dieses Wunder bestand aus vier separaten Abschnitten, angefangen beim Takeaway, dem Beginn des Rückschwungs, bei dem Gary den Schläger vom Ball wegbewegte. Dieser Vorgang lief langsam und vorsichtig ab. Und zwar derart langsam und vorsichtig, als hätte Gary Angst davor, eine auf der Schlagfläche

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